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Jemen
Kein Ende der Cholera-Epidemie in Sicht

Im Jemen grassiert die Cholera: Ärzte berichten, dass sie in ihren überfüllten Kliniken alle drei bis vier Minuten neu erkrankte Patienten aufnehmen. Die Ursachen für diese katastrophale Epidemie liegen auf der Hand: Seit Jahren herrscht Bürgerkrieg, viele Regionen sind abgeschnitten und ohne Trinkwasserversorgung.

Von Jürgen Stryjak |
    Ein jemenitischer Mann mit Verdacht auf Cholera wird am 24.05.2017 in einem Krankenhaus in Sanaa (Jemen) behandelt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldet aus dem Jemen, dass mittlerweile mehr als 30.000 Verdachtsfälle registriert worden seien.
    Cholera Epidemie in Jemen (dpa / picture alliance / Hani Al-Ansi)
    Im Sab’een-Krankenhaus in Sanaa stehen überall Betten. Nicht nur in Schlafräumen auch auf den Fluren muss jeder verfügbare Platz genutzt werden, um Cholera-Patienten unterzubringen. Meistens sind es alte Menschen und Kinder, auffallend viele Babys. Etliche der Patienten tragen Atemmasken und erhalten Infusionslösungen.
    "Wir arbeiten hier rund um die Uhr", sagt der Kinderarzt Ismail al-Mansouri. "Alle drei, vier Minuten kommt ein neuer Cholera-Erkrankter zu uns. Wir haben nicht genügend Medikamente."
    Die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtet, dass seit Ende April bereits mehr als 1.400 Menschen an der Infektionskrankheit gestorben sind, unter ihnen circa 350 Kinder. Die Organisation befürchtet, dass sich bis August 300.000 Menschen infiziert haben könnten.
    Die Ursachen für diese katastrophale Epidemie liegen auf der Hand. Seit Jahren herrscht ein Bürgerkrieg in dem Land. Seit 2015 tobt er noch brutaler und verheerender. Seitdem fliegt ein von Saudi-Arabien geführtes Bündnis Luftangriffe gegen Stellungen der sogenannten Houthi-Rebellen im Jemen.
    Überfüllte Flüchtlingslager mit Abfällen und Fäkalien
    Cholera trete besonders in Kriegsgebieten auf, erklärt Aref al-Da’ari, der stellvertetende Leiter vom Kuwait University Hospital in Sanaa, aber auch überall dort, wo Gebiete aufgrund von Blockaden schlecht erreichbar seien. Viele der Binnenflüchtlinge würden in überfüllten Zeltlagern leben, wo sich eine große Menge von Abfällen und Fäkalien ansammelte.
    Am schlimmsten sind jene Regionen betroffen, die von den Houthi-Rebellen kontrolliert werden. Saudi-Arabien hat eine Seeblockade verhängt, um Waffenlieferungen zu verhindern. Aber auch in den Gebieten der international anerkannten Regierung des Jemen erkranken Menschen. Inzwischen seien 20 der 22 Provinzen des Landes betroffen, sagt Ilan Abdel Haq vom Gesundheitsamt in Taezz:
    "Allein in der Provinz Ibb gibt es 19.000 Fälle, 200 Menschen starben. Überall mangelt es an sauberem Trinkwasser. Organisationen schätzen, dass über 14 Millionen Jemeniten keines haben."
    Zahl der Neuansteckungen leicht rückläufig
    UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, bringt Medikamente und Sanitärprodukte mit Flugzeugen in den Jemen. Bislang wurden insgesamt 36 Tonnen Cholera-Hilfsgüter geliefert, unter anderem nach Sanaa.
    "Die gute Nachricht ist", sagt Ahmed Zouiten von der WHO, "dass die Zahl der neuen Ansteckungsfälle ein wenig zurückgeht. Wir haben den Höhepunkt leider noch nicht erreicht, aber wir spüren eine leichten Rückgang der Verdachtsfälle."
    Es gibt also keinen Grund zur Entwarnung.