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Kommentar zur DSV-Entschädigung
Ex-Wasserspringer Jan Hempel: Ein wichtiges Signal

Der Deutsche Schwimmverband zahlt dem ehemaligen Wasserspringer Jan Hempel insgesamt 600.000 Euro Entschädigung wegen jahrelangen sexuellen Missbrauchs durch einen Trainer. Das ist das Ergebnis einer Schlichtung. So gibt es zwar kein rechtskräftiges Urteil, aber ein wichtiges Signal, kommentiert Andrea Schültke.

Von Andrea Schültke |
Der ehemalige Spitzensportler Jan Hempel (Wasserspringen) erhält den Deutschen Kinderschutzpreis und spricht bei der Verleihung. Im Rahmen einer Dokumentation deckte Jan Hempel schwere Missstände im Schwimmsport auf.
Jan Hempel, ehemaliger Wasserspringer, wurde jahrelang sexuell missbraucht. Nun hat es eine Einigung mit dem Deutschen Schwimm-Verband (DSV) über Schmerzensgeld gegeben. (picture alliance / dpa / Bernd WeiÃbrod)
Die Zahlung von insgesamt 600.000 Euro an den schwerkranken ehemaligen Wasserspringer ist ein Singal in viele Richtungen. Eine Weichenstellung – auch für die finanzielle Entschädigung anderer Betroffene aus dem Sport.
Denn zum ersten Mal hat hier ein deutscher Sportverband offiziell Verantwortung übernommen – für schwere Straftaten, die innerhalb seiner Strukturen geschehen sind. Er hat das Leid anerkannt, vor dem er seinen Athleten nicht geschützt hat.
Um es ganz klar zu sagen: Eine Wiedergutmachung ist dieses Geld natürlich nicht. Das, was Jan Hempel und die unzähligen anderen Betroffenen sexualisierter Gewalt im Sport erfahren mussten, ist niemals wieder gut zu machen.
Aber das Geld kann ihnen möglicherweise ein besseres Überleben mit den Folgen der Übergriffe sichern. Eine bessere Gesundheitsversorgung ermöglichen, notwendige Therapien finanzieren oder eine Rente aufstocken. Auch deshalb ist die Einigung des Deutschen Schwimmverbandes mit Jan Hempel ein wichtiges Signal.

Sieg vor Gericht hätte weitreichendere Folgen gehabt

Eine Betroffene sexualisierter Gewalt im Sport hat die Entscheidung so kommentiert. Sie freut sich für Jan Hempel, hätte sich aber anstatt einer Schlichtung ein Gerichtsurteil gewünscht.
Ein wichtiger Punkt. Denn im Bereich der katholischen Kirche gibt es das. Das Kölner Landgericht hatte im Sommer Fakten geschaffen und in einem Zivilprozess das Erzbistum Köln zur Zahlung von 300.000 Euro Schadensersatz an einen ehemaligen Messdiener verurteilt. Der hatte jahrelang schwere sexuelle Gewalt durch einen Priester erfahren. Eine Grundlage, auf die sich andere Betroffene im Kirchenkontext nun berufen können.
Ein Sieg Hempels vor Gericht hätte weitreichendere Folgen gehabt als eine Schlichtung, das Risiko einer Niederlage war aber zu groß.

Andere Verbände können sich nicht mehr herausreden

Mit der Entschädigungszahlung müssen sich jetzt andere Verbände darauf gefasst machen, dass auch Betroffene aus ihrer Sportart zu Recht Forderungen stellen. Ein Herausreden wie bisher mit Sätzen wie: "Wir verlieren unsere Gemeinnützigkeit, wenn wir Entschädigungen zahlen", gilt wohl nicht mehr.
Jeder Verband, der jetzt mit Ausreden kommt, steht zweifellos schlecht da. Als einer, der das Leid der Betroffenen nicht anerkennen und keine Verantwortung übernehmen will.

Langes Verfahren mit ungewissem Ausgang abgewendet

Natürlich hat auch der Deutsche Schwimmverband nur auf Druck reagiert – und nach langwierigen Verhandlungen. Wenn Jan Hempels Anwalt nicht mit einer Millionenklage gedroht hätte, hätte der ehemalige Wasserspringer nie auch nur einen Cent gesehen.
Mit dem Ergebnis der Schlichtung hat er ein langes Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang abgewendet. Auch das macht die Entscheidung im Fall Jan Hempel zu einem wichtigen Signal. Sie ist eine Aufforderung an andere Verbände, Konzepte zu entwickeln und die richtige Antwort zu haben, wenn Betroffene kommen und fragen: "Was der Deutsche Schwimmverband kann, könnt ihr doch sicher auch, oder?"