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Mögliche Auslieferung von Julian Assange
"Drohung an Medienschaffende weltweit"

Seit Jahren wollen die USA Wikileaks-Gründer Julian Assange wegen Spionage vor Gericht bringen. Derzeit läuft ein Auslieferungsverfahren in Großbritannien. Doch Reporter ohne Grenzen und andere große Journalistenorganisationen fordern nun: Die neue Bundesregierung soll sich für Assange einsetzen.

Von Sören Brinkmann | 31.01.2022
Ein Plakat auf einem Fahrzeug in London mit der Forderung Julian Assange freizulassen.
Julian Assange ist weiterhin in Großbritannien in Haft. (imago images / Loredana Sangiuliano)
Frei bewegen kann sich Julian Assange schon lange nicht mehr: Viele Jahre saß er in der Botschaft Ecuadors in London fest. Dort wurde ihm im April 2019 das Asyl entzogen, so dass Assange von der britischen Polizei festgenommen wurde. Seitdem sitzt er in Haft und könnte an die USA ausgeliefert werden.
Seit Langem kritisieren verschiedene Initiativen und Aktivisten den Umgang mit Julian Assange – und erneut fordern nun auch Journalistenverbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam mit der Organisation Reporter ohne Grenzen die Freilassung.

Forderung an Bundeskanzler Scholz

„Die einzige Hoffnung auf eine Freilassung in absehbarer Zeit ist, dass die USA das Verfahren einstellen“, sagte der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen in Deutschland, Christian Mihr.
Er fordert deshalb von Bundeskanzler Scholz, beim anstehenden USA-Besuch darauf zu dringen, dass die Anklage gegen Assange fallengelassen wird: „Ich appelliere an Bundeskanzler Olaf Scholz, dass Sie auch an dieser Stelle für Pressefreiheit eintreten – auch beim für Sie unbeliebten Fall, auch wenn man damit eine befreundete Nation wie die USA möglicherweise verärgert.“
Monique Hofmann, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union, sagte: "Sollte Assange an die USA ausgeliefert und dort verurteilt werden, wäre das eine unmissverständliche Drohung an Medienschaffende weltweit. Und aus meiner Sicht stehen jetzt alle Menschen, die sich selbst als Demokratinnen und Demokraten sehen und die sich glaubwürdig für Menschenrechte, Demokratie und rechtstaatliche Prinzipien stark machen wollen, in der Verantwortung, sich bedingungslos mit Julian Assange zu solidarisieren."

Weiter Unklarheit über Assanges Zukunft

Erst vor wenigen Tagen ging die gerichtliche Auseinandersetzung um die Zukunft von Julian Assange in eine neue Runde. Das Oberste Gericht in Großbritannien hat ein Berufungsverfahren gegen seine Auslieferung in die USA zugelassen. Dort drohen dem Wikileaks-Gründer bis zu 175 Jahre Haft wegen des Vorwurfs der Spionage. In England bleibt Assange in der Zwischenzeit im Gefängnis.
Sieben Jahre lang hatte er zuvor in der ecuadorianischen Botschaft in London gelebt, um einer Auslieferung an Schweden zu entgehen, wo ihm sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde. Diese Anschuldigungen wurden inzwischen fallen gelassen.

"Symbolfigur für die Pressefreiheit"

Julian Assange sei zu einer Symbolfigur für die Pressefreiheit geworden, hieß es von den Initiatoren. Doch deren Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, sind gering. Es bleibt bei Appellen und Forderungen an die Politik.
Ob so aber eine breite Öffentlichkeit erreicht werden kann, ist fraglich – und auch, ob es gelingt, das Thema Assange in die Internationale Politik zu bringen im Sinne der Journalistenorganisationen. Entschieden wird am Ende vor dem Britischen „High Court“ und im britischen Innenministerium.