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Lage in der Ostukraine
Trotz Falschinformationen den Überblick behalten

Die Lage in der Ostukraine ist unübersichtlich - für die Öffentlichkeit wie für Journalisten. Diese arbeiten unter erhöhtem Risiko und müssen Falschinformationen von Tatsachen unterscheiden. Wie man trotzdem den Überblick behält.

Gesine Dornblüth im Gespräch mit Mirjam Kid / Text: Anh Tran |
Ukrainischer Soldat in Mariupol im Gegenlicht
Berichten von der ostukrainischen Grenze wird für Journalisten immer schwieriger. (picture alliance / Associated Press / Andriy Dubchak)
Seit Beginn des Jahres spitzt sich die Lage an der ostukrainischen Grenze immer weiter zu. Mindestens 130.000 Soldaten hat Russland an der Grenze zur Ukraine positioniert. Das Center For Strategic & International Studies geht sogar von deutlich mehr, nämlich 190.000 Streitkräften, aus.

"Massive Desinformationskampagne aus Russland"

"Wir haben schon in den letzten Tagen eine massive Desinformationskampagne aus Russland erlebt", sagt die Journalistin und ehemalige Russland-Korrespondentin Gesine Dornblüth im Deutschlandfunk. Dadurch wird die Lage vor Ort immer unübersichtlicher. Es kursieren so viele Falschinformationen, dass seriöse Medien kaum noch hinterherkommen, Meldungen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Porträt von Dr. Gesine Dornblüth, Journalistin und ehemalige Russlandkorrespondentin für das Deutschlandradio.
Gesine Dornblüth: "Wir haben schon in den letzten Tage eine massive Desinformationskampagne aus Russland erlebt." (Deutschlandradio)
So haben Analysen von Zeit Online und dem Recherchenetzwerk Bellingcat Unstimmigkeiten zwischen Entstehungs- und Veröffentlichungsdatum von Videos prorussischer Separatisten festgestellt. Weitere Plattformen in englischer Sprache, die über Desinformationen aufklären rund um den Russland-Ukraine-Konflikt, gibt es von der Europäischen Union und dem Watchblog Texty.org.ua.
Die New York Times hat Satellitenbilder ausgewertet, die eine Mobilisierung auf russischer Seite in Richtung ukrainischer Grenze dokumentieren.

Omnipräsenz von Schüssen und Gewalt

Porträt von Arndt Ginzel, freier Journalist
Arndt Ginzel geriet während Recherchen in der Ostukraine in die Schusslinie (picture alliance / dpa / Sebastian Willnow)
Für Journalisten vor Ort wird die Recherche indes immer schwieriger. Schießereien und bewaffnete Auseinandersetzungen entlang der Kontaktlinien seien omnipräsent, sagte Investigativjournalist Arndt Ginzel am Montag in @mediasres. Während eines Interviews in der Nähe von Mariupol sind Ginzel und sein Team in die Schusslinie geraten. „Der Beschuss kam aus der Richtung, in der die sogenannten Separatisten liegen“, erklärt Ginzel im Deutschlandfunk.
Schüsse auf Journalisten: Berichten aus der Ukraine - Interview mit Arndt Ginzel

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Unklar sei, ob das Medienteam Ziel des Angriffs war oder nur zufällig in die Schusslinie geriet. Informationen könnten vor Ort nur schwer verifiziert werden, so Ginzel.

DJV fordert neue Regeln für Kriegsberichterstattung

Der Deutsche Journalisten-Verband regt an, den Pressekodex, um das Thema Kriegsberichterstattung zu erweitern. DJV-Vorsitzender Frank Überall sagte laut einer Pressemitteilung: "Wenn nur eine von zwei Konfliktparteien die Quelle von Informationen ist, müssen die Leserinnen und Leser das erfahren." Der Presserat sieht dazu allerdings gerade keinen Handlungsbedarf.

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Unabhängige Informationen vor Ort

Um sich über die Lage vor Ort zu informieren, setzen Journalistinnen und Journalisten auf unabhängige, freie Medien, wie die The Moscow Times und Meduza in Russland oder The Kyiv Independent aus der Ukraine. Die OSZE informiert täglich in einem Bericht über die Lage in der Ukraine. Hintergrundwissen über die Ukraine und den Konflikt an der Grenze zu Russland liefert beispielsweise die Plattform Ukraine verstehen, ein Projekt des parteiübergreifenden Zentrums Liberale Moderne.
Ausländische Agenturjournalisten würden häufig russische Agenturmeldungen übernehmen, die staatlich oder zumindest staatsnah agieren, erklärt Journalistin Gesine Dornblüth. Deswegen sei es besonders wichtig Korrespondentinnen vor Ort zu haben, die Informationen unabhängig überprüfen können.

Lange Wartelisten für Akkreditierung sind größtes Problem

Seit 2015 berichtet Arndt Ginzel immer wieder aus der Ostukraine. Seiner Beobachtung nach hat sich seitdem die Lage deutlich verschärft. Er rät davon ab, ohne Insider-Wissen als Journalist das Hotel zu verlassen.
Das größte Problem für ausländische Journalisten vor Ort seien lange Wartelisten für Akkreditierungen von der Armee. Diese ermöglichen Journalisten, Checkpoints zu passieren und Militärtransporter zu filmen. Drei Wochen mussten Ginzel und sein Team auf eine Armee-Akkreditierung warten. Ohne eine Akkreditierung sei die Arbeit für Journalisten erheblich behindert,  so der Journalist.