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Krawalle bei der Fußball-Europameisterschaft
Gefängnisstrafen für Hooligans

Nach den Krawallen bei der Fußball-Europameisterschaft in Marseille sind fünf Engländer und ein Franzose zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt worden. Außerdem wird noch einem weiteren Briten, zwei Franzosen und einem Österreicher der Prozess gemacht. Rund 150 russische Hooligans sind währenddessen auf der Flucht - sie hätten sich einer Verhaftung entzogen, teilten die Behörden mit.

13.06.2016
    Ein Mann wird von französischen Sicherheitskräften in Marseille festgehalten.
    Ein Mann wird von französischen Sicherheitskräften in Marseille festgehalten. (dpa-Bildfunk / AP / Darko Bandic)
    Bei den Zusammenstößen am Rande der Partie England gegen Russland in Marseille waren am Samstag 35 Menschen verletzt worden. Zudem hatte es auch im Stadion Krawalle gegeben. Sechs Briten, einem Österreicher und drei Franzosen wurde deshalb noch am Montag der Prozess gemacht: Dabei wurden fünf englische Fußball-Fans zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt. Außerdem erhielten sie ein zweijähriges Einreiseverbot. Ein Franzose wurde wegen Diebstahls und Gewalt zu einem Jahr Haft verurteilt.
    Zwei Russen wurden des Landes verwiesen. Insgesamt seien 20 Personen festgenommen worden. Ein Brite, der bei den blutigen Ausschreitungen schwer verletzt wurde, befindet sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft weiterhin in einem kritischen Zustand. Die Täter seien bislang nicht identifiziert.
    Alkoholverbote in Lyon und Toulouse
    An den Krawallen beteiligt waren auch rund 150 russische Hooligans, die sich einer Verhaftung entziehen konnten. Der Staatsanwalt von Marseille, Brice Robin, sagte vor Reportern, die Russen seien gut auf besonders schnelle und gewalltätige Aktionen vorbereitet gewesen. Er betonte, diese Hooligans seien dafür trainiert. Man werte derzeit noch die Bilder der Überwachungskameras aus. Der bei der britischen Polizei für die EM verantwortliche Offizier Mark Roberts sagte der Tageszeitung "Guardian", russische Hooligans hätten sich Zahnschutz und Kampfhandschuhe angezogen, bevor sie auf die englischen Fans losgegangen seien. Einige hätten auch Messer bei sich gehabt.
    Die Sicherheitskräfte in Marseille wurden für den Einsatz gegen die Hooligans kritisiert: Die konservative Opposition in Frankreich sprach von "Schwachstellen", was Staatsanwalt Robin zurückwies. Kritik an den französischen Einsatzkräften hatte es schon kurz nach den Krawallen gegeben. Der Polizei wurde vorgeworfen, zu spät eingegriffen zu haben - und dann mit einem wahllosen Einsatz von Tränengas und einem Wasserwerfer auch friedliche Fans getroffen zu haben. Die Behörden wollen erneuten Krawallen nun unter anderem mit einem Alkoholverbot vorbeugen: In den Austragungsorten Lyon und Toulouse verhängten sie Verkaufsverbote für Alkohol zum Mitnehmen an den Spieltagen der Fußball-Europameisterschaft.
    Politiker plädieren für härteres Vorgehen gegen Hooligans
    Der Chefredakteur des Fußballmagazins "11 Freunde", Philipp Köster, sagte im Deutschlandfunk, die Hooligan-Krawalle sei nicht überraschend. "Es war auch schon klar, dass gerade aus England, aus Russland, auch aus Deutschland problematisches Personal nach Frankreich reisen würde." Es sei erstaunlich, wie lax deshalb besonders in Marseille mit den Sicherheitsvorkehrungen umgegangen worden sei.
    Angesichts der Ausschreitungen auch vor dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Ukraine am Sonntag plädieren Politiker für ein härteres Vorgehen gegen Randalierer. Der sportpolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion, André Hahn, verlangte, Hooligans die Anreise zu großen Sportereignissen zu verbieten. Wer andere brutal zusammenschlage, sei kein Fußballfan, sondern schlicht Krimineller, sagte Hahn der "Heilbronner Stimme".
    Der CDU-Politiker Eberhard Gienger appellierte an Spieler und Trainer, deutlich zu machen, dass sie Hooligans verachteten. Zudem sollten die Fußballverbände mehr in Fan-Programme investieren. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius unterstützte in der Zeitung "Die Welt" die Drohung der Europäischen Fußball-Union, Nationalmannschaften bei fortgesetzter Gewalt ihrer Fans vom Turnier auszuschließen.
    Deutsche Sender beschweren sich über Zensur
    Die deutschen TV-Sender haben sich unterdessen bei der UEFA über die eingeschränkte Bildauswahl von der Fußball-Europameisterschaft beschwert. "Wir haben gemeinsam mit der ARD Kontakt mit der UEFA aufgenommen und unsere Erwartungshaltung klar dargestellt", sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz der Deutschen Presse-Agentur. Die deutschen Sender erhalten die Live-Bilder von den Spielen in Frankreich über den europäischen Fußballverband. Dieser zensiert aber die Bilder und zeigt keine Hooligans und Flitzer im Stadion.
    (hba/cvo/jcs/kis)