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Kattowitz
Klimagipfel mit Atemnot

Zwei Wochen, 200 Staaten: Beim 24. UN-Klimagipfel in Kattowitz wird über die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von 2015 verhandelt. Es sollen klare Regeln geschaffen werden, um die Klimaziele zu erreichen. Eine Einigung ist jedoch fraglich - denn die Differenzen unter den Teilnehmern sind groß.

Von Georg Ehring | 04.12.2018
    Rauchende Kühltürme des Kraftwerks des Energiekonzern Süd PKE in der Nähe von Kattowitz in einer Landschaft.
    Kattowitz liegt in einem Industriegebiet - das führt allen Teilnehmern die Probleme vor Augen, die es zu bewältigen gilt (picture alliance / Ulrich Baumgarten)
    Kattowitz liegt im oberschlesischen Industrierevier, die Stadt ist wahrlich kein Luftkurort.
    "Hier ist Energie noch auf der Basis 80 Prozent auf Kohle aufgebaut und das riecht man förmlich."
    Sagt Gerd Müller, der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
    Gerade deshalb ist es ein guter Ort um den Klimaschutz voranzubringen, man spürt mit jedem Atemzug, dass sich etwas ändern muss. Doch die Bilanz drei Jahre nach Abschluss des Pariser Abkommens ist bescheiden, meint jedenfalls Antonio Guterres, der UN-Generalsekretär.
    "Die Realität ist schlimmer als erwartet, doch der politische Wille, gegen den Klimawandel zu kämpfen ist nach dem Abschluss von Paris schwächer geworden."
    Ausstoß von Treibhausgasen steigt weiter
    Gemeint ist etwa der Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid. Er ist seit 2015 weiter gestiegen – im vergangenen Jahr hat er einen neuen Rekord erreicht, allen Klimaplänen zum Trotz.
    "Wir sind aus der Spur geraten. Wir werden im Jahr 2020 nicht das erreicht haben, was in Paris versprochen worden war und gleichzeitig ist das, was in Paris versprochen wurde, nicht genug."
    Im Pariser Abkommen hatte sich die Staatengemeinschaft vorgenommen, den Anstieg der Durchschnittstemperaturen auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, wenn möglich unter 1,5 Grad.
    Länder verfehlen Klimaziele
    Der wissenschaftliche Weltklimarat IPCC hat sich im Herbst deutlich hinter das ehrgeizigere Ziel von höchstens 1,5 Grad gestellt, es gebe immer stärkere Belege für katastrophale Folgen einer stärkeren Erwärmung. Es gibt jedoch bisher kein einziges Land mit größerem CO2-Ausstoß, dass seine praktische Politik daran orientiert. Auch Deutschland verfehlt sein Klimaziel für das Jahr 2020 und Bundesumweltministerin Svenja Schulze kann in Kattowitz anders als erhofft nicht mit einem Plan für den Kohleausstieg glänzen – die zuständige Regierungskommission hat sich eine Verlängerung bis zum Februar erbeten. Trotzdem sieht sie Deutschland in gewisser Weise hier als Vorbild:
    "Jedenfalls: Die Rückmeldungen, die ich bekomme, sind, dass sie überhaupt begeistert sind, dass es so eine Kommission gibt, das gibt es sonst nur noch ein einziges Mal auf der Welt, nämlich in Chile, die eine ähnliche Struktur wie wir in Deutschland gewählt haben. Und es wird schon sehr genau betrachtet, was wir machen, weil: Allein in Europa haben wir 41 Kohlereviere. Wenn wir es schaffen, auf diesem Weg aus Kohle auszusteigen, sind wir Beispiel für viele, viele weitere."
    Klimaschutz könne nur gelingen, wenn alle Länder sich beteiligen, so heißt es in den Eröffnungsreden immer wieder. Doch mit den USA hat sich die Regierung des zweitgrößten Emittenten von Treibhausgasen aus dem Klimaschutz verabschiedet. Arnold Schwarzenegger, der ehemalige Gouverneur von Kalifornien, verwies allerdings darauf, dass viele Akteure der Zivilgesellschaft nach wie vor dabei seien.
    "Staaten und Städte sind also nach wie vor beim Pariser Abkommen dabei. Unsere Finanzwirtschaft ist dabei, unsere akademischen Institutionen auch. Auch Gouverneure und Bürgermeister machen noch immer mit."
    Regelwerk muss geschaffen werden
    Nach der feierlichen Eröffnung haben in dieser Woche die Klima-Unterhändler auf Beamtenebene das Sagen. Es gilt, eine Art Gebrauchsanleitung für das Pariser Abkommen zu schaffen. Detailfragen sind zu regeln, in denen sich die Unterhändler vor drei Jahren noch nicht einigen konnten – etwa in wieweit nach wie vor Industrie- und Entwicklungsländer unterschiedliche Pflichten beim Schutz des Klimas haben. Das Regelbuch müsste in Kattowitz fertig werden, fordert auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres.
    "Wir stecken viele Hoffnungen in diese Konferenz. Diese Konferenz ist sehr wichtig in unserer Strategie, den Klimawandel zu besiegen und wir können uns nicht leisten, hier zu versagen."
    Doch ob das Regelbuch wirklich verabschiedet wird, ist alles andere als sicher. Denn in vielen Detailfragen sind die Differenzen nach wie vor groß.