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Kleinanleger als Kurstreiber
Nach Gamestop jetzt Silber?

Der Preis für eine Unze Silber ist zeitweise um zwölf Prozent gestiegen. Diese Bewegung folgte offenbar demselben Muster wie bei der Gamestop-Aktie. Die Rufe nach Kontrolle und Regulierung werden lauter. Aber Experten glauben auch, dass der Markt das noch alleine regeln könnte.

Von Brigitte Scholtes | 01.02.2021
Kleine Silberbarren mit dem Gewicht von einer Unze liegen auf Barren mit dem Gewicht von 1000 Gramm.
Kleine und große Silberbarren (Heraeus Holding)
Ist Silber das neue Gamestop? Der Preis für eine Unze des Edelmetalls ist am Montag (01.02.20) zwischenzeitlich um zwölf Prozent auf mehr als 30 Dollar je Unze gestiegen. Am Nontagnachmittag lag er immer noch um zehn Prozent über dem Schlusskurs vom Freitag. Diese Preisbewegung folgt offenbar demselben Muster wie etwa bei der Gamestop-Aktie. Da hatten Hedgefonds auf den Kursverfall gewettet. Viele Kleinanleger aber hatten dagegengehalten und sich auf der Netz-Plattform Reddit verabredet, die Aktie zu kaufen.

Wetten auf den Silberpreis nichts Neues

Dieses Mal aber haben die Hedgefonds sich offenbar nicht in dieses Spiel mit hineinziehen lassen. Da seien es eher Minenbetreiber und Edelmetallverarbeiter gewesen, die auf einen fallenden Silberpreis gewettet hätten, ist an der Börse zu hören. "Das ist per se nichts Neues", meint Christian Kahler, Aktienstratege der DZ Bank zu den Wetten auf den Silberpreis. "Aber natürlich jetzt diese offensiven Preisabsprachen, wo sich theoretisch Millionen von Menschen beteiligen können. Das erreicht natürlich schon eine neue Dimension."
Hedgefonds gegen Gamestop - Den jungen Netzaffinen ist zu danken Der Schwarm der Kleinanleger hat einen Coup gelandet und dabei Schwächen im System aufgedeckt, kommentiert Mischa Ehrhardt den Netz-Protest gegen die Wetten von Hedgefonds. Nun sind Politik und Regulierer gefragt.
Eine Dimension, die am Ende die Stabilität der Märkte gefährden könnte. Denn große Anleger wie Hedgefonds hätten die Börse jahrelang ausgenutzt, kritisierte Elizabeth Warren, Senatorin der Demokraten im amerikanischen Fernsehsender CNN. "Das ist ein krankes Spiel, und es wird von Spielern betrieben, die die Märkte manipulieren. Sie haben die Börse, die eigentlich ein Ort sein soll, an dem man Kapital sammelt, um Unternehmen zu unterstützen, in ein Kasino verwandelt. Sie haben Unternehmen aufgepumpt und wieder fallen lassen oder Aktienrückkäufe getätigt, um die Aktienkurse aufzublähen. Wir brauchen aber einen transparenten, ausgeglichenen Markt, der Privatanlegern offensteht. Es wird Zeit, dass die SEC endlich ihren Job macht." Die amerikanische Börsenaufsicht SEC sollte deshalb einschreiten, fordert sie.

Unruhe könnte weiter bestehen bleiben

Ob klein oder groß, die Aufsicht sollte da genau hinsehen, glaubt auch Klaus Nieding, Anwalt und Aktionärsschützer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. "Der Tatbestand des Gesetzes differenziert nicht zwischen öffentlicher und nichtöffentlicher Verabredung oder Tätigkeit. Es reicht in objektiver Hinsicht, das Kurse in eine bestimmte Richtung manipuliert werden. Hinzu kommen muss in subjektiver Hinsicht ein wie auch immer gearteter Vorsatz. Und wenn das dann entsprechend nachgewiesen wird, kann das eng werden."
Noch sollte der Markt das aber allein regeln können, glaubt Aktienstratege Kahler. "Es gibt Regeln der Broker, also der Online-Banken, wo die Privatanleger unterwegs sind. Und es gibt auch Regeln für institutionelle Anleger. Also ich denke, man muss da erst mal abwarten, wie diese einzelnen Parteien eingreifen. Aber je stärker reguliert wird - und im Zweifel wird immer gegen die Kleinanleger reguliert - desto stärker kann dann eben auch der Ärger sein, der Privatanleger. Und so kann das Ganze sich durchaus noch mal ein paar Wochen oder Monate fortsetzen."
In Deutschland gebe es zwar noch nicht eine vergleichbare Situation wie in den USA, meint Kahler, aber die Unruhe an den Märkten könnte noch eine Weile bestehen bleiben.