"Wir müssen die Trennung von Natur und Menschen aufheben und die Natur als Rechtssubjekt anerkennen."
So der Wirtschaftswissenschaftler Alberto Acosta. Er war Minister für Energie und Bergbau in Ecuador. Noch bedeutender aber ist: Acosta war von 2007 bis 2008 Präsident der verfassungsgebenden Versammlung seines Landes. Damit war er maßgeblich daran beteiligt, dass Ecuador 2008 als erstes Land die Rechte der Natur in der Verfassung festschrieb - Rechte, die seitdem von jedem Bürger und jeder Bürgerin des Landes vor Gericht eingeklagt werden können.
Mittlerweile sind andere gefolgt – in Bolivien und Uganda genießen die Rechte der Natur ebenfalls Verfassungsrang. In anderen Ländern haben Gerichte Tiere, Pflanzen oder Biotope als so genannte "Rechtsubjekte" anerkannt, die – anders als "Rechtsobjekte" – eigene, einklagbare Rechte haben. Und in mehr als 36 Ländern weltweit, so Alberto Acosta, werde das Thema heute mehr oder weniger offiziell diskutiert.
Wäre ein solcher Paradigmenwechsel also auch in Europa denkbar? Und: Könnte er zu einem anderen, neuen Verhältnis zwischen Mensch und Natur beitragen? So womöglich dazu beitragen, den Klimawandel - besser als beispielsweise bisher beim Gipfel in Glasgow erkennbar - einzudämmen?
Sie gilt als letzter großer Wildfluss Deutschlands: Die Isar in ihrem oberen Verlauf - zwischen der Quelle im österreichischen Karwendelgebirge und dem Sylvenstein-Stausee. Zahlreiche einheimische Tier- und Pflanzenarten finden hier ihr Zuhause. Noch. Denn die Idylle ist bedroht. Ausgerechnet durch ein eigentlich umweltfreundliches Wasserkraftwerk. Weil das Wasser der Isar gestaut, und weil ein Großteil davon entnommen werden muss.
"Also hier kommt dann eben die Isar an, und wird von dem Wehr gestaut und dann durch diese Stauanlage durchgelassen und in zwei Flüsse geteilt: Einmal normal die obere Isar weiter und einmal geht es eben zum Walchensee weiter", erzählt Emmanuel Schlichter.
Der 26jährige Rechtsreferendar setzt sich seit Jahren für den Schutz der Isar ein. Er befürchtet, dass die einzigartige Wildflusslandschaft irreparabel beschädigt wird. Das Problem: Einerseits wird der Oberen Isar durch die Teilung eine große Menge Wasser entnommen, zu viel, wie EmmanuelSchlichter sagt. Und zum anderen hält die Stauvorrichtung – das Krühner Wehr – den Kies, der für die obere Isar so typisch ist, zurück.
"Sodass es quasi sich verwandelt, von diesem einzigartigen alpinen Wildfluss, den wir in Deutschland nur noch einmal haben, zu einem ganz normalen störrischen geraden Fluss, der quasi gebändigt ist und wo natürlich die Flora und Fauna, die diese Bedingungen braucht, nicht mehr überleben kann. Und das ist ein Desaster im Grunde genommen, weil dort die natürliche Vielfalt verschwindet und nicht mehr zurückholbar ist."
"Genug Strom für uns produzieren aber gleichzeitig Natur erhalten"
Emmanuel Schlichter und seine Mitstreiter wollen nun vor allem im Gespräch mit dem Betreiber des Kraftwerks Lösungen finden.
"Das Ziel ist nicht, gerade insbesondere in dem Fall nicht, Ökostrom gegen Natur auszuspielen, sondern wir wollen ja eigentlich zeigen, dass wir beides können. Wir können, wenn wir Rücksicht nehmen auf die Natur, genug Strom für uns produzieren aber gleichzeitig die Natur erhalten, die so einzigartig ist und diese Region zu dem Besonderen macht, die sie ist."
Auch ein weiterer Weg, so hoffen die Umweltschützer, könnte zum Ziel führen: Emmanuel Schlichter hat gemeinsam mit anderen ein Volksbegehren gestartet. In der bayerischen Verfassung soll das Konzept verankert werden, der Natur eigene Rechte zu geben. Damit einhergehend sollen jeder Bürger und jede Bürgerin im Namen der Natur vor Gericht klagen können – um deren Interessen durchzusetzen.
