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Klimafreundliches Brauen
Bohnen im Bier

Klimafreundlichere Bierherstellung war das Ziel von britischen Forschern vom James Hitton Institute in Dundee/Schottland. Statt wie üblich Gerste als Stärkequelle beim Bierbrauen wurde eine ungewöhnliche Ausgangssubstanz beim Gärprozess eingesetzt: dicke Bohnen.

Von Volker Mrasek |
    Eine Hand hält ein mit Bier gefülltes Glas unter einen Zapfhahn.
    Bohnen im Bier sollen den Bedarf an Stickstoffdünger beim Anbau von Braugetreide reduzieren. (dpa-Zentralbild)
    So etwas ist eher selten auf wissenschaftlichen Tagungen: Dass ein Forscher flaschenweise Bier dabei hat.
    "Das ist ziemlich hopfig und stark. Nichts für Schwächlinge."
    "Etwas bitter!"
    "Schwer zu beschreiben. Es ist ziemlich süß!"
    "Es hat einen angenehmen Nachgeschmack!"
    "Das Bier ist echt gut! Man würde nicht vermuten, dass es aus Bohnen gemacht ist."
    Ein Bier gebraut aus Bohnen? Kann das sein? Pete Iannetta, schottischer Agrarbiologe, schnappt sich eine der 0,33-Liter-Flaschen und liest vor, was auf dem Etikett steht:
    "Das Bier enthält Wasser, Gerstenmalz, dicke Bohnen, Hopfen und Hefe. Die Bohnen sorgen für den feinen nussigen Geschmack."
    Pete Iannetta forscht am James Hutton Institute in Dundee. Er ist der Mann, der das Bier zusammen mit Kollegen entwickelt hat. Und der es jetzt von Schottland mit nach Liverpool schleppte. Nicht zu einer Brauerei-Fachmesse, sondern zur Jahrestagung der Britischen Ökologischen Gesellschaft.
    Ackerbohnen benötigen keinen künstlichen Stickstoff-Dünger
    Die Flaschen tragen nicht nur ein lindgrünes Etikett, sie enthalten auch ein grünes Bier, wenn man so möchte. Sein ökologischer Fingerabdruck ist kleiner als der von anderen Gerstensäften:
    "Das Bier nennt sich Tundra. Es ist der Name der Bohnen-Zuchtsorte, die wir verwendet haben, um es zu brauen. Wir ersetzen mit ihr 40 Prozent der Gerste im Bier. Dahinter steckt die Idee, dass Ackerbohnen keinen künstlichen Stickstoff-Dünger benötigen. Sie leben nämlich in Symbiose mit Wurzelbakterien, die den Stickstoff aus der Luft aufnehmen können."
    Stickstoff-Dünger hat seine Schattenseiten. Der Herstellungsprozess ist sehr energieaufwendig. Nach dem Ausbringen auf dem Feld entstehen zudem große Mengen klimaschädliches Lachgas. Und da von Jahr zu Jahr immer mehr Stickstoff-Dünger produziert und appliziert wird, trägt er auch immer stärker zur globalen Erwärmung bei.
    Deswegen Pete Iannettas Idee: Braugerste benötigt bis zur Ernte über hundert Kilogramm Stickstoff-Dünger pro Hektar, dicke Bohnen aber gar keinen. Könnte man also anstelle der Gerste nicht Bohnen vergären?
    "Unser Bier war gar nicht so leicht herzustellen, denn normalerweise können dicke Bohnen gar nicht vergoren werden. Sie enthalten zwar viel Stärke, was gut ist. Aber in ihren Schalen stecken Stoffe, die die Umsetzung der Stärke in Zucker verhindern."
    Streng geheimes Brauverfahren
    Es geht um den ersten Schritt des Bierbrauens, die Malzbereitung. Dafür braucht man Stärke als Rohstoff. Normalerweise stammt sie aus Gersten-Körnern. Die liefern auch gleich die Werkzeuge mit, um die Stärke abzubauen und in Zucker zu verwandeln. Es sind Enzyme, sogenannte Amylasen. Doch die werden von den Stoffen aus den Bohnenschalen lahmgelegt.
    Den schottischen Forschern ist es gelungen, diese molekularen Saboteure ihrerseits auszuschalten. Sodass die Amylasen aus der Gerste aktiv bleiben und nun auch die Bohnen-Stärke umsetzen können. Wie das funktioniert, will Iannetta aber nicht verraten:
    "Ich müsste Sie töten, wenn ich Ihnen das sagte!"
    Mit anderen Worten: Das Verfahren ist streng geheim!
    4.000 Flaschen wurden bisher abgefüllt, wie Pete Iannetta sagt. Man könne das Bohnen-Bier schon kaufen. Aber vorerst nur bei der schottischen Brauerei, die es herstellt.
    Bei Blind-Verkostungen sei es nicht von normalen Bieren mit ähnlich starker Hopfennote unterscheidbar gewesen. Gewisse Bedenken gegen Bohnen im Bier gibt es aber schon:
    "Oft werde ich gefragt, wenn jemand das Bier probiert: Krieg' ich davon später Blähungen? Aber keine Sorge! Der Hauptverursacher bei Bohnen ist Raffinose, ein Zucker. Wir haben das bei unserem Bier getestet: Da ist keine Raffinose mehr drin."
    Iannetta und seine schottischen Kollegen planen schon den nächsten Coup. Sie wollen jetzt sogar ein reines Bohnen-Bier brauen, ganz ohne Gerstenmalz und mit zugesetzter Amalyse. Auch das geht. Man würde sich dann einen Krug Bohnensaft genehmigen.
    "Cheers! Cheers!"