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Kita-Ländermonitor
Wie sich Kitas für den neuen Ansturm rüsten

Die Bertelsmann Stiftung attestiert: Bundesweit hat sich die pädagogische Qualität von Kitas fast überall verbessert - auch wenn es zwischen den Bundesländern noch große Unterschiede gibt. Über zusätzliche Aus- und Fortbildungen versuchen die Erzieher, sich für den Ansturm und neue Herausforderungen durch Zuwanderer zu rüsten.

Von Anke Petermann | 24.08.2015
    Kleiderhaken mit Namen von Kindern in einer Kita in Berlin.
    Kleiderhaken mit Namen von Kindern in einer Kita in Berlin. (picture alliance / dpa / Volkmar Heinz)
    Wenn sich Reza und Mia gegenseitig ihr Spielgeld abjagen, wird es in der Drachengruppe auch mal lauter.
    "Ich hab' einen Taler!"
    Insgesamt aber geht es in der städtischen Kita Frankfurt-Höchst mit 100 Kindern erstaunlich ruhig zu. Das liegt nicht nur an den Schallschutzdecken des Neubaus von 2009. Schon Kleinkinder lernen hier intuitiv, Stress vorzubeugen. Gesundheitsprävention nennen es Experten. "Arme baden", sagt Mia. Die Vierjährige deutet auf die längliche blaue Wanne, genau auf ihrer Höhe.
    "Da müssen wir kaltes Wasser reinmachen, dann den rechten Arm zuerst und dann linken Arm da drüber. Und dann muss man das ausstreichen und wieder ausstreichen und wieder ausstreichen, und dann muss man das warm schütteln."
    Warmschütteln nach dem kalten Bad - die kleine Kneipp-Sachverständige schlenkert begeistert mit den Armen.
    "So fühlt sich das an."
    Kribbelnd und entspannend, genau wie der Massageball und die Kopfspinne, mit der sich der dreijährige Reza soeben über Haare und Kopfhaut fährt.
    "Soll ich das auch mal bei dir machen?"
    Kneipp und Ayurveda – in dieser Kita keine Fremdworte, so die Leiterin Stefanie Supreeth-Will.
    "Zwei Drittel des Teams hat eine Weiterbildung zur Gesundheitserzieherin gemacht. Wir haben das große Glück, einen ausgebildeten Yoga-Lehrer bei uns im Team zu haben."
    Einwanderungsquote macht mehr Sprachförderung nötig
    Auf die allmählich gestiegene Einwandererquote von 85 Prozent samt notwendiger Sprachförderung hatte das Höchster Team zuvor schon mit Fortbildung reagiert. "Wir fühlen uns gerüstet, das macht uns nicht mehr viel Extra-Arbeit", sagt Stefanie Supreeth-Will. Die neue Herausforderung ist die hohe Ganztagsauslastung der Kita, von 98 Prozent: In der teuren Boom-Stadt Frankfurt am Main mit vielen Vollzeit tätigen Doppelverdienern werden schon die Jüngsten für lange Arbeitstage gebracht. Das neue Konzept der Kita erleichtert es den Kindern, zur Ruhe zu kommen.
    Supreeth-Will:
    "Viele Dinge haben wir uns selbst angeeignet, indem wir es ausprobiert haben, uns Materialien gekauft haben, gelesen haben, vielleicht mal an einem Kurs teilgenommen haben und es hier ins Haus multipliziert haben. Letztendlich: alles was den Kindern gut tut, ist gut."
    Eine Extra-Portion Zuwendung ist vor allem für die Kleinsten wichtig.
    "Komm, Händewaschen. Hast du Seife genommen, ja? Sehr Schön!"
    Milka hat nach dem Händewaschen noch lang nicht genug vom Wasser. Begeistert patscht die Einjährige in den Seifenschaum. Kerstin Henn hockt sich neben sie und nimmt sich viel Zeit. Außerhalb der Ferien ist das nicht immer möglich. Da kümmern sich um eine altersgemischte Gruppe mit 18 Kindern zwei Vollzeit-ErzieherInnen und eine Teilzeit-Kraft.
    "Heute haben wir halt nur noch sieben, das merkt man dann schon."
    "Ja, Wasser! Achtung!"
    Mit einer Erzieherin für vier unter Dreijährige bleibt Hessen noch hinter den Empfehlungen der Bertelsmann-Stiftung zurück. Janna Regenauer findet ihre Tochter Milka in der Höchster Kita trotzdem gut betreut:
    "Es ist auch von Kind zu Kind unterschiedlich, wie die damit zurechtkommen. Also, ich denke, ein schüchternes Kind, das sehr viel körperliche Zuwendung braucht, würde hier total untergehen. Also, da sind die Gruppen einfach zu groß. Aber bei meinem Kind – die ist selbständig. Da ist es nicht so schlimm. Aber wenn ich es mir wünschen könnte, hätte ich gern mehr Betreuer. Also, da wäre ich nicht traurig drüber!"