„Mach det Ding aus“ – ein rauer, aggressiver und einschüchternder Ruf, der mit Wucht sein Ziel treffen will. Soll heißen: Pack das Mikrofon wieder ein, mach das Aufnahmegerät aus. Und schleich dich.
Wenn man in Brandenburg als Reporter allein unterwegs ist, kann es auch passieren, dass einem versucht wird, das Mikrofon aus der Hand zu schlagen. Auf Kundgebungen wird man auch schon mal umringt, eingezingelt. Nur weil man nachfragt, nachhakt, in den Fragen hartnäckig bleibt.
Einschüchterungsversuche gegenüber Journalisten
Um es gleich zu sagen: Das sind letztlich alles erfolglose Einschüchterungsversuche. Aber es macht auch deutlich, der Ton und der Umgang zwischen einem Teil der Öffentlichkeit hat sich deutlich verschärft, wenn man erkennbar als Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unterwegs ist.
Deren Vorwurf: Die Berichterstattung wäre subjektiv und einseitig. Objektivität, schallt es, sei ein Fremdwort. Schnell wird über Korrespondenten geschimpft, die in den Osten einfliegen – etwa zu Landtagswahlen – sich ein Bild machen würden, ohne Ahnung zu haben. Wie zur Bestätigung der eigenen These wird als Beleg die rbb-Krise herangezogen.
Sie wissen schon: 2022 geriet der Rundfunk Berlin-Brandenburg in eine tiefe Krise, wegen der Verschwendung von Rundfunkbeiträgen. Dabei ging es um Massagesessel, Selbstbedienung, ein geheimes Bonus-System - eben um Missstände bei der Verwendung finanzieller Mittel des Senders. Und das hat das ganze System – auch alle anderen öffentlich-rechtlichen Sender - in Misskredit gebracht.
Die rbb-Krise hat den Ton verschärft
Im Brandenburger Landtag wurde auf Antrag der AfD ein Untersuchungsausschuss installiert. Bei der Zeugenvernehmung wurde da immer wieder versucht, aus dem Versagen von Führungskräften eine journalistische Krise zu konstruieren, die es nie war. Der Ton war harsch und bisweilen verstörend. Man hatte den Eindruck, der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt saß auf der Anklagebank.
Es ging um einen schnellen populistischen Punktgewinn bei den Menschen, die sowieso mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wenig bis nichts anfangen können. Ihn am liebsten weghaben wollen.
Und das hat funktioniert. Der Umgang gegenüber Journalisten in der Öffentlichkeit hat sich seit der rbb-Krise noch mal verschärft. Weshalb man immer öfter zu hören bekommt: „Mainstreammedien“, „Lügenpresse“, „Schundfunk“. Harte Vorwürfe, mit denen man gelernt hat umzugehen. Aber nicht, wenn die Situation bedrohlich wird, weil immer die Möglichkeit besteht, dass Aggressionen in Tätlichkeiten umschlagen.
Weshalb ich als Korrespondent des Deutschlandradios in diffizilen Situationen immer schaue: wo ist der Ausweg, wo kann ich hin, falls die Situation eskaliert? Die psychische Anspannung ist in diesen Momenten immens. Aber klar ist auch: Das Einschüchterungspotenzial wirkt nicht, mein Aufnahmegerät werde ich nicht ausmachen, mein Mikrofon nicht auf stumm stellen. Aber es macht das Arbeiten komplizierter. Auch weil man als alleinreisender Journalist überlegt, wo man hingeht, und wie man auf die Leute zugeht.
Drohen mit dem Anwalt
Doch es gibt auch andere Stellen, die einschüchtern, versuchen, die Berichterstattung zu erschweren. Sie machen es – wie es lange Vertreter der Hohenzollern versucht haben – mit juristischer Hilfe. Sie lassen für sich Anwälte arbeiten, um kritische Berichterstattung zu verhindern. Ein Beispiel, das andere animiert, ähnlich zu agieren. Derzeit bekommen viele Brandenburger Medienvertreter – auch wir – Post von einem streitlustigen Bürgermeister, der sich durch die Berichterstattung ins falsche Licht gerückt sieht.
Der Vorwurf: Man würde bewusst Fakten und Tatsachen verdrehen, falsch darstellen. Dabei würde ein Telefonat oft ausreichen, um Fehler – die sich natürlich einschleichen können – zu korrigieren. Doch um Augenhöhe geht es nicht, und sie ist auch nicht gewollt. Es geht um die Holzhammer-Methode, um Berichterstattung zu erschweren. Der Effekt: Man überlegt, ob man das nächste Mal nochmal berichtet.
Eine freie Gesellschaft braucht freie Medien
Vergessen wird an der Stelle, dass in einer funktionierenden freien Gesellschaft, in einer liberalen Demokratie eine lebendige, unabhängige und kritische Medienlandschaft notwendig ist. Neben Tageszeitungen oder dem privaten Radio- und TV-Markt braucht es dringend einen starken öffentlich-rechtlicher Rundfunk.
Regionale Informationswüsten schwächen das Gemeinwohl, die Demokratie. Da reicht ein Blick in die USA. Also – das ist das Versprechen: „ich mach det Ding nicht aus“. Auch, wenn es manchem nicht gefällt.
Und einschüchtern lasse ich mich schon lange nicht. Eins noch zum Schluss: Klar, wir müssen vielfältiger werden – auch beim Deutschlandfunk. Korrespondenten müssen auch aus dem Osten kommen, im Osten sozialisiert sein: um in Brandenburg auf Augenhöhe zu berichten. Um zu wissen, was die Transformationserfahrungen mit den Menschen zwischen Senftenberg und Wittstock gemacht haben. Es gibt Marginalisierungserfahrungen der Ostdeutschen, die man formulieren muss. Kommt es nicht vor: dann nicht pöbeln, sondern schreiben. Wir haben immer ein offenes Ohr.