
Natürlich ist die AfD eine unappetitliche, reaktionäre Partei, geführt von Menschen voller Ressentiments, von denen manche die Demokratie ganz hinter sich lassen wollen, andere nur die Form von Demokratie, die wir gerade betreiben, mit vermeintlich lästigen Minderheitenrechten und nicht als Diktatur der Mehrheit.
Viele in der AfD träumen davon, Ausländer – oder alle, die sie dazu erklären – zu deportieren, wohin auch immer, und Flüchtlinge im Mittelmeer ersaufen zu lassen. In der AfD findet eine Heimat, wer sich wie der Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich für „das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus“ hält und wer wie der Thüringer AfD-Führer Björn Höcke die „Altelite entsorgen will, ohne Wenn und Aber“.
Ein AfD-Verbot hat einen Haken namens Demokratie
Die meisten in Deutschland wollen solche Menschen nicht als Nachbarn und auch nicht im Parlament. Die Debatten in den Landtagen und im Bundestag wären ohne die AfD sicher auch weniger giftig. Regieren würde leichter, das Koalieren sowieso. Aber die Sache hat einen Haken: Da ist noch diese Demokratie. Und die bedeutet: permanente anstrengende Auseinandersetzung. Gerade mit denen, die ganz anderer Meinung sind. Die man nicht mag oder sogar für widerlich hält, die menschenfeindliche Positionen vertreten.
AfD-Entwicklung hat sich lange abgezeichnet
Und auch, wenn so manche in der AfD nur mit Schwierigkeiten als „lupenreine Demokraten“ bezeichnet werden können, so wurden sie doch demokratisch in Parlamente gewählt. Sie repräsentieren reale Wähler. Und hier liegt der Kern des Phänomens AfD: Die Partei steht nicht nur für Ressentiments und Putin-Verehrung, sondern auch für eine Entwicklung, die sich lange vor ihrer Gründung abgezeichnet hat. Viele Wähler sahen sich nicht mehr vertreten von CDU, SPD, Grünen, Linken, FDP ... Sie haben ihre Probleme nicht mehr angepackt gesehen von den vertrauten Politikern. Arbeit, Wohnen, Gesundheit, Sicherheit – das sind ja keine Randthemen!
AfD sammelt alte PDS-Linkspartei-Linke-Wähler ein
Eine Zeit lang hat die PDS-Linkspartei-Linke noch Enttäuschte aufgesammelt, aber ihre Strahlkraft reichte nicht ewig und kaum in den Westen. Diese Wähler sammelt die AfD ein. Zuerst schlecht gelaunte alte Männer, inzwischen immer mehr junge und auch Frauen.
Dass die SPD auf ihrem Parteitag einstimmig beschlossen hat, ein Verbotsverfahren vorzubereiten, passt perfekt ins Bild der Ratlosigkeit in dieser Partei: „Wir wissen zwar nicht mehr so richtig, wofür wir stehen und wer uns wählen soll, aber wir sind auf jeden Fall gegen die AfD.“ Das aber ist keine Basis von Politik. Und das bestrafen die Wähler.
Zulauf der AfD ohne Verbot bremsen
Die Parteien sollten die AfD als ihre Nemesis sehen. Die griechische Rachegöttin bestraft Selbstüberschätzung. Wähler wollen, dass ihre Probleme angesprochen werden, in einer Sprache, die sie verstehen. Und dann sollen die Probleme gelöst werden. Das lässt die AfD nicht verschwinden. Aber vielleicht den Zulauf zu ihr bremsen.
Ein Verbotsverfahren mit ungewissem Ausgang würde sie stärken – und selbst bei Erfolg Millionen noch mehr enttäuschte Wähler zurücklassen.





