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IWF
Dunkle Wolken am Konjunkturhimmel

Die schwache Konjunktur in weiten Teilen der Euro-Zone färbt zunehmend ab auf Deutschland. Und auch die Weltwirtschaft verliert weiter an Fahrt, sagt der Internationale Währungsfonds in seiner gerade veröffentlichten Wachstumsprognose.

Von Jule Reimer | 07.10.2014
    Ein Schiff beladen mit Containern
    Deutschland als Exportnation ist laut IWF besonders gefährdet. (deutschlandradio.de / Daniela Kurz)
    Ein halber Prozentpunkt weniger als noch im April geschätzt – der IWF hat seine Wachstumsprognose für Deutschland für das laufende Jahr auf 1,4 Prozent herunterkorrigiert und mancher Wirtschaftsexperte hält auch das noch für zu optimistisch. USA, Kanada, insbesondere Großbritannien: Mit Ausnahme der Südeuropäer werden sich die meisten Industriestaaten 2014 besser schlagen als Deutschland.
    Der IWF sieht wachsende geopolitische Risiken – u. a. beim Stichwort Russland, Ukraine, Energieversorgung - aber ihn treibt auch stark die Sorge, dass die Erholung in der Eurozone schlicht abgewürgt werde, weil die Nachfrage immer schwächer wird und die niedrige Inflationsrate in eine Deflation umkippt, warnt IWF-Chefökonom Olivier Blanchard.
    "Das ist nicht das Grundszenario, mit dem wir arbeiten, auch glauben wir, dass die Grunddaten sich langsam verbessern. Aber wenn diese Situation in der Eurozone eintritt, dann wird das für die gesamte Weltwirtschaft ein Problem."
    Die Staatsverschuldung ist in der Eurozone weiter hoch. Aber die Regierungen haben die Jahreshaushalte wieder halbwegs im Griff. Doch obwohl die Zinsen fast die Nullgrenze erreicht haben, kommt die Wirtschaft nicht in die Gänge, gleichzeitig sinken EU-weit die Inflationsraten unter 0,5 Prozent, wo sich doch selbst die Zentralbanken immer um die zwei Prozent wünschen. Eine unheilige Kombination aus schwachem Angebot und schwacher Nachfrage, meint der Schweizer Ökonom Thomas Helbling, der beim IWF für die Weltwirtschaftsprognosen zuständig ist:
    "Das heißt, das zukünftige Produktivitätswachstum leidet darunter und dann gibt es auch auf der Arbeitsmarktseite das Problem der Ausgrenzung, denn nach langen Jahren der Arbeitslosigkeit verliert man Fähigkeiten und Erfahrungen, sodass auch so das Arbeitsangebot darunter leidet."
    Deutschland als Exportnation sei besonders gefährdet. Und, so sagt der IWF voraus, dass 2015 Spanien mit einem geschätzten Wachstum von 1,7 Prozent Deutschland überholen wird.
    Investition in Infrastruktur empfohlen
    Angesichts drohender Stagnation empfiehlt der IWF den Regierungen, in Straßen, Stromnetze, Schienen und Wasserversorgung zu investieren - auch um den Preis weiterer Verschuldung. Denn eine Beteiligung Privater beim Infrastrukturausbau sieht der Fonds anders als früher mittlerweile skeptischer. Deutschland könne mehr ausgeben als geplant, ohne die Vorgaben der Schuldenbremse zu verletzen. Anders als irgendwelche Anreizprogramme zum Autokauf kurbele der Infrastrukturausbau kurzfristig die Nachfrage an und wirke aber auch langfristig produktivitätssteigernd. Und, so Thomas Helbling:
    "Es würde sicher der Eurozone helfen. Wie viel es den Handelspartnern in der Eurozone helfen würde, ist unklar. Vielleicht sind die Effekte nicht so groß. Auf der anderen Seite: Stärkeres Wachstum in Deutschland würde sicher helfen, sogar etwas höhere Preise, etwas höhere Inflation würde auch den Anpassungsprozess in der Eurozone erleichtern, höhere Löhne auch, ja."
    Das von der Europäischen Zentralbank angekündigte Ankaufprogramm von Kreditverbriefungen - sogenannter Asset Backed Securities (ABS) - befürwortet IWF-Chefvolkswirt Blanchard übrigens, weil es kleinen und mittleren Unternehmen helfen könne:
    "Ein funktionierender, gesunder ABS-Markt wäre nützlich. Die EZB könnte hier mit ihrem Programm in der Tat helfen."