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Islam und Gewalt
"Koran ist kein Handbuch für Krieg oder Frieden"

Mit den Aussagen im Koran ließe sich sowohl ein pazifistisches als auch ein militantes Vorgehen begründen, sagte die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer im DLF. Es sei an den Menschen, diese Vielstimmigkeit zu begreifen und zu akzeptieren. In der öffentlichen Debatte komme es darauf an, den Islam nicht ständig als Gewaltreligion zu bezeichnen.

Gudrun Krämer im Gespräch mit Kathrin Hondl |
    Die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer.
    Die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer (imago/TriAss)
    Der Koran sei genauso vielfältig, ambivalent und widersprüchlich wie die Bibel, sagte die Islamwissenschaftlerin im DLF-Interview. Das Problem liege darin, dass der Koran nach islamischem Verständnis Gottes Wort ist. Das führe dazu, dass die Interpretation oder gar Relativierung von Aussagen schnell auf Widerstand stoße. Dabei müssten sich Muslime und andere Menschen mit der Tatsache auseinandersetzen, dass der Koran kein Handbuch für Krieg oder Frieden sei, so Krämer.
    "Das macht Muslime ganz verrückt"
    Da sich an der Widersprüchlichkeit des Textes nichts ändern lasse, sei eine kritische Auseinandersetzung mit dem Koran wichtig. Die Islamwissenschaftlerin kritisierte in diesem Zusammenhang, dass in der öffentlichen Debatte vom Islam als Gewaltreligion gesprochen werde. "Das macht Muslime ganz verrückt", so Krämer. Die Gleichsetzung des Islams mit Gewalt habe sich bereits zu einem gewissen Grad festgesetzt.
    Der aktuelle islamistische Terror schockiere die Mehrheit der Muslime. Aber gerade unter jungen Männern und Frauen gebe es auch "erschreckend viel Zustimmung", so Krämer. Der Eindruck bei ihnen sei, dass sich hier Muslime wehrten und damit rechtmäßig handelten. Gegen diese falsche Vorstellung müsse man mit politischen und sozialen Mitteln vorgehen, sagte Krämer weiter.
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