"Da sehen wir eben in Bayern; die Möglichkeit Vorreiter zu werden. Wir könnten zeigen, dass im Herzen Europas es möglich ist, ein grundlegendes Umdenken hervorzurufen ..."
Auch ein weiterer Weg, so hoffen die Umweltschützer, könnte zum Ziel führen: Emmanuel Schlichter hat gemeinsam mit anderen ein Volksbegehren gestartet. In der bayerischen Verfassung soll das Konzept verankert werden, der Natur eigene Rechte zu geben. Damit einhergehend sollen jeder Bürger und jede Bürgerin im Namen der Natur vor Gericht klagen können – um deren Interessen durchzusetzen.
"Da sehen wir eben in Bayern; die Möglichkeit Vorreiter zu werden. Wir könnten zeigen, dass im Herzen Europas es möglich ist, ein grundlegendes Umdenken hervorzurufen ..."
Bislang steht der Mensch im Mittelpunkt des Rechtssystems
Und ein grundsätzliches Umdenken wäre dann tatsächlich nötig. Denn die meisten Rechtsordnungen erkennen nur Menschen und durch Menschen geschaffene Organisationen als Rechtssubjekte an und gestehen ihnen somit individuelle Rechte zu.
"Bislang kann man sagen, leben wir eigentlich in anthropozentrisch organisierten Gesellschaften,"
sagt der Hamburger Soziologe Frank Adloff. Das heißt: Im Mittelpunkt unseres Moral- und Rechtssystems steht der Mensch.
"Es geht jetzt hier um den Schutz des menschlichen Lebens, um Interessen von Menschen in Gesellschaften, die sich klar abgrenzen von anderen nichtmenschlichen Entitäten, von der Natur. Und das hat auch dazu geführt, dass wir in den letzten Jahrzehnten viele Diskussionen geführt haben, um Klimawandel, um den Schutz der Biodiversität, aber eigentlich wird das ethisch hauptsächlich begründet, aus einem menschlichen Eigeninteresse. Wir brauchen bestimmte natürliche Begebenheiten, wir brauchen bestimmte natürliche Ressourcen und so weiter. Und dann denkt man immer in einer Mittel-Zweck-Kategorie. Es geht um menschliche Zwecke, um menschliche Bedürfnisse und die Natur, die brauchen wir als Mittel für unser Überleben, für unser gelingendes Leben."
"Bislang kann man sagen, leben wir eigentlich in anthropozentrisch organisierten Gesellschaften,"
sagt der Hamburger Soziologe Frank Adloff. Das heißt: Im Mittelpunkt unseres Moral- und Rechtssystems steht der Mensch.
"Es geht jetzt hier um den Schutz des menschlichen Lebens, um Interessen von Menschen in Gesellschaften, die sich klar abgrenzen von anderen nichtmenschlichen Entitäten, von der Natur. Und das hat auch dazu geführt, dass wir in den letzten Jahrzehnten viele Diskussionen geführt haben, um Klimawandel, um den Schutz der Biodiversität, aber eigentlich wird das ethisch hauptsächlich begründet, aus einem menschlichen Eigeninteresse. Wir brauchen bestimmte natürliche Begebenheiten, wir brauchen bestimmte natürliche Ressourcen und so weiter. Und dann denkt man immer in einer Mittel-Zweck-Kategorie. Es geht um menschliche Zwecke, um menschliche Bedürfnisse und die Natur, die brauchen wir als Mittel für unser Überleben, für unser gelingendes Leben."
Deutlich wird das beispielsweise beim Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom Frühjahr 2021. Die Karlsruher Richter hatten festgestellt, dass die Bundesrepublik nicht genug getan hat, um die selbst gesteckten Ziele beim Klimaschutz zu erreichen. Für den Erfolg der Klage war essenziell, dass Menschen in ihren Rechten verletzt werden könnten. Das Gericht argumentierte mit der Freiheit künftiger menschlicher Generationen, die gefährdet sei, wenn der Klimaschutz nicht ernster genommen werde.
Die Verfechter der Rechte für die Natur wollen ein anderes Konzept dagegensetzen: Sie wollen weg von einem Konzept, in dem sich alles nur um den Menschen dreht, ihn in den Mittelpunkt aller Existenz stellt. Der Soziologe Frank Adloff.
