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JuLi-Vorsitzende Schröder
"Wir halten Frauenquoten für den falschen Weg"

Frauen sollten nicht auf ihr Geschlecht reduziert werden, sagte die JuLi-Vorsitzende Ria Schröder vor dem FDP-Parteitag im Dlf. Daher halte sie auch nicht viel von Frauenquoten. Die FDP müsse bei der Vergabe von Ämtern mehr Transparenz schaffen. Zu oft würden Kontakte abends an der Theke geknüpft.

Ria Schröder im Gespräch mit Peter Sawicki | 12.05.2018
    02.05.2018, Hamburg: Ria Schröder (FDP), Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, sitzt in den Räumen eines Coworking-Büros.
    Ria Schröder: "Wir haben einen neuen Vorstand gewählt, der wesentlich weiblicher ist als alle Vorstände vorher und sehen das auch als ein positives Zeichen in die FDP hinein." (picture-alliance / dpa / Christian Charisius)
    Peter Sawicki: Vier Jahre war die FDP raus aus dem Bundestag. Seit September ist sie wieder dabei, doch statt zu regieren, was möglich gewesen wäre, ist die Partei in der Opposition. Und dort ist, wenn man den Umfragen glauben möchte, der Schwung abhanden gekommen. Auf dem Parteitag heute und morgen will die FDP wieder inhaltliche Akzente setzen. Unter anderem diskutiert die Partei wieder verstärkt über ihre Frauenpolitik, nach innen und nach außen. All das möchten wir jetzt vertiefen. Am Telefon ist Ria Schröder, sie ist die Vorsitzende der Nachwuchsorganisation der FDP, der Jungen Liberalen. Schönen guten Morgen, Frau Schröder!
    Ria Schröder: Guten Morgen, Herr Sawicki!
    Sawicki: Warum ist die FDP unsexy?
    Schröder: Unsexy finde ich gar nicht. Ich muss sagen, ich fand die FDP vor 2013 unsexy. Aber heute, muss ich sagen, ist das eine Partei, die modern auftritt, die auf die richtigen Themen setzt, die sich nicht in allen Fragen einig ist, aber ich glaube, das, was sich geändert hat, auch in dem Erneuerungsprozess, der in der außerparlamentarischen Opposition stattgefunden hat, das kann sich sehen lassen. Das muss jetzt nur beibehalten und auch umgesetzt werden.
    Sawicki: Ja, aber die Zahlen sprechen eine relativ deutliche Sprache, zumindest aus Sicht von Frauen jetzt: 22 Prozent der Mitglieder der FDP nur sind Frauen, es gibt deutlich mehr männliche Wähler und auch nach innen sozusagen gibt es da klare Zahlen: 15 von 16 Landeschefs sind männlich. Warum ist das so?
    Schröder: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Das ist was, was auch wir Jungen Liberalen nicht akzeptieren wollen. Wir haben gerade auch einen neuen Vorstand gewählt, der wesentlich weiblicher ist als alle Vorstände vorher und sehen das auch als ein positives Zeichen in die FDP hinein. Und wir wollen, das, was wir jetzt in den letzten Jahren gemacht haben, nämlich beispielsweise Formate, die ganz gezielt sich auf Frauen ausgerichtet haben, aber auch Mitgliederkampagnen, was wir jetzt noch vorhaben, die sich ganz gezielt auch mit den Themen beschäftigen, die Frauen ansprechen. Das wollen wir auch in der FDP einfordern, und da denke ich …
    Sawicki: Was meinen Sie da konkret, was haben Sie da für konkrete Ideen?
    Schröder: Also ich denke zum Beispiel um die Debatte um den Paragrafen 219a, das wäre eine gute und wichtige Möglichkeit gewesen, bei einer Frage, die Frauen ganz direkt an ihrer Selbstbestimmung trifft, nämlich der Frage, bekomme ich informierte Informationen über den Abbruch von Schwangerschaften. Da hätte ich mir gewünscht eine klare Haltung der FDP, die sagt, ja, wir trauen Frauen zu, diese Entscheidung selbstbestimmt zu treffen. Und ich glaube, solche Haltungen zu entwickeln, das spricht auch Frauen an.
    Sawicki: Und wie sieht es innerhalb der Partei aus? Wie wollen Sie oder was würden Sie vorschlagen, wie Frauen besser gefördert werden sollten?
    Schröder: Gefördert, das klingt immer so, als könnten von Frauen noch nicht alleine. Die Frauen, die wir haben, die sind auch häufig auch sehr engagiert. Deswegen ist es schon eine zweiseitige Sache. Wir müssen …
    "Kontakte werden häufig an der Theke geknüpft"
    Sawicki: Aber warum sind es so wenige, die in Spitzenpositionen sind?
    Schröder: Man muss definitiv was ändern. Es hat einerseits was zu tun mit der Transparenz bei Ämtern, welche Anforderungen gibt es da überhaupt, und welche Qualifikationen muss man mitbringen. Das wird viel zu selten gefragt. Welche Qualifikation braucht man. Häufiger kommt es darauf an, wen kennt man, und die Kontakte dafür, die werden häufig auch noch geknüpft am Abend des Parteitags an der Theke. Und das ist eben ein Ort, wo dann auch junge Mitglieder häufig nicht dabei sind oder auch Eltern, die sich um ihre Kinder kümmern müssen, oder eben häufig auch die Frau, die dann zu Hause ist, viel zu oft noch.
