Dienstagmittag in Jerusalem. Hunderte Muslime knien in langen Reihen mitten auf einer Straße vor der Altstadt und beten. Neben den Gläubigen haben sich israelische Grenzpolizisten aufgereiht. Auf der Straße ist es heiß und staubig. Die Gläubigen haben diesen Ort selbst gewählt. Normalerweise beten sie in der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg. Aber seit Anfang der Woche weigern sie sich, dieses Areal überhaupt zu betreten.
"Ich habe zum ersten Mal vor über 30 Jahren in der Al-Aksa-Moschee gebetet", sagt ein älterer Palästinenser. "Diese Moschee ist mein Zuhause. Ich würde alles für diesen Ort tun. Aber ich weigere mich, durch diese Metalldetektoren zu gehen."
Muslime fühlen sich erniedrigt
Der Tempelberg - auf arabisch Al-Haram Asch Scharif - hat sowohl für Juden als auch für Muslime eine enorme Bedeutung. Auf ihm standen einst die jüdischen Tempel, heute befinden sich hier die Al-Aksa Moschee und der Felsendom. Seit 50 Jahren kontrolliert Israel die Altstadt von Jerusalem und damit auch den Tempelberg. Die Verwaltung des Tempelberges obliegt jedoch einer islamischen Stiftung aus Jordanien. Scheich Omar Kiswani leitet die Al-Aksa-Moschee.
Er sagt: "Bisher gab es eine Vereinbarung: Unsere islamische Stiftung ist der Souverän dieser heiligen Stätten. Israel respektiert das aber nicht mehr. Wir können nicht zulassen, dass die Menschen durch diese Sicherheitsschranken gehen und erniedrigt werden."
Metalldetektoren mit symbolischem Charakter
Nach Ansicht der Palästinenser und der Vereinten Nationen hält Israel den Ostteil von Jerusalem besetzt. Rund um die Al-Aksa-Moschee gewährte das Land den Palästinensern und der jordanischen Stiftung aber bisher relativ viel Freiheit. Für viele Palästinenser sind die Metalldetektoren daher zu einem Symbol geworden: dass die Besatzung nun auch ihre heiligste Stätte bedroht.
"Schauen Sie sich doch um", sagt der Leiter der Al-Aksa-Moschee. "Hier ist alles voll von israelischen Soldaten. Das hier ist aber keine Militärbasis, sondern eine Moschee. Wir können das nicht akzeptieren."
Die Palästinenser befürchten, dass die Israelis die bisher strikten Regeln für jüdische Besucher aufweichen. Diese sehen vor, dass Juden auf dem Tempelberg nicht beten dürfen. Parlamentsabgeordneten ist der Besuch ganz untersagt.
Reaktion auf getötete israelische Polizisten
Micky Rosenfeld, der Sprecher der israelischen Polizei, betont: An diesem Status Quo werde sich nichts ändern.
"Alle unsere aktuellen Sicherheitsmaßnahmen sollen verhindern, dass es einen weiteren Angriff gibt", erklärt er. "Wir dürfen nicht vergessen: Am Freitag wurden zwei israelische Polizisten von Terroristen erschossen. Die Waffen wurden auf dem Tempelberg versteckt. Und auf genau diese Bedrohung müssen wir reagieren."
Das Ziel sei weiterhin, den Muslimen den Zugang zu ihren heiligen Stätten zu gewähren. Der Polizeisprecher erwähnt auch jenen Zugang, über den Nicht-Muslime den Tempelberg betreten: Dort gibt es bereits seit Jahren Metalldetektoren.
"Tag des Zorns"
Die Palästinenser akzeptieren diese Argumente jedoch nicht. Anfang der Woche kam es in Jerusalem zu Ausschreitungen, bei denen Dutzende Palästinenser verletzt wurden. Für heute hat die Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Machmud Abbas zu einem "Tag des Zorns" aufgerufen. Am Mittag sollen sich alle Palästinenser in den Zentren ihrer Städte und Dörfer versammeln.
Zu Ausschreitungen könnte es auch am Freitag kommen. Dann werden über 10.000 Muslime zum Gebet in Jerusalem erwartet. "Falls die Metalldetektoren nicht entfernt werden, dann wird die Stadt förmlich explodieren", zitiert die "Jerusalem Post" einen Palästinenser in Ostjerusalem. Bisher ist keine Seite bereit einzulenken.
"Die Metalldetektoren werden so lange dableiben, wie es für die Sicherheit notwendig ist", sagt der israelische Polizeisprecher. "Das können Tage sein, Wochen oder auch Monate."