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Klimaforschung
Wasserdampf-Zunahme in der Atmosphäre

Wasserdampf trägt rund 60 Prozent zum Treibhauseffekt auf der Erde bei. Seit Satelliten unseren Planeten im Blick haben, ist der Wasserdampf-Gehalt in der Wetterschicht gestiegen. Doch liegt das wirklich am Menschen? Ja, sagen die Autoren einer neuen Studie.

Von Volker Mrasek | 29.07.2014
    Dunkle Wolken am Himmel
    In Höhen zwischen sechs und 14 Kilometern bekommt Wasserdampf mehr Strahlung ab und kann eine wesentlich größere Treibhaus-Wirkung erzielen. (Jan-Martin Altgeld )
    Über den Wolken, wo wir auch auf unseren Urlaubsflügen unterwegs sind – dort ist der Wasserdampf-Gehalt der Atmosphäre für das Klima besonders kritisch. Am oberen Rand der Troposphäre, unserer Wetterschicht, in Höhen zwischen sechs und 14 Kilometern.
    Die Bewölkung dort oben ist viel schwächer als in Bodennähe. Deshalb kriegt der Wasserdampf quasi mehr Strahlung ab und kann eine wesentlich größere Treibhaus-Wirkung erzielen. Wird es wärmer, nimmt die Luftfeuchtigkeit am Troposphären-Rand außerdem doppelt so schnell zu wie in Bodennähe.
    Brian Soden, Professor für Atmosphärenwissenschaften an der Universität von Miami in den USA:
    "Der Wasserdampf-Effekt in der oberen Troposphäre ist der stärkste bekannte Rückkopplungsprozess. Er forciert die Erwärmung durch die von uns freigesetzten Treibhausgase noch. Das Ganze spielt sich vor allem in den Tropen ab. Und dort, wo die Wolkenbedeckung schwach ist - in den beiden Subtropengürteln zwischen dem 10. und 30. Breitengrad."
    In den letzten 35 Jahren ist die Luftfeuchtigkeit am Oberrand der Wetterschicht im Schnitt um etwa zehn Prozent gestiegen. Denn eine wärmere Atmosphäre kann mehr Wasserdampf aufnehmen.
    Brian Soden und einige Fachkollegen aus den USA haben die Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte analysiert. Und machen jetzt den Mensch dafür verantwortlich. Erklären lasse sich der Zuwachs an Wasserdampf nur durch die Emissionen von Kohlendioxid und anderen hausgemachten Treibhausgasen. Das schreiben die Forscher in einer neuen Studie. Dafür werteten sie Satelliten-Messungen aus und führten aufwendige Modellsimulationen durch.
    "Wir haben knapp zwei Dutzend Klimamodelle laufen lassen, aus Rechenzentren in aller Welt und überprüft, unter welchen Bedingungen sie den jüngsten Trend beim Wasserdampf reproduzieren können. Wir wollten wissen: Reichen dafür vielleicht natürliche Faktoren wie Vulkanausbrüche und Schwankungen der Sonnenaktivität? Kein einziges Modell bekam das hin! Wenn wir aber die anthropogenen Treibhausgas-Emissionen mit in die Simulationen packten, gab es eine große Übereinstimmung zwischen Beobachtungen und Modellen. Das heißt: Die einzige Erklärung für die Wasserdampf-Zunahme, die wir haben, sind menschliche Aktivitäten."
    Wie Wasserdampf am Oberrand der Wetterschicht auf eine Erwärmung reagiert, ist bisher nur über viel kürzere Zeiträume untersucht worden. Und zwar immer dann, wenn der tropische Pazifik von einer Kälte- in eine Warmphase wechselte, von La Nina zu El Nino. Das tut er alle paar Jahre auf ganz natürliche Weise. Die Temperaturen in der Troposphäre steigen dann spürbar.
    Klimaforschern bot ein El Nino so die Chance zu sehen, was mit dem Wasserdampf geschieht, wenn es sich zumindest vorübergehend erwärmt. Auch Andrew Dessler veröffentlichte solche Studien. Er ist Professor für Atmosphärenwissenschaften an der Texas A&M University in den USA und lobt die neue Arbeit von Brian Soden:
    "Der echte Fortschritt in Brians Studie ist, dass er eine so lange Beobachtungsreihe verwendet und wirklich drei Jahrzehnte mit globaler Erwärmung erfasst. Die früheren Studien könnte man zurecht dafür kritisieren, dass in ihnen gar keine langfristige Klimaerwärmung betrachtet wurde, sondern nur ersatzweise diese kurzen, natürlichen El-Nino-Episoden."
    Bestätigung für den Weltklimarat
    Die neue Veröffentlichung von Brian Soden und seinen Co-Autoren bestätigt damit auch, dass der Weltklimarat offenbar richtig liegt. In seinen Berichten heißt es: Die globale Erwärmung werde stärker ausfallen als durch die industriellen Treibhausgase allein, bedingt durch Rückkopplungsprozesse im Klimasystem wie die Zunahme der Luftfeuchtigkeit. Auch Andrew Dessler zweifelt nicht daran:
    "Sagen wir, Ende des Jahrhunderts ist es drei Grad wärmer. Dann geht jeweils ein Grad auf das Konto von CO2 und von Wasserdampf. Das dritte kommt durch andere Rückkopplungsprozesse zustande. Aber Wasserdampf ist der wichtigste von ihnen. Deswegen forschen wir weiter daran."