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Klaus Zerres vs. Gitta List
Sind Bluttests für Schwangere eine gute Sache?

Wenn ein Ungeborenes das Down-Syndrom hat, lässt sich das im Blut der Mutter nachweisen. Entsprechende Tests sind seit Jahren auf dem Markt und könnten bald von den Krankenkassen finanziert werden.

Moderation: Christiane Florin |
    Das Foto zeigt einen sieben Wochen alten Fötus in einer Fruchtblase.
    Das Down-Syndrom kann mit einer Blutprobe der Mutter bereits beim Embryo nachgewiesen werden (ZB)
    Der Humangenetiker Klaus Zerres sagt: Ethisch sind Bluttest besser zu rechtfertigen als andere Methoden, weil sie präzisere Ergebnisse bringen. Die Journalistin Gitta List widerspricht: Damit wird es selbstverständlich, Behinderte auszumustern.
    Klaus Zerres, Humangenetiker: "Wir haben als Gesellschaft für Humangenetik die Entwicklung dieser Tests begrüßt, weil sie eine Weiterentwicklung bestehender Methoden sind. Fruchtwasserpunktionen werden seit den 70er Jahren gemacht. Bei Frauen, die älter als 35 Jahre sind, ist es eine Leistung der Krankenkassen. Dann kamen Hormonscreenings dazu, und man hat durch andere Testverfahren immer wieder versucht, das Risiko für die Geburt eines Kindes mit Down-Syndrom festzulegen.
    Davon wird in sehr starkem Maß Gebrauch gemacht. Aber diese früheren Tests haben sehr große Nachteile: Sie sind sehr häufig auffällig und wenig präzise. Das hat viele invasive Untersuchungen zu Folge, es werden Fruchtwasseruntersuchungen gemacht. In einer sehr hohen Anzahl der Fälle stellt sich dann heraus, dass das Kind keine Chromosomenstörung hat. Diese jetzigen Tests, die darauf basieren, dass man DNA des Kindes im mütterlichen Blut nachweist, haben eine ganz hohe Präzision. In der Folge führt das dazu, dass sehr viel weniger Fruchtwasseruntersuchungen notwendig sind, dadurch auch sehr viel weniger Schwangerschaften beendet werden, bei denen das Kind keine Auffälligkeiten hat. Verbote sind keine Lösung. Die leichtere Verfügbarkeit erfordert aber eine fundierte Information und die ist nicht gegeben."
    Klaus Zerres war Professor für Humangenetik am Universitätsklinikum Aachen und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik.
    Gitta List, Journalistin und Mutter eines Sohnes mit geistiger Behinderung: "Ich habe schon invasive Tests wie die Fruchtwasseruntersuchung für problematisch gehalten, ich halte jedoch auch den Bluttest für problematisch. Nicht wegen des Verfahrens, sondern wegen der Konsequenzen, die daraus folgen für die Eltern, für die Schwangere und für das nicht geborene Kind. Je nach Ergebnis steht dieses ungeborene Kind sofort zur Debatte - als Ganzes.
    Das finde ich hochproblematisch aus unterschiedlichen Gründen: Zum einen spreche ich für das Kind. Es stürzt die Eltern in große Konflikte, ich sehe nicht, dass den Eltern gut genug beigestanden wird. Zum anderen, in letzter Konsequenz: Wie verändert sich unsere Haltung, die gesellschaftliche Einstellung Behinderungen gegenüber, wenn diese Tests doch mit dem Ziel gemacht werden, eventuell auszusondern? Vorsorge mit der Möglichkeit, auszusondern - das ist sehr problematisch."
    Gitta List ist Chefredakteurin des Bonner Stadtmagazins "Schnüss", engagiert in Behinderteninitiativen und Mutter eines erwachsenen Sohnes mit geistiger Behinderung.