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Klima
Umweltverbände für Tempolimit

Als eines der wenigen Länder weltweit gibt es in Deutschland keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen. Doch Umweltverbände machen nun dagegen mobil. Demnach könnte ein Tempolimit auf Autobahnen, Landstraßen und Städten in kürzester Zeit hohe Mengen CO2 einsparen.

Von Anja Nehls | 21.06.2019
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120 auf Autobahnen, Tempo 80 auf Landstraßen, 30 in Städten könnten fünf Millionen Tonnen CO2-Emissionen reduzieren, so der Verkehrsclub Deutschland (dpa)
Neben Afghanistan, Nordkorea und Somalia ist Deutschland das viertletzte Land der Welt ohne ein generelles Tempolimit. Auf europäischen Autobahnen gilt fast überall 120 oder 130 – und das soll nun endlich auch in Deutschland so sein, fordert ein Bündnis aus zehn Verbänden, zum Beispiel der Verkehrsclub Deutschland. Für dessen Sprecher Gerd Lottsiepen steht dabei der Umweltaspekt an vorderster Stelle:
"Alleine das Tempolimit auf der Autobahn von 120 bringt gut drei Millionen Tonnen CO2-Einsparung. Das ist so viel wie alle Busse in Deutschland: Linienbusse, Reisebusse, wie die insgesamt emittieren. Das ist also eine ganze Menge. Es gibt keine Maßnahme im Verkehrsbereich, wo man so schnell, so viel CO2 reduzieren kann, wie durch diese Maßnahme."
Und keine andere wäre kurzfristiger und einfacher umzusetzen, ergänzt Benjamin Stephan von Greenpeace:
"Das kann man in wenigen Wochen umsetzen. Man müsste die Schilder an den Einfahrten zu Deutschland verändern, wo die gesetzlichen Höchstgeschwindigkeiten angegeben sind, und das war es. Ansonsten bekommt man so günstig und einfach keine CO2-Einsparungen sonst im Verkehr."
Fünf Millionen Tonnen CO2
Bis jetzt gilt auf circa 70 Prozent der deutschen Autobahnen keine Geschwindigkeitsbeschränkung und die Durchschnittsgeschwindigkeit lag inklusive Stau und stockendem Verkehr bei 124 Stundenkilometer.
Wenn man neben einem Tempolimit von 120 auf Autobahnen auch noch allgemein verbindlich Tempo 80 auf Landstraßen und 30 in den Städten festlegen würde, sei es unproblematisch möglich, die CO2-Emissionen um fünf Millionen. Tonnen zu reduzieren. Und auf die könne man nicht verzichten, wenn man 70 Millionen Tonnen einsparen muss, um die Klimaziele zu erreichen. Kurzfristig könne jetzt nur das Tempolimit helfen, sagt Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe.
"Seit 29 Jahren haben sich die CO2-Emissionen praktisch nicht verändert. Statt 40 Prozent Reduktion verharren sie bei 163 Millionen Tonnen und jetzt muss einfach gehandelt werden, denn im nächsten Jahr, im Jahr 2020, treten eben die Klimaverpflichtungen mit 40 Prozent Reduktion in Kraft.
Weniger Stress, bessere Luft, mehr Lebensqualität
Bisher stießen Vorstöße zur Einführung eines Tempolimits bei vielen deutschen Autofahren auf wenig Begeisterung. Auch jetzt ist das Meinungsbild allerdings eher gemischt:
"Bin ich unbedingt dafür, und wenn ich Autobahnen vermeiden kann, dann vermeide ich sie sogar, weil ich gerne über Landstraßen fahre."
"Na sie verbrauchen unheimlich viel Sprit, wenn sie so rasen. Egal welche Form und deshalb denke ich, dass ein Tempolimit okay wäre."
"Nö, finde ich nicht gut, wir sind das einzige Land ohne Tempolimit,"
"Von mir aus gerne und alle Raser, die haben doch irgendwann mal einen Unfall."
"Na da sollte man doch eher so an die Industrie rangehen oder? Dass die erst mal ihren Verbrauch drosseln und dann können sie an die kleinen Leute dran. Also ich bin dagegen."
Auch ein Elektroauto brauche allerdings wesentlich mehr Strom, wenn bei schnellerer Fahrt der Windwiderstand zunehme, argumentiert die Deutsche Umwelthilfe. Für Wulf Hoffmann von Verkehrsunfallopferhilfe Deutschland steht vor allem der Sicherheitsaspekt im Vordergrund:
"Wir haben 409 Getötete im letzten Jahr auf der Autobahn gehabt. Wenn wir die Geschwindigkeit aus 130 reduzieren würden, könnten circa 110 Verkehrsopfer vermieden werden. Man hat festgestellt, dass überall da, wo das Tempo reduziert wurde, zwischen 20 und 45 Prozent weniger Getötete festzustellen sind. Dänemark hat das Tempolimit hochgesetzt, in Dänemark sind 24 Prozent zusätzliche Personenschäden passiert.
Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen, Landstraßen und Städten sorge für weniger Staus, geringeren Spritverbrauch, weniger Stress, bessere Luft und mehr Lebensqualität. Auf dem Autogipfel am kommenden Montag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Vorständen der deutschen Autokonzerne wollen die Verbände ihre Forderung noch mal unterstreichen.