Dirk Müller: In einer Woche soll sollen die ersten Frequenzen für den neuen Mobilfunk-Standard 5G in Deutschland versteigert werden. Und immer noch gibt es Diskussionen, ob dabei auch die chinesische Technik von Huawei zum Einsatz kommt. Nun drohen die USA offenbar damit, für diesen Fall die Geheimdienst-Zusammenarbeit mit Deutschland einzuschränken. Silke Hahne aus unserer Wirtschaftsredaktion - Was ist bislang darüber bekannt?
Silke Hahne: Auf jeden Fall ist mal wieder Richard Grenell im Spiel, der US-Botschafter in Berlin, der eher selten durch diplomatische Zurückhaltung auffällt. Er soll einen Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier verschickt haben und darin mit expliziter Nennung von Huawei damit gedroht haben, die Zusammenarbeit einzuschränken: Dabei kann es zum Beispiel um Terror-Warnungen gehen. Das hatte gestern schon das "Wall Street Journal" berichtet. Am Abend dann die Bestätigung: Das Wirtschaftsministerium hat den Eingang eines Schreibens bestätigt, nicht aber den genauen Inhalt.
Ein Sprecher der US-Botschaft wiederum hat zwar den Namen Huawei nicht wiederholt, jedoch die prinzipielle Drohung: Wenn sich nicht vertrauenswürdige Anbieter in Netzwerken befänden, könnten sich Fragen zur künftigen Integrität und Vertraulichkeit sensibler Kommunikation in einem Land sowie zwischen Verbündeten stellen. Und das, so der Sprecher, könnte die schnelle Zusammenarbeit und den Austausch von Informationen gefährden. Also, eine relativ unverhohlene Drohung.
"China könnte also auf ein Verbot harsch reagieren"
Müller: Was heißt das für die Bundesregierung?
Hahne: Deutschland sitzt wie der Rest Europas oder etwa auch Kanada hier eindeutig zwischen den Stühlen. Weder mit China noch den USA will man es sich verscherzen. Zwischen den USA und Europa schwelt der Streit über Handelszölle, unter anderem auf Autos. Chinas Regierung wiederum hat sich eindeutig hinter Huawei gestellt, könnte also auf ein Verbot harsch reagieren – und das als extrem wichtiger Absatzmarkt, auch für Autos. Daher also die beharrliche Weigerung der Bundesregierung, sich für oder gegen Huawei-Technik auszusprechen.
Vergangene Woche hat die Bundesnetzagentur zwar neue Sicherheits-Regeln für Mobilfunk-Technik vorgeschlagen. Manche Teile sollen zum Beispiel erst nach einer Prüfung auf mögliche Spionage-Schlupflöcher durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zum Einsatz kommen; also durchaus zumindest formelle Hürden für Huawei.
Gleichzeitig betonte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier am Donnerstag im ZDF: "Per se" werde kein Hersteller ausgeschlossen. Vielleicht war das der Versuch, den Spagat zwischen den Interessen mit diesen beiden wichtigen Wirtschaftspartnern zu schaffen. Aber so wie es aussieht, hat das zumindest auf US-Seite nicht gefruchtet, es bleibt also weiter extrem kompliziert.
"Wichtiger ist die politische Gradwanderung"
Müller: Gäbe es denn unabhängig davon überhaupt Alternativen, um in Europa ein 5G-Netz zu bauen?
Hahne: Ja, es könnte aber sein, dass es dann teuer wird und länger dauert. Huawei ist der weltweit größte Netzwerktechnik-Anbieter, der weltweite Marktanteil lag zuletzt bei 28 Prozent – wobei Huawei in den USA beispielsweise kaum verbaut sein dürfte, insofern die Quoten in Europa also wohl höher sind. Zwar sind aus die europäischen Anbieter Ericsson und Nokia mit jeweils mehr als 20 Prozent Marktanteil echte Alternativen, aber sie können Huawei nicht einfach mir-nichts-dir-nichts ersetzen. Denn Huawei gilt nicht nur als günstiger – sondern auch als technologisch marktführend. Solche Überlegungen spielen aber eher am Rande eine Rolle, wichtiger ist die politische Gratwanderung.