"Dann würde die Natur als eine zu achtende Partnerin erscheinen. Dann würde sich das ganze Verhältnis zur Natur ändern müssen, weil tatsächlich hier immer wieder auch die Eigeninteressen natürlicher Entitäten berücksichtigt, abgeglichen werden müssen mit den menschlichen Bedürfnissen. Und dann würde so etwas wie eine Waffengleichheit, juristisch gesehen, hergestellt werden können."
Insbesondere in latein- und südamerikanischen Staaten wird der Natur bereits ein anderer – stärkerer – Status zugesprochen als hierzulande. Nicht zuletzt indigene Traditionen spielen dabei eine Rolle. In Ecuador etwa wird die Natur mit "Pachamama" - "Erdmutter" - gleichgesetzt. Die "Erdmutter", in der sich das Leben realisiert und reproduziert. Sie habe das Recht, so heißt es in der dortigen Verfassung, dass ihre Existenz, der Erhalt und die Regenerierung ihrer Lebenszyklen, Struktur, Funktionen und ihre Entwicklungsprozesse umfassend respektiert werden.
Rechststreit: "Sollten Bäume klagen können?"
Als Vater des Konzeptes, in dem die Natur als Rechtssubjekt festgeschrieben werden soll, gilt der im Mai verstorbene US-amerikanische Umweltrechtler Christopher Stone. Er hatte 1972 einen wegweisenden Text geschrieben: "Should trees have standing?" – sinngemäß übersetzt etwa: "Sollten Bäume klagen können?". Motiviert waren seine Ausführungen durch einen Rechtsstreit, der um ein alpines Gletschertal in Kalifornien geführt wurde. "Walt Disney Enterprises" wollte dort ein Skiresort bauen. Die Naturschutzorganisation "Sierra Club" klagte gegen die Pläne, mit dem Argument, die Erschließung des Tales würde irreparable Schäden verursachen. Das Bezirksgericht entschied, dass die Klage der Naturschutzorganisation "Sierra Club" nicht zulässig sei. Sie habe nicht geltend machen können, dass ihre eigenen Rechte, also die Rechte der Naturschutzorganisation, verletzt worden seien.
40 Jahre später sagte Christopher Stone dazu in einem Interview:
"Als ich von dem Fall hörte, dachte ich, das ist lächerlich. Ob sie nun das "Mineral King Valley" bebauen oder nicht, ich weiß nicht, wie es ausgehen würde. Aber der Fall sollte zumindest gehört werden. Und wenn es das Problem ist, dass "Sierra Club" nicht klagebefugt ist, weil sie nicht selbst betroffen sind, warum sagt man dann nicht, das "Mineral King Valley" hat den Schaden."
Der Prozess ging bis zum Obersten Gericht, dem US Supreme Court. Auch der lehnte die Klage ab. Doch einer der Richter, Justice Douglas, stimmte gegen seine Kollegen und sprach sich für die Idee von Stone aus.
Doch wie stellt sich die rechtliche Situation in Deutschland dar?
Die deutsche Verfassung sieht die Natur nicht als "Subjekt" mit klar definierten Rechten, sie sieht sie lediglich als "Objekt", wenn auch als bewahrenswertes "Objekt". Seit 1994 wird der Staat durch Artikel 20a Grundgesetz verpflichtet, die Natur zu schützen. Aber: Ein korrespondierendes, einklagbares Recht auf den Schutz der Natur gibt es nicht.
"Rechtssystem in Deutschland ist anthropozentrisch"
Das sei auch richtig so, sagt Katja Gelinsky, Juristin bei der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Das Rechtssystem in Deutschland sei eben anthropozentrisch, sei von Menschen und für Menschen gemacht, sagt sie. Nur Menschen seien damit Akteure. Dieses Kernprinzip könne man nicht einfach ändern, indem man weitere Rechte vergibt.
"Ich glaube, dass der Mensch leider nicht aus seiner Haut herauskommt, weil der Mensch nun mal derjenige ist, der unser gesamtes Rechtssystem bestimmt, und er kann das nicht an die Natur abgeben. Also wenn er der Natur Rechte zubilligt, dann geschieht das ja immer aus seinem durchaus auch beschränkten Horizont heraus. Es ist immer der Mensch, der der Natur dann etwas zuteilt. Und daran kommt man nicht vorbei. Wenn man hier der Natur Rechte zubilligt, dann läuft das auf eine Fiktion hinaus. Und da hätte ich die Sorge, dass man sich selbst täuscht."
