Ob gegen Rassismus oder Homophobie, viele Fangruppen im Fußball äußern sich zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Das Thema Klimawandel werde von den Fans bisher jedoch eher selten angesprochen, sagt Fanforscherin Jenny Amann von der Universität Brighton im Dlf.
Wenn man etwas gegen den Klimawandel tun wolle, brauche es "ein Umdenken in breiten Teilen der Bevölkerung und auch Akzeptanz für tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen und das auch ziemlich schnell", sagt sie. Dafür brauche es auch den Fußball. "Es ist nun einmal so, dass kaum eine soziale Aktivität so viele Menschen zusammenbringt, wie der Fußball."
Zusammenhang zwischen Fußball und Klimawandel herstellen
Um Fans für den Klimaschutz zu begeistern, müsse der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Fußball deutlich gemacht werden. "Dass unser Fußball-Erlebnis, ob als Aktive oder Fans, auch vom Klimawandel betroffen ist, scheint noch nicht ganz so offensichtlich zu sein. Diesen Zusammenhang sichtbarer zu machen ist etwas, was helfen kann."
Amann betont, dass nicht die Fans oder Fangruppen allein zur Verantwortung gezogen werden können. "Sondern es geht darum, zu zeigen, dass dieses Thema uns Fans auch ein Anliegen ist und dadurch dann auch Druck auf Clubs, Ligen und Verbände auszuüben."
Klimaschutz für viele Fans bereits ein Anliegen
Zwar seien die Fans durch Reisebewegungen für einen Großteil der CO2-Emissionen verantwortlich, so Amann. "Aber das ist ja nicht die Kernursache des Problems, sondern eher ein Symptom unnachhaltiger Strukturen, insbesondere im professionellen Fußball, wo ich gerne die Frage stelle, wer den Kontext bestimmt, in dem sich Fans verhalten können. Da mit Fans ins Gespräch zu gehen und Lösungen zu suchen, ist eine ganz gute Variante."
Vielen Fans sei Klimaschutz bereits ein Anliegen, "nur ist es immer noch nicht so, dass dieses Thema im Stadion angekommen ist."
Für eine Studie zum Thema Fans und Klimawandel hat Amann Fans des englischen Siebtligisten Whitehawk FC begleitet. Der Verein ist die Pilotstudie einer in England initiierten Kampagne von Fußballfans namens Pledgeball gewesen. Bei dieser Kampagne wählen Fans an einem Spieltag eine oder mehrere klimafreundliche Maßnahmen aus und führen diese dann für den Lieblingsverein aus. So enstand ein Wettbewerb unter den Fangruppen.
Für Fans, die bisher noch nicht mit dem Thema Klimawandel in Berührung gekommen seien, habe Pledgeball etwas Motivierendes gehabt, sagt Amann. Vielen sei auch klar geworden, was eine Gruppe bewirken kann, wenn es um Klimaschutz-Maßnahmen geht. Für viele sei Pledgeball auch ein Anlass gewesen, Dinge wie vegane Ernährung auszuprobieren, "um dann auch festzustellen: Moment mal, so schlimm ist das gar nicht".
Veränderungen auch im Verein
Durch Pledgeball sei sichtbar geworden, dass Klimaschutz vielen Fans ein Anliegen sei, so Amann. "Auch der Verein hat gemerkt: Oh Moment mal, unsere Fans interessiert das Ganze, vielleicht sollten wir da auch mal ein bisschen mehr machen. Man hat dann Mehrwegbecher eingeführt, man hat Mülltrennung im Stadion eingeführt, man ist mit den lokalen Transportanbietern ins Gespräch gekommen, damit das Stadion besser an den öffentlichen Nahverkehr angebunden ist." So habe Pledgeball nicht nur bei den Fans etwas ausgelöst, sondern auch beim Verein.
Um das Thema Klimaschutz auch bei anderen Fangruppen zu etablieren, sei es wichtig, sich mit den jeweiligen Fangruppen auseinanderzusetzen. Denn jede Fangruppe sei unterschiedlich, sagt Amann.
"Dann macht es natürlich auch Sinn, die Fußballkultur generell mit einzubeziehen. Was aber wirklich wichtig ist, ist sichtbare strukturelle Veränderungen vorzunehmen. Fans sind da keine Ausnahme. Wenn wir nicht sehen, dass um uns herum Nachhaltigkeit ernst genommen wird und auch Clubs, Ligen und Verbände ernsthafte Veränderungen vornehmen, ist es schwierig, Fans zu vermitteln, warum sie auch etwas ändern sollten, während ihr Verein beispielweise immer noch auf Inlandsflüge zurückgreift, die DFL auf Internationalisierungskurs ist, oder die UEFA und FIFA ihre Wettbewerbe immer vergrößern, was dann zu mehr Reisebewegungen führt."
Die eine Strategie, die funktioniert, gebe es nicht, sagt Amann. "Von daher lohnt es sich aber, im Vorfeld mit den jeweiligen Menschen ins Gespräch zu kommen und ihre Werte, Interessen und Bedrüfnisse zu verstehen und dann eine Herangehensweise zu finden, die mit diesen Bedürfnissen resoniert."