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Olympische Spiele Peking
Vesper: "Ich würde heute lieber in München sitzen"

Wer die Vergabe der Olympischen Spiele nach China kritisiere - was er gut verstehe - müsse alternative Angebote machen, sagte Ex-DOSB-Vorstandschef Michael Vesper im Dlf. Man könne aber die Spiele wegen ihres universalen Charakters nicht nur in der westlichen Hemisphäre stattfinden lassen.

Michael Vesper im Gespräch mit Matthias Friebe | 04.02.2022
Michael Vesper bei der Sportkonferenz "Echt Sport?!" 2012 beim Deutschlandfunk
Michael Vesper bei der Sportkonferenz "Echt Sport?!" 2012 beim Deutschlandfunk (Deutschlandradio - Hendrik Maaßen)
Michael Vesper war von 2006 bis 2017 Generaldirektor und späterer Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes. Als Chef de Mission begleitete er das deutsche Olympiateam nach London, Sotschi und Rio de Janeiro.
Dass das IOC die Olympischen Spiele nach Peking vergeben hat, könne man kritisch sehen, sagte Vesper im Deutschlandfunk - aber es habe neben Almaty in Kasachstan keine andere Alternative auf dem Zettel gestanden. "Wer also diese Vergabe kritisiert, muss auch alternative Angebote machen, denn sonst ist er nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems."

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Die deutsche Bewerbung war an dem Votum der Bürger gescheitert. "Ich würde heute auch lieber in München sitzen. Sie wissen ja, dass wir mit einem Angebot im Jahr 2013 begonnen haben, die Olympischen Winterspiele 22 in München durchzuführen. Leider hat ja eine knappe Bevölkerungsmehrheit dann mit etwa 52 zu 48 Prozent sich dagegen entschieden, sodass dieses Angebot nicht auf dem Zettel stand.

"Eine Sportorganisation kann nicht die Politik der chinesischen Regierung ändern"

Vesper, der beim DOSB mit dem heutigen IOC-Präsidenten Thomas Bach zusammenarbeitete und heute Berater des IOC ist, verteidigte den Kurs des Internationalen Olympischen Komitees, sich nicht in politische Themen der Austragsungsorte einzumischen.
"Das IOC kann nur sicherstellen, dass die Spiele unter den Regeln des IOC stattfinden, dass dort keine Diskriminierung stattfindet, dass es freien Zugang gibt, dass jeder auch seine Meinung sagen darf während der Spiele. Aber es wäre doch völlig überzogen zu glauben, dass ausgerechnet eine Sportorganisationen die Politik der chinesischen Regierung ändern könnte, was der Politik bisher nicht gelungen ist."

Interne Gespräche wegen Peng Shuai

IOC-Präsident Bach könne nicht in politische Auseinandersetzungen aktiv eingreifen. "Der Sport kann sich nicht in politischen Auseinandersetzungen auf die eine oder andere Seite stellen. Nehmen Sie das Beispiel Israel und Palästina. Da kann das IOC politisch in einem solchen Konflikt nur neutral agieren."
Im Fall der chinesischen Tennissspielerin Peng Shuai habe Bach interne Gespräche in Peking geführt. "Thomas Bach hat mit ihr gesprochen und wird auch während der Spiele mit ihr sprechen und hat entsprechend Druck, auch intern ausgeübt. Da können Sie sicher sein."

Spiele nicht nur in westlicher Hemisphäre

Die Missstände und die Frage nach den Menschenrechten würden in einem Land gerade durch die Spiele viel stärker in den Fokus der Weltöffentlichkeit geraten, erklärte Vesper. "Und das wäre ganz sicherlich sonst nicht in diesem Ausmaß der Fall."
Die Spiele würden ihre Universalität verlieren, wenn man Ansprüche an die Auswahl von Städten oder Regionen für Olympische Spiele ansetze und dann vielleicht zu dem Schluss kommt, Olympische Spiele nur noch in der westlichen Hemisphäre stattfinden zu lassen.