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Internationaler Währungsfond
Erster großer Auftritt der neuen IWF-Chefin

Mit der Bulgarin Kristalina Georgiewa wird der IWF erstmals von einer Frau aus einem Schwellenland geführt. Bei der Herbst-Tagung von Weltbank und IWF in Washington hat Georgiewa nun ihren ersten großen Auftritt. An Krisenerfahrung mangelt es ihr nicht - die Erwartungen an sie sind also hoch.

Von Eva Bahner | 17.10.2019
Kristalina Georgiewa, die bisherige Geschäftsführerin der Weltbank, bei einer Veranstaltung im Dezember 2018
Die neue IWF-Chefin Kristalina Georgiewa geht voller Entschlossenheit an ihre neue Aufgabe (imago/Mateusz Wlodarczyk)
Viel Zeit für die Einarbeitung hatte Kristalina Georgiewa nicht. Anfang Oktober hat die Bulgarin das Amt der geschäftsführenden IWF-Direktorin übernommen, heute schon wird die 66-Jährige Finanzminister, Zentralbank-Präsidenten und Banken-Chefs aus den 189 Mitgliedstaaten begrüßen.
Erster großer Auftritt
Die Herbst-Tagung von IWF und Weltbank ist ihr erster großer Auftritt als IWF-Chefin, aber nicht der erste auf internationaler Bühne. Als Geschäftsführerin der Weltbank, nur einen Steinwurf entfernt von der IWF-Zentrale in Washington, hat sie schon so manche Krise gemeistert. Dort genießt die Umweltökonomin einen ausgezeichneten Ruf, nicht zuletzt wegen ihrer Hartnäckigkeit und Geradlinigkeit. Internationale Erfahrung hat Georgiewa auch in Brüssel gesammelt, als EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe und Haushaltsfragen, zuletzt auch als Vize-Kommissionspräsidentin. 2016 kandidierte sie sogar für das Amt des UN-Generalsekretärs.
Selbstbewusst und voller Entschlossenheit
An Selbstbewusstsein und Entschlossenheit scheint es der energisch auftretenden Bulgarin mit dem Kurzhaarschnitt nicht zu mangeln, die, wie sie bei ihrer Antrittsrede in der IWF-Zentrale sagte, ja selbst erfahren habe, aufgewachsen hinter dem Eisernen Vorhang, was schlechte Politik bedeutet.
"Und ich habe auch erfahren, wie ein Wandel hin zu einer guten Politik ein Land wieder zu mehr Wohlstand verhelfen kann."
Die Universität in Sofia, an der Georgiewa Wirtschaftswissenschaften studierte, hieß damals noch Karl-Marx-Universität, in ihrer Doktorarbeit befasste sich Georgiewa mit Umweltschutz und Wirtschaftswachstum in den USA. Es folgten Stationen an renommierten Universitäten, darunter Yale und Harvard. Der Kampf gegen den Klimawandel war schon bei der Weltbank eines ihrer Herzensanliegen. Heute versprach die neue IWF-Chefin, Klimarisiken auch in der Expertise ihrer Fachabteilungen stärker zu verankern. Nach Christine Lagarde, die im November Präsidentin der Europäischen Zentralbank wird, steht also nun wieder eine gelernte Ökonomin an der Spitze der mächtigen Finanzinstitution, die vielleicht schon bald wieder gefragt sein wird, als Finanzfeuerwehr. Denn die Konjunkturaussichten sind düster. Zum vierten Mal in diesem Jahr hat der IWF seine globale Wachstumsprognose nach unten korrigiert, sollte der Handelsstreit zwischen den USA und China nicht gelöst werden, werde das viel Wachstum kosten, prophezeit der IWF.
Ob jemand aus der Schweiz da sei, fragte Georgiewa letzte Woche ins Publikum in der IWF-Zentrale. Um dann vorauszusagen, dass der Handelsstreit die gesamte Wirtschaftsleistung der Schweiz kosten wird bis Ende 2020.
In der Weltbank bewies Georgiewa bereits einen guten Draht zur US-Regierung, als es um die Kapitalausstattung ging. Der könnte ihr auch als IWF-Chefin noch nützlich werden, denn die von Trump angezettelte Protektionismus gilt als größtes Risiko für die Weltwirtschaft.
Der Start war holprig
Georgiewa war nicht die unangefochtene Favoritin aller Europäer und der IWF musste eigens die Altersgrenze für den IWF-Direktorenposten herunter setzen.
In Washington halten viele Tagungsteilnehmer Georgiewa allerdings für eine gute Wahl, nicht nur weil der IWF erstmals von einer Frau aus einem Schwellenland geführt wird. Diese sind bei der Besetzung des Chefpostens bislang immer leer ausgegangen. Nach einem ungeschriebenen Gesetz darf Europa diesen besetzten, während die Weltbank ein Amerikaner führen darf.