66 Jahre alt ist Professor John Briscoe, doch er wirkt jünger. Man merkt ihm an, dass er nicht nur ein im Elfenbeinturm sitzender Theoretiker ist, sondern ein Mann mit viel praktischer Erfahrung, der jetzt zu den beliebtesten Professoren der amerikanischen Eliteuniversität Harvard gehört und dort Tag für Tag mit jungen Menschen in Kontakt steht.
Der Preis, der ihm nun verliehen wird, der Stockholm Water Prize, ist der renommierteste, der in seinem Arbeitsfeld vergeben wird. Briscoe wird ausgezeichnet für seine Arbeit über globales und lokales Wassermanagement - wegweisend sei diese Arbeit, heißt es vom Stockholmer Internationalen Wasser Institut SIWI, das den Preis vergibt. Briscoe selber sagt dazu im Gespräch mit SIWI:
"Es fällt mir schwer zu sagen, welche meiner beruflichen Errungenschaft am Wichtigsten war. Mir kommt es so vor, als wäre jede einzelne eine Art Baustein für das Ganze gewesen."
... und tatsächlich hat der gebürtige Südafrikaner Briscoe eine lange, abwechslungsreiche Karriere vorzuweisen - die ihn von winzigen Dörfern in der Dritten Welt in die Welt der Hochdiplomatie geführt hat und weiter in exklusivste Bildungsinstitutionen.
"Ich hatte das große Glück, in den Siebzigerjahren in einem Dorf in Bangladesch leben zu dürfen, und dort von Menschen lernen zu können, die unter schwierigsten Bedingungen leben. Dann habe ich in den 90ern für die Regierung von Mosambik gearbeitet, und dann am anderen Ende der Extreme: Ich habe lange Jahre für die Weltbank gearbeitet und deren Wasserstrategie ausgearbeitet, worauf ich sehr stolz bin, und jetzt bin ich Professor in Harvard, was natürlich ein enormes Privileg ist."
... womit sich aber wirklich die Frage stellt, wofür genau er denn nun den Stockholmer Wasser-Preis erhält. Jens Berggren sollte es wissen, der beim SIWI zuständig ist für den Preis. Frühere Preisträger sind oft für ganz konkrete Ideen und Produkte ausgezeichnet worden - für die Entwicklung einfacher Geräte zum Händewaschen zum Beispiel. Bei Briscoe ist das anders, sagt Berggren:
"Ich würde sagen, er bekommt den Preis für seine Karriere als Ganzes. Er war ja fast überall und hat in so vielen Bereichen gearbeitet, sein Wissen umfasst fast jeden Aspekt der Beziehung zwischen Mensch und Wasser."
"Eine Anerkennung für eine ganze Gruppe von Menschen"
Briscoe selber sagt, er habe schon sehr früh in seinem Leben angefangen, über Wasser nachzudenken - schon während seiner Kindheit in Südafrika nämlich. Einer der Gründe dafür: der alltägliche Umgang mit Wasser:
"Wir sind aufgewachsen mit einem ganz klaren Gefühl für: Dreh den Wasserhahn zu! Verschwende kein Wasser, Wasser ist teuer, und schwierig zu beschaffen, und glaube nicht, dass Wasser immer automatisch da sein wird. Das ist mir als Kind regelrecht eingeimpft worden, und ich weiß, dass mich das beeinflusst hat."
Sehr überrascht und sehr geehrt habe er sich gefühlt, als er von seiner Ehrung erfahren habe, sagt John Briscoe. Vielen sei er zu Dank verpflichtet, seiner Familien, Kollegen, Förderern - und Menschen, die ähnlich wie er mehr wollen als das nur rein akademische Leben:
"Dieser Preis für mich ist eine Anerkennung für eine ganze Gruppe von Menschen, die zum Thema "Wasser" arbeiten - und dabei mit einem Fuß in der Welt der Praktiker stehen, und mit dem anderen in der Welt der Denker und Politiker. Der Preis ist also eine Anerkennung für viele Freunde, Kollegen und Mentoren in diesem Feld."
Und es gibt wahrlich genug zu tun "in diesem Feld" - also im Feld des Wassermanagements. Immer wieder hört man in den Denkfabriken dieser Welt, der nächste große Menschheitskonflikt werde sich am Streit über den Zugang zu Trinkwasser entzünden. Ist das - der Zugang zu Trinkwasser - dann also das große zentrale Wasserproblem? Nein, sagt John Briscoe - denn so etwas wie DAS Wasserproblem gebe es nämlich gar nicht. Es gebe viele verschiedene Probleme, die es anzugehen gelte.
"Wasser ist ganz oft ein sehr lokales Thema. Zum Beispiel: Ich lebe jetzt in Boston. Und hier in Massachusetts gibt es kein Wasserproblem. Gleichzeitig aber haben wir in Kalifornien eine extreme Dürre. Also sehr große Unterschiede innerhalb eines Landes. Deshalb muss man sich jede einzelne Wassersituation ganz genau anschauen, mit ihrem natürlichen, politischen und historischen Hintergrund. Und die sind alle unterschiedlich."