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"Je mehr Qualitätsinhalt es gibt, desto besser"

Deutschlandradio-Intendant Ernst Elitz hat den Kompromiss der Rundfunkkommission der Länder zum Internetangebot der öffentlich-rechtlichen Sender als vernünftig bezeichnet. Strittig sei lediglich der erlaubte Unterhaltungsanteil von ARD und ZDF im Netz. Deutschlandradio sei davon jedoch nicht betroffen.

Moderation: Sandra Schulz | 13.06.2008
    Sandra Schulz: Was dürfen die Öffentlich-Rechtlichen im Internet? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Auseinandersetzung um den - dieser technische Begriff muss einmal fallen - 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Kritik kommt vor allem von den deutschen Verlegern und Privatsendern. Vor einer über Zwangsgebühren finanzierten Konkurrenz warnte jüngst die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Aber auch in Brüssel beobachtete man die Verhandlungen mit Wachsamkeit, denn die EU-Kommission hatte engere Grenzen mehrfach angemahnt. Gestern hat sich die Rundfunkkommission der Länder auf einen Entwurf geeinigt. Thema jetzt in den "Informationen am Morgen". Bei mir im Studio begrüße ich den Intendanten des Deutschlandradio Professor Ernst Elitz. Guten Morgen!

    Ernst Elitz: Guten Morgen Frau Schulz!

    Schulz: Herr Elitz, die Privatsender nannten den Kompromiss gestern ein positives Signal. Gilt das auch aus der Perspektive der Öffentlich-Rechtlichen?

    Elitz: Ich glaube, dass die Politik dieses Scharmützel, das da in den letzten Wochen und in den letzten Monaten stattgefunden hat, durch einen ganz vernünftigen und ruhigen Kompromiss gelöst hat. Noch nicht alle Probleme sind eindeutig geklärt. Es geht immer noch darum, wie viel Unterhaltung der Öffentlich-Rechtlichen, also ARD und ZDF - Deutschlandradio hat dieses Genre ja nicht - wie lange im Internet stehen darf. Aber ich glaube auch dort werden sich Lösungen finden.

    Schulz: Dreh- und Angelpunkt des Entwurfs ist ja der Begriff der sendungsbezogenen Inhalte. Danach darf das Angebot der Öffentlich-Rechtlichen keine elektronische Presse enthalten. Was ist damit gemeint?

    Elitz: Wenn das Internet elektronische Presse enthält, dann ist es schon mal kein gutes Internetangebot, denn das Internet zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass es im Auftritt weder Presse, noch Radio, noch Fernsehen ist. Je besser ein Internetangebot ist, je origineller für die Nutzer, desto weniger ähnelt es einem der traditionellen Medien. Insoweit ist das ein schöner Schreibtischbegriff, aber man wird sehen, wie man damit fertig wird.

    Schulz: Es ist ja die finanzielle Obergrenze gefallen. Mit welcher Konsequenz?

    Elitz: Ja. Das heißt, dass die Rundfunkanstalten selber entscheiden können, wie viele der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel über die Gebühr sie im Internet investieren. Das heißt dann müssen sie in anderen Bereichen sparen, in der Verwaltung und in anderen Programm-Genres. Das obliegt jetzt den einzelnen Anstalten, wofür sie ihr Geld ausgeben, und das ist ausgesprochen vernünftig, dass es nicht eine kameralistische Vorgabe gibt, wie viel Geld man dafür ausgeben darf und wie viel nicht.

    Schulz: Ist mit dem Entwurf der Streit mit Brüssel denn auch aus der Welt?

    Elitz: Das wird jetzt noch mal nach Brüssel gehen, denn entschieden wird ja letztendlich in Brüssel. Das hat die deutsche Politik wie die Politiken der anderen europäischen Länder ja festgelegt. Im Grunde sind die deutschen Politiker die Referenten der Brüsseler Kommissarinnen und die gehen wie wir wissen etwas schulmeisterlich mit dem um, was dann aus Deutschland kommt, aber ich glaube man wird sich auch dort verständigen. Die Kompromissangebote, die Alternativangebote, die die deutsche Politik gemacht hat, werden glaube ich auch in Brüssel Zustimmung finden.

    Schulz: Die Auseinandersetzung ist ja auch mit Blick auf die Zeitungen ziemlich temperamentvoll geführt worden. Wie schätzen Sie das ein?

    Elitz: Ja. Es ist auch viel Stellvertreterkrieg dabei. Die Ursache ist ja eigentlich sehr positiv. Es gibt in keinem Land in Europa eine so wunderbare vorbildliche Fülle an Zeitungen, an Meinungsvielfalt und an elektronischen Medien und wenn dort sich ein neues Medium entwickelt wie das Internet, dann gibt es neue Verteilungskämpfe und dann wird die Situation etwas ungemütlich für die Zeitungen allemal. Wenn ein kleiner Regionalzeitungsverleger oder Lokalzeitungsverleger heute Werbung von den Gewerbetreibenden haben will, dann sagen die mein Gott, ich bin mit meinem Anzeigenangebot schon auf der Seite der IHK oder auf der Seite der Stadt und da kriege ich den Anzeigenraum umsonst. Warum soll ich jetzt bei euch noch etwas zahlen. Also von allen Seiten drückt es die Verleger und insoweit ist es verständlich, dass man da jetzt auch drängelt, dass ARD und ZDF nicht zu üppig dort vertreten sind. Aber letztendlich sollte es ja aus staatsbürgerlicher Sicht darum gehen: Je mehr Qualitätsinhalt es gibt, desto besser ist es für die Entscheidungsmöglichkeiten des einzelnen. Deshalb glaube ich, dass in Zukunft, wenn dieser Rauch der Auseinandersetzung sich verzogen hat, Zeitungen und öffentlich-rechtlicher Rundfunk zusammenrücken können und dass dann manche Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch die Online-Portale der Zeitungen zum Nutzen der Staatsbürger, der Nutzer bereichern können.

    Schulz: Ernst Elitz, Intendant des Deutschlandradio, heute Morgen bei den "Informationen am Morgen". Danke!