    Das sind so Sachen, die kann man, glaube ich, ganz gut anpacken, Transparenz schaffen. Das sind Formate, das fängt auf der Kreisverbandsebene an, im Ortsverband, wie lade ich überhaupt ein, wo treffen wir uns, welche Themen sprechen wir an, machen wir ein interessantes Angebot oder nicht. Das betrifft natürlich alle, aber insbesondere Frauen, und das ist auch die Frage, wie gehen wir mit Belästigung innerhalb der Partei um. Ich glaube, …
    Sawicki: Ist das noch ein Problem in ihrer Partei?
    Schröder: Das ist, glaube ich, in der ganzen Gesellschaft ein Problem, und wir müssen auch so ehrlich sein, dass das auch bei uns passiert, und wir müssen da ganz offen mit umgehen, ist meine Ansicht, und denjenigen, die da betroffen werden, eine ganz klare Hand reichen. Und denjenigen, die solche Dinge tun, denen muss man auch ganz klar sagen, wo ihr Platz ist, nämlich dann eben zu Hause auf dem Sofa und nicht beispielsweise bei der Party beim Parteitag. Wer sich nicht benehmen kann, der muss eben zu Hause bleiben.
    Frauen sollen nicht auf ihr Geschlecht reduziert werden
    Sawicki: Nun diskutiert die Partei ja auch durchaus über Quoten, auch interne Parteiquoten, und insgesamt Quoten für Frauen in der Wirtschaft beispielsweise, und da gibt es ja durchaus unterschiedliche Meinungen. Also Marie Strack-Zimmermann, die stellvertretende Bundesvorsitzende, sagt offen, dass sie da hin- und hergerissen ist, dass man das durchaus mal ausprobieren könnte, so war die Tendenz im Interview mit der "FAZ" neulich. Wie stehen Sie dazu?
    Schröder: Ich kann die Haltung nachvollziehen. Ich glaube, da gibt es auch also unterschiedliche Ansichten auch innerhalb der Partei, den JuLis und auch ich habe mich da klar positioniert. Wir halten Frauenquoten für den falschen Weg, wir wollen nicht, dass Frauen auf ihr Geschlecht reduziert werden und dass ihnen ein bestimmter Platz von 20, 30, 40 Prozent zugewiesen wird. Auch das wäre uns noch zu wenig. Eigentlich möchte ich, dass auf allen Plätzen möglichst Frauen und Männer kandidieren und wir den innerparteilichen Wettbewerb auch als eine Chance begreifen.
    Ich sage mal, die Maßnahmen, die ich eben genannt habe, die sind natürlich kleinteiliger, die zeigen auch nicht sofort Ergebnisse, die sind aber im Endeffekt nachhaltiger. Und ich glaube, das muss man umsetzen und da auch ehrlich sein und die wirklich beherzt anpacken und nicht eben sagen, diese Debatte ist ja hoffentlich morgen wieder vorbei, und danach machen wir alles so wie vorher.
    Sawicki: Ein anderes Thema, über das ja aktuell debattiert wird, was für Frauen ja auch wichtig ist, ist das Stichwort Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit, ein neues Gesetz ist da ja jetzt auf den Weg gebracht worden von der Großen Koalition. Und Katja Suding, aus Ihrer Partei ausgerechnet, hat dazu mal gesagt, dass das Ganze eine bürokratische Zwangsjacke für Unternehmen sei. Machen Sie immer noch Politik an Frauen vorbei?
    Schröder: Ich glaube, es kommt natürlich darauf an, wie man Themen auch adressiert. Ich glaube, man kann letztendlich jede Position vertreten, aber es kommt eben häufig auch darauf an, wie man kommuniziert, ob man auch die unterschiedlichen Interessen, die vielleicht dahinterstehen …
    Sawicki: War das keine glückliche Kommunikation, kann man das so sagen?
    Schröder: Ich sage mal so, man muss natürlich sehen, dass das für viele Frauen eine besondere Situation ist und dass es natürlich auch einen Anreiz geben muss in gewisser Weise, auch an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Man darf aber auch nicht außen vorlassen, dass die Kehrseite dessen natürlich ist, dass man zum Beispiel befristete Plätze schafft, nämlich die, wo eben dann eine Frau, die in ihre Elternzeit geht, eine Lücke hinterlässt. Da wird jemand dann auch befristet nur eingestellt, und das sind, glaube ich, die Fragen, die müssen wir ausmachen, was wollen wir da eigentlich in der Gesellschaft, und wie wollen wir eben auch den Interessen der Frauen Rechnung tragen, auch mit einem Kind wieder in den Beruf zurückzukehren. Das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Frage, die muss man klären und dafür Antworten finden.
    "Alle Themen sind Frauenthemen"
    Sawicki: Reicht das als Thema Ihrer Meinung nach, vielleicht noch ganz kurz zum Schluss, um die FDP aus den Umfragentiefs wieder rauszuholen?
    Schröder: Ich glaube, dass man Familie, Kind und Haushalt als Frauenthemen ansieht, das war vielleicht in den 50er-Jahren so, aber nicht 2018. Ich glaube, alle Themen sind Frauenthemen. Es kommt aber manchmal auf die Perspektive an.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.