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Kämpfender slowenischer Poet

Er war eine Koryphäe der slowenischen Literatur in Kärnten, bekannt für seine Polemik. Immer wieder hat er sich in die österreichische Politik eingemischt und machte sich damit nicht nur Freunde.

Von Mirko Schwanitz | 28.10.2011
    Er hat es seinen Mitmenschen nie einfach gemacht. Die österreichische Politik hat ihm nie verziehen, dass er es nicht bei der Literatur beließ, dass er politisch aktiv wie kaum ein anderer für die Rechte der Kärntner Slowenen stritt und gegen die Diskriminierung der eigenen Muttersprache kämpfte.


    "Wir sind sozusagen, was die Sprache anbelangt, entkleidet, striptisiert worden. Uns hat man die slowenische Sprache vermiest auf eine Art, die einem Mordschlag der Seele gleichkommt, es ist ein seelischer Genozid."

    1921, geboren in der Küche eines slowenischen Kleinbauernpaares, wächst er mit vier Kühen und fünf Geschwistern in der Nähe von Bleiburg auf. Schön früh erfährt er Ausgrenzung. Auf die Frage, was für ihn der Auslöser für das Schreiben gewesen sei, antwortete er

    "Ja, die Entwürdigung, die fürchterliche seelische Pein. Wenn dir ein Oberlehrer, du bist sieben Jahre alt, sagt, hör auf Slowenisch zu quatschen, das ist schiach, schiach, das heißt in Kärnten: unschön, garstig, ekelhaft. Das sagt dir der Oberlehrer ins Gesicht. Damit hat dir hineingespuckt in den Mund und du bist für dein Leben vergiftet."

    Obwohl die Familie arm ist, schickt sie ihn auf ein katholisches Gymnasium. Weil er sich der Hitlerjugend verweigert, stecken ihn die Nazis 1940 in eine Strafkompanie. Er wird verletzt, kann fliehen. Später studiert er in Slowenien. 1955 kehrt er in ein Österreich zurück, in dem es offenbar nie Nazis gegeben hat, in dem den Slowenen aber immer wieder Loyalitätsbekenntnisse zum neuen Staat abverlangt werden.

    "Waren die Slowenen nicht die besten Österreicher? Es hat nicht einen Nazi gegeben unter den Slowenen. Ich hab genau gewusst was Hitler ist. Warum haben die es nicht gewusst? Und sind marschiert, marschiert, marschiert. Diese Leute wollen unser Gewissen erforschen?! Das ist der Höhepunkt des Zynismus …"

    Und so thematisierte er in seinen Büchern immer die Behandlung der Volksgruppen in der Zweiten Republik. In zur Groteske neigenden Texten hält er den Österreichern den Spiegel vor. Als Messner zum 50. Jahrestag der Republik gebeten wird, einen Text zu einem Festband zu liefern, schreibt er:

    "22:51 Die Österreicher sind im Vergleich zu den Völkern Nordeuropas verlogene, …, verdrießlich verfressene Verdrängungsvirtuosen, Verfehlungenverschweiger, …, und, was sich besonders verhängnisvoll auf die gesellschaftspolitische Entwicklung unserer jungen Generation auszuwirken droht, verkappte und öffentliche Hitlerverehrer…"

    Wer im Internet Rezensionen zu Messners erzählerischem Werk sucht, wird kaum fündig werden. Dabei steht es in seiner gesellschaftskritischen Thematik, seinem satirisch-grotesken Stil geradezu exemplarisch für die österreichische und slowenische Literatur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ob in seinem "Kärntner Tagebuch" , den "Schwarzweißen Geschichten" oder dem 2003 veröffentlichten Band "Grüß Gott, Slowenenschwein" – immer porträtierte Messner ironisch und nicht selten mit bitterem Unterton Menschen zwischen Anpassung und Identitätssuche.

    ""Literatur ist für mich die einzige Möglichkeit einer Seelenreinigung, …, das ist eine Therapie für mich, für meine Bedrängnisse, Seelennöte. Ich muss das herausschreiben, was mir von klein auf zusetzt. Täte ich es nicht würde ich daran sterben, Selbstmord begehen – das ist für mich Literatur.""

    Als Polemiker und einsamer Rufer in der Wüste wird Janko Messner vielen in Erinnerung bleiben. Vielleicht wird nun seinem Werk postum jene Aufmerksamkeit zuteil, die ihm eigentlich zeitlebens schon gebührt hätte.