In Glasgow hat die Staatengemeinschaft darüber verhandelt, wie die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau begrenzt werden kann. Dieses Ziel war beim Klimagipfel 2015 in Paris beschlossen worden. Die in Glasgow vereinbarten Maßnahmen reichen dazu allerdings nicht aus. Beobachter sprechen trotzdem von einer erfolgreichen Konferenz.
Was sind die zentralen Beschlüsse?
Kohleausstieg: Die Welt soll aus der Kohleverbrennung aussteigen, zumindest sofern das entstehende Kohlendioxid nicht aufgefangen und gespeichert wird. Mehr als 190 Staaten, Regionen, Firmen und Institutionen unterzeichneten eine entsprechende Selbstverpflichtung, auch Deutschland. Die Forderung zum Kohleausstieg wurde im Schlussdokument allerdings abgeschwächt. Statt von einem Ausstieg ("phase-out") ist auf Druck der stark von Kohle abhängigen Staaten China und Indien nun nur noch von einem schrittweisen Abbau ("phase-down") die Rede.
Der "Klimapakt von Glasgow" enthält zudem die Forderung, "ineffiziente" Subventionen für Öl, Gas und Kohle zu streichen.
Klimaschutzpläne verbessern: Schon 2022 sollen die Staaten ihre bislang unzureichenden Klimaschutzpläne für dieses Jahrzehnt nachgebessert haben. Bisher waren Verbesserungen immer in größeren Zeitabständen geplant. Die neue Formulierung unterstreicht die Dringlichkeit im Klimaschutz, die inzwischen alle Länder sehen.
In der Erklärung wird zudem festgehalten, dass der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase weltweit noch in diesem Jahrzehnt um 45 Prozent sinken muss, wenn das 1,5-Grad-Limit erreichbar bleiben soll.
Zahlungen reicher Länder: Die reichen Länder werden aufgefordert, das zugesagte Geld für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel auch zu leisten. 2009 hatten sie in Kopenhagen zugestimmt, bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar zu mobilisieren. Das haben sie nicht geschafft. Die ausgefallenen Zahlungen sollen jetzt möglichst schnell nachgeholt werden.
Die Entwicklungsländer sollen mehr Geld für die Anpassung an den Klimawandel aufwenden können – etwa für Deichbau oder für eine klimaresistente Landwirtschaft. Konkret sollen die Finanzhilfen bis 2025 verdoppelt werden, also von aktuell jährlich rund 20 auf dann 40 Milliarden US-Dollar (etwa 35 Milliarden Euro).
USA-China-Pakt: Die USA und China möchten eine gemeinsame Arbeitsgruppe einrichten. Das hatten die beiden Staaten bereits am 10. November in Glasgow überraschend erklärt. Beide Seiten wollen gemeinsam und jede für sich den Umbau zu einer klimaneutralen Weltwirtschaft beschleunigen, wie es in der Erklärung heißt. Dazu werde man noch in diesem Jahrzehnt ehrgeizigere Klimaschutzmaßnahmen ergreifen. China trägt zu 27 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen bei, während die USA einen Anteil von elf Prozent haben.
Kann das 1,5-Grad-Ziel noch eingehalten werden?
Nicht mit den Beschlüssen aus Glasgow. Nach Berechnung des Wissenschaftsverbundes Climate Action Trackers erreicht die Erwärmung 2,4 Grad, wenn die soliden, mit mittelfristigen Plänen unterlegten Zusagen von Glasgow eingehalten werden. Falls auch die unverbindlichsten Zusagen erfüllt werden, kommt die Welt immer noch auf 1,8 Grad. Vor den Zusagen der Konferenz betrug die erwartete Erwärmung laut Climate Action Tracker 2,7 Grad. Noch sind das ohnehin nur Zusagen, nun müssen Taten folgen.
Welche weiteren Beschlüsse gibt es?
Neben den zentralen Beschlüssen brachten Bündnissse unterschiedlicher Länder am Rande der Konferenz weitere Ergebnisse, etwa zur Vermeidung des klimaschädlichen Methanausstoßes, zum Schutz von Wäldern, zum Ausstieg aus Erdöl und Erdgas oder zum Ende des Verbrennungsmotors.
Die prominentesten Fürsprecher hatte vermutlich das sogenannte "Globale Methan-Versprechen", lanciert von der EU und den USA. Es sei fantastisch, mehr als 80 Länder mit an Bord zu haben, so EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Glasgow. Auch US-Präsident Joe Biden schwärmte von dem Projekt: "Gemeinsam verpflichten wir uns, unsere Methan-Emissionen bis 2030 um 30 Prozent zu verringern. Das wird viel ausmachen."
Der Mathematiker und Klimamodellierer Chris Smith von der Universität Leeds relativiert die Ergebnisse allerdings: "Als Joe Biden und Ursula von der Leyen ihr Methan-Projekt in Glasgow vorstellten, sagten sie, es könne die globale Erwärmung um 0,2 Grad Celsius vermindern. Viele Länder planen aber sowieso, Methan zu reduzieren. Das steht schon in ihren nationalen Klimaschutzplänen. Deswegen ist der zusätzliche Abkühlungseffekt durch die Methan-Initiative viel kleiner als verlautet. Nach meinen Berechnungen liegt er lediglich zwischen 0,03 und 0,05 Grad."
