Donnerstag, 25. April 2024

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Konflikt am Golf
"Exporteure wollen reibungslosen Handel ohne Spannungen"

Beschlagnahmte Öltanker, Pläne für einen Militäreinsatz: Eine Eskalation in der Golfregion und in Folge des Konflikts auch möglicherweise steigende Ölpreise würden erheblich auf die deutsche Wirtschaft durchschlagen, erklärt Dlf-Wirtschaftsredakteur Günter Hetzke.

Günter Hetzke im Gespräch mit Mario Dobovisek | 31.07.2019
Dieses von der Iranian Students News Agency (ISNA) zur Verfügung gestellte Foto zeigt den britischen Öltanker «Stena Impero» in der Straße von Hormus.
Der Iran hat den britischen Öltanker Stena Impero in der Straße von Hormus festgesetzt - Großbritannien strebt nun eine Schutzmission für die Schifffahrt am Golf an (dpa-Bildfunk / ISNA)
Mario Dobovisek: Schon heute wollen die USA und Großbritannien über eine mögliche Mission zum Schutz von Öltankern in der Straße von Hormus reden. Die Bundesregierung wird sich an einem entsprechenden Militäreinsatz aller Voraussicht nach nicht beteiligen. Günter Hetzke aus unserer Wirtschaftsredaktion, wie beurteilt die deutsche Wirtschaft dieses Verhalten?
Günter Hetzke: Grundsätzlich werden die Verbände der Wirtschaft den Teufel tun sich in dieser Lage in die Politik einzumischen, insbesondere in die diplomatischen Bemühungen, die derzeit laufen. Also, was genau wie getan werden kann oder muss, da halten sie sich zurück. Aber natürlich haben sie zur Situation generell eine Ansicht und sich ja auch entsprechend schon in Stellungnahmen geäußert.
"Weltwirtschaft ist schon labil genug"
Dobovisek: Welche Position beziehen denn die Wirtschaftsverbände?
Hetzke: Ein wichtiges Standbein der deutschen Wirtschaft ist – neben dem Konsum - der Export. Und die deutschen Exporteure wollen vor allem einen reibungslosen Handel ohne Spannungen. Die Weltwirtschaft ist ja derzeit ohnehin schon labil genug. Und so, wie die Bundesregierung ja durchaus sieht, dass man eine Verantwortung trägt für die Sicherung der Handelswege, nur nicht genau weiß, wie man dazu beiträgt, so sieht das mit Blick auf die Verantwortung auch die Wirtschaft – mit ganz klarer Ansage: "Die Schifffahrtsroute ist nach wie vor eine Schlagader der Weltwirtschaft", so die Ansicht vom Bundesverband Groß- und Außenhandel und Dienstleistungen beispielsweise. Und deshalb sei "die freie Durchfahrt von besonderer Bedeutung auch für Deutschland". Eine Eskalation in der Golfregion und in Folge des Konflikts auch möglicherweise steigende Ölpreise, würden erheblich auf die deutsche Wirtschaft durchschlagen.
Dobovisek: Steigen denn die Ölpreise?
Hetzke: Blicken wir auf die Zahlen, auf die Preise: Am Montag sind sie leicht gesunken, gestern haben sie etwas zugelegt, heute sind sie um etwa 0,7 Prozent gestiegen. Ob das jetzt allerdings mit den zunehmenden Spannungen am Golf zusammenhängt, das lässt sich schwer beurteilen.
Mögliche Gründe für steigenden Ölpreis
Dobovisek: Was könnte denn sonst noch der Grund sein?
Hetzke: Noch läuft ja der Öltransport. Und wie die internationale Energieagentur erst vor gut zwei Wochen mitgeteilt hat, haben wir ein Überangebot auf dem Ölmarkt. Also, allein mit Blick auf Angebot und Nachfrage passt da eine Preissteigerung nicht. Außerdem steigt der Ölpreis – abgesehen mal von Spekulationen auf dem Ölmarkt – vor allem, wenn die Weltwirtschaft gut läuft, wenn die Konjunktur brummt, weil Öl eben immer noch ein Schmiermittel der Weltwirtschaft ist, ein wichtiger Grundstoff in vielen Bereichen. Das haben wir derzeit auch nicht.
Im Gegenteil, im Handelsstreit zwischen den USA und China scheinen sich die Fronten eher zu verhärten, nach der Warnung von US-Präsident Trump an China gestern, im Handelsstreit nicht auf Zeit zu spielen, sonst würden, salopp formuliert, andere Saiten aufgezogen. Da passt also einiges nicht, lassen wir die Spekulanten außen vor. Eine mögliche Erklärung ist schlicht, dass heute die wöchentlichen Lagerdaten der US-Regierung erwartet werden. Und hier wird damit gerechnet, dass die US-amerikanischen Ölreserven weiter gefallen sind, die siebte Woche in Folge. Und ein Rückgang der Lagerbestände, das kann ja ein Hinweis auf eine höhere Nachfrage sein, die jetzt ins Haus steht und höhere Nachfrage, das stützt in der Regel den Ölpreis.
Auch wenn die USA längst nicht mehr so viel Öl importieren wie noch vor wenigen Jahren, weil sie durch die Fracking-Förderung, also die umweltschädliche Öl-Gewinnung aus Schiefervorkommen, unabhängiger von Öllieferungen aus dem Ausland geworden sind – über den Daumen sind es nur noch zehn Prozent ihres gesamten Ölverbrauchs. Aber zehn Prozent des weltgrößten Ölverbrauchers sind noch eine Größenordnung, die den Preis treiben kann.