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Kabinettsbeschluss
Die Grundrente kommt - in abgespeckter Version

Das Bundeskabinett hat heute nach monatelangen Verhandlungen die Grundrente beschlossen. Allerdings stoßen die Eckdaten nicht überall auf Zustimmung. So klagt der DGB, dass die Zahl der Leistungsempfänger niedriger sein wird als ursprünglich angedacht. Auch die Finanzierung ist völlig offen.

Von Volker Finthammer | 19.02.2020
Ein Rentnerpaar überquert eine Straße.
Die Grundrente soll ab Januar 2021 kommen. (dpa/ Wolfram Steinberg)
Ohne Zweifel war es eine schwere Geburt und selbst nach der heutigen Kabinettsentscheidung bleiben Fragen offen. Aber die Koalition steht offenbar zu ihrem Versprechen, dass die Grundrente kommen soll. Aber auch das gilt mittlerweile nur so lange, wie diese Koalition noch bestand hat. Erst wenn der Bundestag der Reform zugestimmt hat, was den Planungen zufolge noch vor der Sommerpause geschehen soll, dann wäre der Start der Grundrente gesichert.
"Tatsache ist, die Menschen wollen, dass wir die Grundrente einführen. Die große Mehrheit will das und vor allen Dingen diejenigen, die sich das erworben haben. Es geht um die Lebensleistung von Menschen und diese Regierung darf niemand enttäuschen. Wir hatten einen langen Weg in der Diskussion, wir hatten eine politische Lösung. Die wollen wir jetzt miteinander umsetzen und darauf konzentriere ich mich auch", sagt Arbeitsminister Hubertus Heil.
Dabei waren die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag Auftrag und Bürde zugleich. Denn dort wurde die Grundrente nach 35 versicherungspflichtigen Jahren an die Voraussetzung einer Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung gebunden.
Die Hand einer älteren Frau schiebt ein paar Münzen auf einer Tischplatte herum
Offene Fragen auf dem Weg zur Grundrente
Nach jahrelangem Streit haben sich CDU/CSU und SPD auf die Grundrente geeinigt. Doch auf dem Weg zu der neuen Sozialleistung sind noch einige Hürden zu überwinden.
Einkommensprüfung ausreichend
Und genau da lag auch der Bruch zwischen den Koalitionspartnern, da Arbeitsminister Hubertus Heil in seinem Entwurf auf diese Prüfung verzichtet hat, um den Betroffenen den Gang zum Sozialamt zu ersparen. Stattdessen soll es jetzt, so der Kompromiss, allein eine Einkommensprüfung geben, bei der aber alle Einkünftsarten - also auch Kapitaleinkünfte - berücksichtigt werden sollen.
Den vollen Aufschlag erhalten nur diejenigen, deren monatliches Einkommen als Rentner 1.250 Euro bei Alleinstehenden und 1.950 Euro bei Paaren nicht übersteigt. Bis zu einer Grenze von 1.600 Euro für Alleinstehende und 2.300 Euro für Paare reicht die Pufferzone, in der man nur noch einen Teilaufschlag erhält. Oberhalb dieser Einkommensgrenzen gibt es keinen Anspruch mehr auf die Grundrente. Erst vor zwei Wochen gelang die Einigung mit der Union.
"Das führt dazu, das nur noch 1,3 Millionen Menschen von dieser Leistung profitieren werden, das finde ich schade, ich hätte mir gewünscht der Kreis ist größer", klagt DGB-Vize Annelie Buntenbach - zumal in den ursprünglichen Plänen sogar bis zu drei Millionen Menschen von der Grundrente profitieren sollten. Als weiterer Kompromiss wurde zuletzt noch die harte Grenze von 35 Pflichtversicherungsjahren aufgeweicht und sollen künftig Zuschläge bereits nach 33 Versicherungsjahren gezahlt werden.
"Scholz muss die Hosen runterlassen"
Nicht vom Tisch ist dagegen die Kritik der Deutschen Rentenversicherung, dass die Umsetzung bis zum Jahresbeginn 2021 nur mit einem hohen personellen und finanziellen Aufwand zu stemmen ist, weil es den dafür notwendigen Datenaustausch zwischen der Rentenversicherung und den Finanzämtern bislang nicht gibt.
Die Finger eines Mannes tippen auf einem Taschenrechner Zahlen ein, im Hintergrund ist der Arm einer Frau zu sehen
Rentenversicherung befürchtet Umsetzungsprobleme
Die mit der Grundrente verbundene Einkommensprüfung stelle die Behörden vor zu große Herausforderungen, meint die deutsche Rentenversicherung. Es fehlten Systeme und Personal für eine schnelle Bearbeitung.
Und für die Haushaltspolitiker der Union bleiben auch die Finanzierungsfragen offen: "Scholz und Heil stehen hier im Wort. Sie tragen die Verantwortung. Sie haben die Grundrente initiiert und wir werden im parlamentarischen Verfahren dann sehen, wie die Umsetzbarkeit dann wirklich ist und dann muss Herr Scholz auch was die Finanzierung betrifft, die Hosen runterlassen", sagt der CDU-Haushaltsexperte Eckard Rehberg. Denn von der geplanten Finanztransaktionssteuer ist im Entwurf keine Rede mehr.
Die Bankentürme von Frankfurt am Main (Hessen) scheinen kurz nach Sonnenuntergang aus vielen kleinen Eurozeichen zu bestehen, aufgenommen am 31.01.2014. Der Effekt entsteht durch eine Schablone in Form eines Eurosymbols vor dem Objektiv.
Warum sich die Umsetzung der Finanztransaktionssteuer schwierig gestaltet
Mit Hilfe einer Finanztransaktionssteuer sollen Spekulationen an Finanzmärkten eingedämmt werden. Mehrere EU-Länder bemühen sich um eine Umsetzung. Ein Überblick über das Vorhaben und die Hintergründe.
Bezahlt werden soll die Grundrente erst einmal durch einen höheren Bundeszuschuss an die Rentenkasse, zumindest so lange, bis die geplante Finanztransaktionssteuer für die nötigen Einnahmen sorgt.