Auch der Bonner Rechtsprofessor Klaus Ferdinand Gärditz sieht das Konzept kritisch. Er befürchtet vor allem, dass die grundgesetzlich garantierte Menschenwürde in ihrer Bedeutung gefährdet werde, wenn Rechte der Natur anerkannt würden.
"Also, nehmen wir mal an, wir sagen, ja auch die Säugetiere um uns herum kriegen Eigenrechte. Das bedeutet ja nicht nur, wir geben denen was, sondern es bedeutet auch, wir begeben uns auf eine Ebene der Gleichordnung. Wenn Sie qualitativ das, was wir mit Menschenwürde, als unverzichtbar, nicht verhandelbar ausflaggen, verteidigen wollen, wird es immer schwieriger, umso größer der Pool der Rechteinhaber ist. Und wenn wir dieses Alleinstellungsmerkmal aufgeben, sehe ich da jedenfalls Risiken drin, dass wir uns vergaloppieren."
Verbände könnten stellvertretend für Tiere und Pflanzen vor Gericht ziehen
Der Soziologe Frank Adloff sieht diese Gefahr nicht: "Es führt ja nicht zwangsläufig dazu, dass die Natur auf die gleiche Ebene gehoben wird. Wenn man beispielsweise ins Grundgesetz eine Formulierung aufnehmen würde, wie "Die Rechte der Natur sind zu achten und zu schützen", dann bleibt es dabei, dass das Primat der Menschenwürde besteht und im Zweifelsfall, Gegenargumente, die anderen Interessen, die anderen Rechtssubjekte, die natürlichen Rechtssubjekte nichtsdestotrotz in einer gewissen Unterordnung gegenüber dem Artikel 1 des Grundgesetzes stehen werden."
Für Rechtsprofessor Gärditz gibt es aber noch weitere Kritikpunkte. Er sieht keinen praktischen Nutzen, wenn Verbände - stellvertretend für Tiere, Pflanzen oder Biotope - vor Gericht ziehen könnten. Das wäre bereits heute möglich. Und in der Tat, es gibt die so genannte "Verbandsklage", mit der beispielsweise Umweltverbände im Interesse der Allgemeinheit Klagen erheben können.
"Was ist dann jetzt darin der Gewinn, wenn die jetzt nicht sagen, wir klagen das ein als Sachwalter eines Gemeininteresses, sondern, ja wir sind die Anwälte des Blaukehlchens. Diese fingierten Eigenrechte der Natur bewirken zunächst mal nichts, was jenseits einer vielleicht symbolischen Aufwertung irgendeinen Effektivitätsgewinn bringt."
"Was ist dann jetzt darin der Gewinn, wenn die jetzt nicht sagen, wir klagen das ein als Sachwalter eines Gemeininteresses, sondern, ja wir sind die Anwälte des Blaukehlchens. Diese fingierten Eigenrechte der Natur bewirken zunächst mal nichts, was jenseits einer vielleicht symbolischen Aufwertung irgendeinen Effektivitätsgewinn bringt."
Kaum Klagerechte gegen Unternehmen
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer bei der schon jetzt in Umweltsachen klageberechtigten "Deutschen Umwelthilfe" würde es dagegen begrüßen, sollte die Natur Subjekt und sollten ihr damit Rechte verliehen werden. Seiner Meinung nach weist das derzeitige Verbandsklagerecht erhebliche Lücken auf, die auf diese Weise geschlossen werden könnten.
"Wir haben ja in Deutschland das Umweltrechtsbehelfsgesetz, das geht auf Europäisches Recht zurück und da können wir jetzt gegen Verwaltungsakte klagen. Also beispielsweise, wenn wir einen Grenzwert haben, der nicht eingehalten wird, können wir die Behörden auffordern, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Wo es schon schwierig wird, ist, auf allgemeine Ziele wie den Klimaschutz zu klagen. Und zum Beispiel gegen Unternehmen haben wir momentan überhaupt keine Klagerechte. Da gibt es noch ganz, ganz viele Lücken, auch im Vergleich zu anderen Ländern."
Hoffnungen sind bei den Befürwortern groß
Die Hoffnungen der Befürworter sind groß, mehr für Natur und Umwelt bewirken zu können. Emmanuel Schlichter, Mitinitiator des Volksbegehrens in Bayern, beispielsweise glaubt, dass – sollte die Natur als Rechtssubjekt verankert sein – ihre Belange deutlich häufiger verhandelt würden. Denn: Jeder und jede werde dann auch das Recht haben, im Namen der Natur vor Gericht zu ziehen.
