Kommentar zur Deutschen Bahn
Familienreservierung abschaffen - eine fehlerhafte Preispolitik

30 Cent mehr für die Reservierung, schlechtere Bedingungen für Familien: Die Bahn spart auf Kosten der Fahrgäste. Die Politik sollte eingreifen. Schließlich befindet sich die Bahn in Staatsbesitz - und gehört damit uns allen.

Von Benjamin Hammer |
Fahrgäste warten am Hamburger Hauptbahnhof auf ihren Zug. Im Hintergrund ist ein Regionalexpress zu sehen.
Die Deutschen Bahn erhöht ihre Preise. Das sorgt für Empörung bei Fahrgast- und Sozialverbänden und in der Politik. (picture alliance / pressefoto_korb / Micha Korb)
Es gibt in großen Verkehrsunternehmen Berater und Managerinnen, die sind wahre Trüffelschweine. Sie machen sich auf die Suche nach Leistungen, für die eine zusätzliche Gebühr verlangt werden kann. Bei den Fluggesellschaften waren die Trüffelschweine in den vergangenen Jahren besonders aktiv.
Den Sitzplatz beim Check-in-Auswählen, Aufgabegepäck und sogar der Kabinen-Trolley: Dafür wird mittlerweile oft ein Aufpreis fällig. Umbuchen: Geht bei vielen Tarifen gar nicht mehr. Großzügige Rabatte für Kinder? Gibt es kaum noch. Schließlich blockieren die einen wertvollen Sitzplatz!
Nach getaner Arbeit übergeben die Manager-Trüffelschweine an die PR-Abteilungen der Airlines. Die verkaufen die Preiserhöhungen dann in blumigen Werbeworten als Wahlfreiheit. Man kann sich über dieses für die Kunden unwürdige Spiel aufregen. Aber im Bereich der Luftfahrt regiert der freie Markt. Und wenn es der Markt hergibt, gilt: erst fluchen und dann zähneknirschend buchen. Bei der Deutschen Bahn liefen die Dinge bislang wohltuend anders.

Kinder werden auch zahlende Kunden

Kinder bis einschließlich 14 Jahren fahren in Begleitung von Erwachsenen kostenlos. Im Bord-Bistro gibt es Kindermenüs zu Preisen, die so niedrig sind, dass die Trüffelschweine Schnappatmung bekämen. Und bislang konnten Familien bis zu fünf Sitzplätze zum Preis von zweien reservieren. Das ergibt alles großen Sinn: Die Bahn befindet sich zu 100 Prozent in Staatsbesitz und ist kein gewöhnliches Unternehmen. Stichwort: Daseinsvorsorge.
Dass Familien Bahn statt Auto fahren oder sogar fliegen, ist für das Erreichen der politischen Klimaziele wichtig. Und: Kinder, die heute entspannt mit Reservierung und geschenktem Spielzeug-ICE verreisen, werden morgen hoffentlich zu zahlenden Kunden.
Doch die Trüffelschweine sind längst auch in der Konzernzentrale der Deutschen Bahn aktiv. Sie erhöhen jetzt den Preis für eine Sitzplatzreservierung in der 2. Klasse von 5,20 auf 5,50 Euro, weil man das halt so macht und weiß, dass Fahrgäste lieber 30 Cent mehr zahlen, als an einem Freitagnachmittag auf dem Boden eines ICE vor den Toiletten zu sitzen.

Keine Familienreservierungen mehr

Und dann schaffen die Managerinnen auch noch die Familienreservierung ab. Ein Angebot, das die Bahn relativ wenig kostete, aber bei vielen Familien bislang für ein "Wow, Deutsche Bahn, Danke, wegen solcher Dinge fahren wir mit Euch" sorgte.
Zugegeben: Die Bahn hat es nicht leicht. Sie soll privatwirtschaftlich und möglichst kostendeckend wirtschaften. Aber bei so gigantischen Summen, die die Bahn bewegt, sollen es 30 Cent mehr für eine Reservierung und schlechtere Bedingungen für Familien rausreißen? Es ist deswegen richtig, dass sich die Politik gerade einmischt und eine Fortführung der günstigen Familienreservierungen fordert. Und auch wir Bürgerinnen und Bürger dürfen bei der DB auch einmal etwas fordernder werden: Denn die Bahn gehört uns allen - und nicht den Trüffelschweinen.

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