Das Problem bei den anderen Aktionsbündnissen ist wiederum, dass längst nicht alle Länder dahinterstehen, machmal nur einige wenige. So macht beim Bündnis zum beschleunigten Öl- und Gasausstieg kein einziges der größten Förderländer mit. Deutschland, China und die USA wiederum wollen vom angestrebten Aus für Verbrennungsmotoren im Jahr 2040 nichts wissen. Auch große Autokonzerne wie BMW und Volkswagen unterstützen diese Bewegung nicht.
- Aus für Verbrenner-Motoren ab 2040 - Ein Klima-Vorstoß ohne Deutschland
- Methan-Strom aus Ruanda - Energie aus dem Vulkansee
- Kernziele zum Schutz der Biodiversität - Rodungen stoppen, Flächenfraß eindämmen
Wie wird das Ergebnis bewertet?
Dlf-Korrespondent Georg Ehring hat die Konferenz in Glasgow begleitet und ordnet die Ergebnisse so ein: "Die Beschlüsse sind recht weitreichend. Die Staaten haben nicht Geschichte geschrieben, aber zur Geschichte beigetragen. Man wird Glasgow trotz der Abschwächung in letzter Minute durch Indien als den Klimagipfel im Gedächtnis behalten, auf dem der Kohleausstieg weltweit eingeleitet worden ist."
Dlf-Korrespondent Georg Ehring bilanziert die Beschlüsse von Glasgow
Zwar verfehle auch die Konferenz in Glasgow mit ihren Zusagen das 1,5-Grad-Ziel. Die Konferenz daran zu messen, sei allerdings illusorisch. Ehring betonte, es sei wichtig, dass die Staaten vorgesehen hätten, beim nächsten Gipfel in Scharm el-Scheich 2022 in Ägypten nachzulegen: "Der Druck auf die Industrie- und Schwellenländer, ihre Klimaziele schnell zu verbessern, ist noch einmal formalisiert worden."
Die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) lobte den Deal. "Das fossile Zeitalter geht zu Ende, die Energiewende wird weltweit zum Leitbild", sagte sie. Der US-Klimabeauftragte John Kerry sagte, in Verhandlungen dürfe das vermeintlich Perfekte nie dem Guten im Wege stehen. "Und das hier ist gut."
Kritische Stimmen
Zahlreiche Klimaaktivisten hatten sich hingegen schon während der Konferenz enttäuscht gezeigt. Die Klimaaktivistin Greta Thunberg hatte die COP26 auf einer Großveranstaltung am 5.11.2021 bereits als "Greenwashing-Festival" bezeichnet. Thunberg zog eine vernichtende Bilanz. "Die COP26 ist vorbei. Hier ist eine kurze Zusammenfassung: Blah, blah, blah", twitterte die Schwedin. Sie war zur Halbzeit der Konferenz zusammen mit Zehntausenden Demonstranten auf die Straße gegangen und dann abgereist.
Auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, äußerte sich ernüchtert. "Es ist ein wichtiger Schritt, aber es ist nicht genug. Es ist Zeit, in den Notfallmodus zu gehen."
Christoph Bals vom umwelt- und entwicklungspolitischen Verband Germanwatch zog diese Bilanz: "Das Ergebnis ist insgesamt nicht gut, weil das 1,5- Grad-Limit noch nicht in Reichweite gekommen ist. Die großen Emittenten, allen voran China, haben ihre neuen Klimaziele noch nicht eingereicht. Das müsste deutlich nachgebessert werden. Indien hat sein Klimaziel noch nicht eingereicht. Und bei den USA wissen wir noch nicht, wie belastbar das ist, dass das tatsächlich umgesetzt wird."
Im Jahr 2022 werden die Staaten neue Klimaziele einreichen, über sie wird dann auf der nächsten Klimakonferenz in Scharm el-Scheich in Ägypten gesprochen. Dort sollen die Klimaziele weiter aufgestockt werden. Um das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen zu können, werden mit fortschreitender Zeit allerdings immer drastischere Maßnahmen nötig.
Auch bei der kommenden Konferenz werde man allerdings vermutlich wieder das Problem haben, dass einige Länder auf der Bremse stehen, sagte der Kommunikationswissenschaftler Antal Wozniak (1.11.2021) im Deutschlandfunk. Denn die Verhandlungen im Rahmen der UN-Klimakonferenz finden nach dem Konsensprinzip statt, alle Staaten müssen zustimmen. Das führe dazu, dass "eigentlich die Mitglieder der Vereinten Nationen mit den geringsten Ambitionen mehr oder weniger das Tempo vorgeben".
(Quellen: Georg Ehring, Volker Mrasek, dpa, AFP, Reuters, pto, aha)