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Israel
Wachsende Sorge vor einem Krieg im Norden

Über Monate verwies die israelische Armee auf die Gefahr eines neuen Gaza-Krieges. Nun rückt die nördliche Grenze stärker in den Fokus: Sehr offen wird über eine mögliche Auseinandersetzung mit Syrien und der libanesischen Hisbollah gesprochen, elf Jahre nach dem letzten Libanon-Krieg.

Von Torsten Teichmann | 21.03.2017
    Israelischer Soldat auf den Golanhöhen
    Israelischer Soldat auf den Golanhöhen (AHMAD GHARABLI / AFP)
    Über Monate verwies die israelische Armee den auf die Gefahr eines neuen Gaza-Krieges. Nun rückt die nördliche Grenze stärker in den Fokus: Sehr offen wird über eine mögliche Auseinandersetzung mit Syrien und der libanesischen Hisbollah- gesprochen, elf Jahre nach dem letzten Libanon-Krieg
    In Israel wächst die Sorge vor einem neuen Krieg. Aber anders als noch vor Monaten bestimmt die Lage im Norden, an der Grenze zum Libanon und an der Waffenstillstandslinie zu Syrien jetzt die Schlagzeilen. Bei einer Militär-Zeremonie am Wochenende erklärte Israels Generalstabschef Gadi Eisenkot seine Sicht auf die aktuelle Situation:
    An der Front im Norden ändert sich die Realität zusehends. Und wir handeln. Wir stärken die Abschreckung und wollen einen Krieg abwenden. Doch wenn es erforderlich ist, werden wir mit Stärke und Bestimmtheit vorgehen.
    Was Israels Militär verunsichert, sind die Folgen des jüngsten Angriffs auf Ziele in Syrien. Auf die Luftschläge am vergangenen Freitag folgte eine Reaktion der syrischen Armee. Das ist neu: Die Truppen von Präsident Assad setzen zum ersten Mal Luftabwehrraketen gegen israelische Kampfflugzeuge ein. Ein Geschoss konnte von Israel erst über Jordanien abgefangen werden.
    Putin bestellte israelischen Botschafter ein
    Der syrische UN-Botschafter Bashar Al-Jafari bestätigt, dass die syrische Armee mit der Unterstützung Russlands handelt. Russland hatte im Herbst 2015 in den Bürgerkrieg eingegriffen – an der Seite von Präsident Assad:
    "Der israelische Angriff und die deutliche syrische Reaktion haben das Spiel verändert. Russlands Präsident Putin ließ den israelischen Botschafter am Tag darauf einbestellen. Sie haben ihm erklärt, dass diese Angriffe aufhören müssen"
    Der russische Vizeaußenminister Michail Bogdanow erklärte, man habe mit Israel einen Gesprächskanal um Missverständnisse zu vermeiden. Russland wünsche, dass dieser Kanal effektiver funktioniert. Kurz gesagt, Russland war vergangene Woche nicht über den israelischen Angriff informiert.
    Dazu bestehe auch gar kein Grund, sagte der frühere nationale Sicherheitsberater Yaakov Amidror am Montag im israelischen Radio: "Wir haben von den Russen noch nie eine Einwilligung eingeholt und die Russen haben uns noch nie aufgefordert, die Angriffe einzustellen. Wir bitten nicht um Erlaubnis, wir stimmen uns nicht mit ihnen ab und sie stimmen sich auch nicht mit uns ab.
    Es gebe keinen Grund etwas zu ändern, erklärt auch Minister und Ex-Militär Yoav Galant:
    Es ist die Aufgabe der israelischen Armee, den Staat Israel zu schützen, in dem die Armee Waffen zerstört, die zur Aufrüstung der Hisbollah-Organisation versandt werden.
    Eigentlich kein Interesse an einem weiteren Krieg
    Diese Angriffe auf vermutete Waffenlager und Waffentransporte auf syrischem Gebiet erscheinen aber einer weiteren Konfliktpartei zunehmend inakzeptabel, schreibt der israelische Journalist Ben Caspit. Gemeint ist die Hisbollah-Organisation selbst, die im Süden des Libanon Berichten zufolge bereits tausende Raketen mit Ziel Israel stationiert haben soll.
    Objektiv betrachtet hat keine der Konfliktparteien ein politisches Interesse an einer weiteren kriegerischen Auseinandersetzung: Die Kräfte der Hisbollah sind im syrischem Bürgerkrieg gebunden. Israels Regierungschef hat seiner Bevölkerung Ruhe versprochen. Aber wie Generalstabschef Eisenkot sagte, die Realität ändert sich zusehends im Norden. Und Eisenkot droht: Israel werde im Fall einer Konfrontation mit Hisbollah auch Einrichtungen des libanesischen Staates angreifen und nicht nur die der libanesischen Miliz.