Rechtsextremismus
Gericht kippt Compact-Magazin-Verbot

Als Heft und im Netz verbreitete Compact Rassismus und Antisemitismus. Nach einem Verbot durch Ex-Innenministerin Faeser war damit zwischenzeitlich Schluss. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht final entschieden: Das Magazin darf weiter erscheinen.

    Das Cover des Compact Magazins zeigt am an einem Ausstellerstand der Buchmesse Leipzig Bundeskanzlerin Merkel mit einem Kopftuch.
    Das Spiel mit Ängsten: Das Compact-Magazin hat eine wichtige Rolle für die Verbreitung extrem rechter Ideologie gespielt. (picture alliance / dpa / Jens Kalaene)
    Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot des rechtsextremen Compact-Magazins durch das Bundesinnenministerium aufgehoben.
    Das Verbot auf Grundlage des Vereinsgesetzes hatte die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Juli 2024 veranlasst. In einem Eilverfahren hatte das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag von Compact das Erscheinen des Magazins bereits im August vergangenen Jahres wieder vorerst erlaubt.
    Journalisten-Verbände begrüßten das Urteil, Kritik kam beispielsweise vom Internationalen Auschwitz Komitee.

    Inhalt

    Wie begründete das Gericht die Aufhebung des Verbots?

    Der Vorsitzende Richter des Bundesverwaltungsgerichts Ingo Kraft begründete die Entscheidung damit, dass das Grundgesetzt selbst „den Feinden der Verfassung die Meinungs- und Pressefreiheit“ garantiere.
    Zwar gebe es zahlreiche polemische und zugespitzte Äußerungen. Die Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit sei jedoch nicht überschritten. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ist in erster und letzter Instanz für derartige Klagen zuständig.

    Welche Reaktionen gibt es auf die Aufhebung des Compact-Verbotes?

    Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) erklärte, sein Haus werde das Urteil sorgfältig auswerten. Vereinsverbote blieben auch in Zukunft ein anwendbares Mittel gegen extremistische Bestrebungen.
    Enttäuscht zeigte sich das Internationale Auschwitz Komitee. Das Urteil sei für Überlebende des Holocaust ein „entlarvendes Beispiel für eine Demokratie, die der Gerissenheit ihrer Gegner noch immer allzu naiv und realitätsfern gegenübersteht“.
    Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (DJU) begrüßten das Urteil – unter Betonung des hohen Stellenwerts der Meinungs- und Pressefreiheit. Die Gerichtsentscheidung dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Compact rechtsextreme und menschenfeindliche Inhalte verbreite.

    Warum hatte das Innenministerium Compact verboten?

    Das Bundesinnenministerium bezog sich bei seinem Verbot der Compact-Magazin GmbH sowie der Conspect Film GmbH auf die Möglichkeit, Vereine zu verbieten. Das Vereinsverbot könne, so heißt es in dem im Juli 2024 veröffentlichten Statement, „unter bestimmten Voraussetzungen“ auch auf Unternehmen angewandt werden. Weiter heißt es: „Die Organisationen richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne von Artikel 9 des Grundgesetzes und § 3 des Vereinsgesetzes.“
    Ebenfalls heißt es in dem Statement, dass Compact „Widerstands- und Revolutionsrhetorik“ nutzt. Offensiv werde der Sturz der politischen Ordnung propagiert. Leser und Nutzerinnen der Compact-Angebote könnten „aufgewiegelt und zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert werden“.

    Welche Reaktionen gab es auf das Vorgehen des BMI?

