Zwischen dem 1. Juli 2017 und Mitte des Jahres 2018 verfolgten die USA unter Donald Trump eine Nulltoleranzpolitik. Bei Familien, die ohne Einreisegenehmigung von Mexiko kommend die Grenze passierten, wurden die Eltern strafrechtlich verfolgt beziehungsweise abgeschoben und von ihren Kindern getrennt. Jugendliche wurden zum Teil in Gefangenenlagern interniert. Erst Gerichte stoppten diese inhumane Praxis, von der mehr als 5.500 Kinder betroffen waren.
Die Regierung unter dem amtierenden Präsidenten Joe Biden hat nun damit begonnen, die Familien nach mehr als drei Jahren wieder zusammenzuführen. Sie stößt dabei allerdings auf Schwierigkeiten.
Wie weit ist man mit der Familienzusammenführung bislang gekommen?
Präsident Biden hat die Trennung von Migrantenfamilien immer wieder scharf als Grausamkeit verurteilt und direkt nach seiner Amtseinführung eine Task Force im Heimatschutzministerium mit der Familienzusammenführung beauftragt. Die hat inzwischen eine eigene Datenbasis - und der Minister geht von 1.000 Kindern aus, die noch von ihren Eltern getrennt sind.
Im April war man noch von 445 Kinder ausgegangen, deren Eltern noch nicht gefunden seien – die Zahlen wurden dem zuständigen Richter von Pro-Bono-Anwälten genannt, die seit Jahren nach den Eltern suchen. Die Trump-Regierung hat von 2017 bis 2018 nicht dokumentiert, welche Migranten zusammengehörten. Die Eltern wurden sofort abgeschoben, niemand interessierte sich dafür, wie sie hießen und wohin sie zurückkehrten. Das änderte sich erst durch eine Klage der American Civil Liberties Union ACLU 2018 und die Anordnung eines Richters, dass die Eltern gefunden werden müssten.
Wo liegen die Probleme?
Viele der Eltern leben in ländlichen, oft gefährlichen Gegenden in Zentralamerika, es wird mit vielen Mitteln gesucht, dazu gehören neben Radio und Social Media auch Telefonanrufe und von Tür-zu-Tür-Besuche. Andere Migranten sind nicht in ihre Heimat zurückgekehrt, leben etwa in Mexiko. Wer keine Verwandten in den USA hat, über den gibt es oft keinerlei Anhaltspunkt, wo er oder sie sein könnte. Und die Kinder waren oft zu jung, um sich an den Namen ihren Eltern geschweige ihre Heimat erinnern zu können.
Das zuständige Heimatschutzministerium schützt die Identität der Eltern, die in dieser Woche erstmals seit mehr als drei Jahren ihre Kinder wieder sehen. Bekannt ist nur, dass es vier sind. eine Mutter kommt aus Honduras, eine andere aus Mexiko, die Kinder waren zum Zeitpunkt der Trennung drei bis zehn Jahre alt.
Die Eltern erhalten aus humanitären Gründen eine befristete Aufenthaltsgenehmigung in den USA. NGOs sehen die USA nach Jahren der erzwungenen Trennung in einer Bringschuld. Sie fordern, den Eltern ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren. In den kommenden Wochen sollen weitere Eltern und mit ihren Kindern vereint werden, Zahlen und Termine nannte das Ministerium aber bislang nicht.
Wie geht die US-Regierung mit Zuwanderung an der US-Südgrenze um?
Im März wurden an der Grenze so viele Menschen aufgegriffen wie seit 15 Jahren nicht mehr, und was speziell die Kinder angeht - es ist das dritte Mal seit 2014, dass Minderjährige in so großer Zahl die US-Grenze überqueren. Not, Gewalt, Naturkatastrophen sind die Ursachen. Die Gesundheits- und Sozialämter hatten Stand letzte Woche über 22.500 Kinder in ihrer Obhut.
Dabei schaffen es die Behörden und Ämter inzwischen rascher, Minderjährige angemessen unterzubringen - bei Sponsoren in den Vereinigten Staaten, üblicherweise Eltern oder engen Verwandten. Durch den Einsatz von hunderten von Asylbeamten müssen Kindern bis zur Weitervermittlung im Mittel nur noch 20 Stunden lang in den überfüllten Räumen des Grenzschutzes bleiben. Die Zahl der Notaufnahmestellen wurde erhöht, inzwischen gibt es 20.000 Betten – Anfang März waren es 952.
Umfragen zufolge ist Einwanderung Bidens Schwachstelle. US-Bürger sind überwiegend der Meinung, er mache da keine gute Politik. Präsident Biden versucht hier den Spagat: Kinder humanitär behandeln, keine Familientrennung mehr, erwachsene Migranten werden zurückgeschickt. Biden hat Vizepräsidentin Kamala Harris beauftragt, mit den Regierungen der Herkunftsländer der Flüchtenden über Fluchtursachen und die Verbesserung der Situation vor Ort zu sprechen, erste Gespräche haben stattgefunden, am Freitag ein weiteres mit Mexikos Präsident Manuel López Obrador – insgesamt ist das eher eine langfristige Perspektive.