"Wenn diese Klagebefugnisse erweitert werden würden, beziehungsweise man im Namen der Natur klagen könnte, würden geltende Gesetze umgesetzt werden. Und das ist ein essentieller Teil. Wenn geltende Gesetze im Umweltschutz bereits so umgesetzt werden würden, wie sie stehen – auf europäischer, auf bayerischer und auf Deutschlandebene – dann wäre schon viel gewonnen. Denn die Gesetze sind meistens nicht das Problem, sondern die Umsetzung."
Als Aktivist, der sich auch für die Belange der Oberen Isar einsetzt, hofft Schlichter, dass es dann – also, wenn die Natur als "Subjekt" festgeschrieben würde - möglich wäre, die zuständige Behörde auf dem Klageweg zu zwingen, dem Betreiber des Wasserkraftwerks schärfere Auflagen zum Schutz von Flora und Fauna aufzuerlegen. Und, dadurch, dass mehr Klagen eingingen, die Auflagen von den Behörden auch durchgesetzt würden.
Erfolgreiche Gerichtsurteile in Equador
Im aufkommenden juristischen Diskurs um "die Natur als Rechtssubjekt" darf eine weitere Dimension nicht unterschätzt werden: Die der Symbolik. Denn, sollte es tatsächlich zu einem wirklichen Perspektivwechsel und einer Anerkennung der Natur kommen, könnten die entsprechenden Argumente dann nicht nur vor Gericht, sondern auch in der politischen Auseinandersetzung eine wichtige Rolle spielen. In Ecuador sei das bereits der Fall, erzählt Alberto Acosta. Denn dort gebe es zwar bisher erst ein paar dutzend erfolgreiche Gerichtsverfahren, deren Urteile aufgrund der politischen Verhältnisse auch nicht alle umgesetzt würden, aber: "Die Sache ist, dass viele Leute, viele Aktivisten, viele indigene Gruppen die Rechte der Natur als eine Fahne für ihren Kampf um den Schutz der Natur benutzen."
Mehr Demokratisierung
Und eine solche breite Beteiligung an einem Diskurs könne dann zu einer weiteren positiven Entwicklung führen - zu mehr Demokratisierung. So der Rechtswissenschaftler Andreas Gutmann. Er forscht an der Universität Bremen zu den möglichen Konsequenzen einer Gewährung von Rechten an die Natur.
"Die Idee ist ja, dass möglichst viele Menschen oder Gruppen für die Natur sprechen, dass wir das dann auch irgendwie demokratisieren und einen pluralistischen Diskurs schaffen, darüber, was ist die Natur und was für eine Natur wollen wir und was will die Natur vielleicht selber."
EU-Studie macht macht wenig Hoffnung auf erweiterte Umweltgesetze
Der Soziologe Frank Adloff glaubt, dass es nicht nur zu juristischen, sondern auch gesellschaftspolitischen Folgen kommen könnte, wenn das Verhältnis zwischen Mensch und Natur neu justiert würde.
"Man könnte sich auch politische Bewegungen vorstellen, die jetzt sagen, wir brauchen eigentlich ein neues Verständnis von dem "Demos", wer gehört eigentlich dazu zur Demokratie? Wer wird repräsentiert? Und hier gibt es auch in der Politikwissenschaft interessante Debatten, die sagen, wir müssten eigentlich auch natürliche, nicht menschliche Lebewesen repräsentiert sehen in demokratischen Verfahren."
Das dürfte allerdings noch ferne Zukunftsmusik sein. Die Diskussion um die Natur als "Rechtssubjekt" findet jedoch schon heute statt. In Deutschland, aber auch in anderen Ländern. Das Europäische Parlament hat vor einigen Monaten eine Studie erstellen lassen, in der untersucht wurde, ob das Konzept, die Natur als "Rechtssubjekt" anzuerkennen, einen Mehrwert für den Bereich des Umweltrechts der EU bringen könnte. Das Ergebnis ist eher ernüchternd. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass, so heißt es im Abschlussbericht, das Konzept wohl mit der gleichen Realität und den gleichen Problemen zu kämpfen habe wie die bereits bestehenden Umweltgesetze. Vor allem mit Blick auf deren schwache Durchsetzung.