    Die Compact Magazin GmbH hatte kurz nach dem Verbot im Juli 2024 sowohl eine Klage als auch einen Eilantrag gegen das Verbot eingereicht. Über das Eilverfahren entschied das Gericht im August und hob das Verbot vorerst teilweise auf. Das Magazin konnte damit vorläufig weiter erscheinen.
    Im Hinblick auf die Meinungs- und Pressefreiheit überwiege das Interesse der Kläger, das Magazin vorerst weiterzuführen, so die Entscheidung des Gerichts. Zwar gebe es ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verbots. Das wiege jedoch weniger schwer als das Grundrecht auf Pressefreiheit.
    Bereits vor der finalen Urteilsverkündigung war fraglich, ob das Verbot in der Hauptverhandlung standhalten würde. Dem Gericht zufolge gab es zwar Anhaltspunkte für eine Verletzung der Menschenwürde und für eine verfassungsfeindliche Haltung bei den Print- und Online-Publikationen. Allerdings sei zweifelhaft, ob der Anteil der Beiträge, in denen diese Haltung zum Ausdruck kommt, für das gesamte Magazin derart prägend sei, dass ein Verbot verhältnismäßig sei.
    Kritik am Vorgehen des Ministeriums hatte Mika Beuster, Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), geäußert. Beuster sagte, das Ministerium habe bei der Herleitung des Verbots offenbar „geschlampt“, indem es keine anderen Wege geprüft habe als die eines Verbots. Damit käme nun die Frage auf, ob der Staat seine Grenzen überschritten habe. Ähnlich urteilte die Organisation "Reporter ohne Grenzen" (RSF). Sie befand, Pressefreiheit gelte „auch für unbequeme und schwer erträgliche Veröffentlichungen, auch solche mit extremen Inhalten."

    Was ist das Compact-Magazin?

    Das Compact-Magazin erscheint seit 2010, Chefredakteur ist Jürgen Elsässer. Die Auflage des Magazins liegt nach Gerichtsangaben bei 40.000 Exemplaren, der Online-TV-Kanal erreicht bis zu 460.000 Klicks.
    Compact ist der Neuen Rechten zuzuordnen. Mit diesem Begriff wird eine Szene beschrieben, die Vorstellungen von einem ethnisch homogenen Staat mit autoritären Zügen vertritt. Sie setzt sich von Rechten ab, die sich auf den historischen Nationalsozialismus berufen.
    Chefredakteur Elsässer verortet sein Magazin klar in einem bestimmten Spektrum. So sagte er 2018, Pegida, die Identitäre Bewegung, die AfD, „Ein Prozent“ und Compact seien wie fünf Finger, die eine Faust bilden könnten. Seit 2021 wird das Magazin vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft.
    In seiner Aufmachung setzt Compact auf eine plakative und sogleich provokative Gestaltung bei der Bild- und Themenauswahl sowie auf Zuspitzung etwa in Überschriften. In der Vergangenheit wurden Themen wie der Krieg in der Ukraine, Migration oder die staatlichen Maßnahmen während der Coronapandemie aufgegriffen und von rechtsaußen politisiert.
    Compact sei ein „sehr opportunistisches Medium“, analysiert der Soziologe Felix Schilk. Er forscht in Tübingen im Projekt REDACT zu Handlungsoptionen gegen Verschwörungserzählungen und Desinformation in Europa. Compact springe laut Schilk immer wieder auf Debatten auf und versuche, sie zuzuspitzen und zu instrumentalisieren.

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    Wer ist Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer?

    Jürgen Elsässer ist eigentlich Lehrer, arbeitete aber in den vergangenen Jahrzehnten als Journalist. In diesem Beruf hat der heute 67-Jährige – politisch gesehen – bereits einige Haken geschlagen. So schrieb er einst für linke Publikationen, bog aber spätestens seit 2009 nach rechts ab und gehört nun zum extrem rechten Spektrum.
    2010 gründete Elsässer Compact und ist seitdem der Chefredakteur des Magazins. Im Zuge des Verbots des Magazins wurde auch seine Wohnung durchsucht.
    Elsässers Ziel ist es, verschiedene Akteure und Gruppen der Rechten zusammenzubringen. Das soll nicht nur die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) umfassen, sondern wie mit den Bewegungen Pegida oder den „Identitären“ (IB) sowie dem "Institut für Staatspolitik" darüber hinausgehen. Auch Kontakte ins Ausland werden gepflegt, etwa zum österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner.
    Elsässer ist eng mit rechten Vertretern der AfD bekannt. Mit der Kampagne „Blaue Welle“ wirbt er für eine Regierungsbeteiligung der AfD nach der Bundestagswahl 2025. Während Politikerinnen und Politiker bürgerlicher Parteien von Compact zum Teil heftig kritisiert werden, sucht Elsässer die Nähe zu AfD-Politikern wie Björn Höcke.

    rzr, irs, csh