Freitag, 29. März 2024

Archiv

Kreuzfahrtranking des NABU
Schmutzige Ausflugsschiffe

Viele Reedereien stehen wegen des hohen Schadstoffausstoßes ihrer Schiffe in der Kritik. Die meisten fahren immer noch mit Schweröl. Bei seinem jährlichen Kreuzfahrtranking hat der Naturschutzbund (NABU) Reedereien unter die Lupe genommen - bislang geschehe zu wenig für den Umweltschutz, so ein Fazit des Verbands.

Von Axel Schröder | 05.09.2017
    Das für mehr als 2500 Passagiere ausgelegte Kreuzfahrtschiff MSC Magnifica befährt am 09.08.2015 den Canale di S. Marco in Richtung Stadthafen. Im Vordergrund Gondeln an der Riva degli Schiavoni.
    Kreuzfahrtschiffe pusten viel Feinstaub in die Luft. (picture alliance / dpa / Andreas Engelhardt)
    Gleich vier Schiffe von TUI Cruises und eins der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd teilen sich im neuen Kreuzfahrtranking des Naturschutzbundes (Nabu) Platz 1 der Rangliste. Diese fünf Passagierschiffe seien mit einem Stickoxidkatalysator ausgerüstet, erklärt Malte Siegert vom Nabu. Und auch bei den Schiffen von AIDA ist es mittlerweile möglich, während der Liegezeiten im Hafen die Dieselgeneratoren abzuschalten und anderweitig Strom zu beziehen:
    "Die AIDA-Sol, die kann richtig klassischen Landstrom hier an der Landstromanlage in Altona abnehmen. Die AIDA prima wird extern mit Flüssiggas während der Liegezeit versorgt, was deutlich sauberer verbrennt. Damit werden dann die Motoren betrieben, während das Schiff an Land ist. Das ist auch schon eine gute Sache. Aber wenn das Schiff abkoppelt, dann fährt es momentan, wie wir annehmen, zumindest normal mit Marine-Diesel-Öl und das verfeuert auch relativ dreckig. Da kommt oben relativ viel Feinstaub und krebserregender Ruß raus. Da kommt immer noch ein relativ hoher Schwefeldioxid-Anteil raus, da kommt natürlich im Verbrennungsprozess auch relativ viel Stickoxid raus. Insofern, aktuell: keine große Verbesserung."
    Zumindest nicht, wenn die Schiffe unterwegs sind und nicht in den Häfen festgemacht haben. Anders als in den Vorjahren ist das Nabu-Kreuzfahrtranking diesmal weniger differenziert aufgeschlüsselt. Welche Schiffe mit Abgasnachbehandlung oder sogenannten geschlossenen Scubbern, also mit Anlagen zur Schwefelreduktion, ausgestattet sind, wird nicht gesondert angegeben. Den Grund dafür erklärt Malte Siegert so:
    "Wir schicken einmal, wenn wir das Ranking machen, an alle Kreuzfahrtreedereien ein Schreiben und bitten sie, zu sagen: Was macht ihr an Umwelttechnik an Bord? Und dieses Jahr haben sie uns damit überrascht, dass wir ein einziges Schreiben zurückbekommen haben von der CLIA, der Cruise Line International Association, dem Dachverband, dem Lobbyverband. Die haben uns ganz allgemein geantwortet, haben gesagt, wir machen ganz viel, es ist alles ganz toll, die Welt ist schön. Und Tschüs. Mehr haben wir von denen nicht gehört. Und insofern mussten wir natürlich selber recherchieren, insofern war das eine schwierige Angelegenheit. Und deshalb fällt das Ranking so aus wie es ausfällt. Wir kriegen keine Informationen und gehen davon aus: intransparenter Verein, die haben auch nichts."
    Nicht alle Reedereien sind völlig untätig
    Völlig untätig in Sachen Umweltschutz sind aber längst nicht alle Reedereien. Die Schweizer Kreuzfahrtanbieter MSC rangiert im Nabu-Ranking zwar zusammen mit vielen anderen Kreuzfahrtanbietern auf dem zwölften Platz, obwohl einige ihrer Schiffe bereits mit Landstromanschlüssen ausgerüstet sind. Möglich wäre es also, dass auch diese Schiffe während der Liegezeit mit sauberem Strom versorgt werden. Aber der einzige Landstromanschluss im Hamburger Hafen wurde am Kreuzfahrtterminal Altona installiert. Und an diesem Terminal können die MSC-Schiffe wegen ihrer schieren Größe nicht festmachen, erklärt ein Firmensprecher. Bei MSC verweist man darauf, dass ab 2022 vier neue, allein mit sauberem Flüssiggas betriebene Schiffe in Dienst gestellt werden. Auf sogenannte Dual-Fuel-Motoren, die sowohl mit konventionellem Treibstoff als auch mit Flüssiggas betrieben werden können, setzt die zum US-amerikanischen Carnival-Konzern gehörende AIDA-Reederei, erklärt deren Sprecher Hansjörg Kunze:
    "Unsere Muttergesellschaft ist auch davon überzeugt und hat sieben Schiffe bei der Meyer-Werft mit vollständigem LNG-Betrieb bestellt, wo also praktisch Flüssiggas möglich ist."
    Und schon heute, heißt es aus der Branche, würden alle Grenzwerte eingehalten und die gesetzlich vorgeschriebenen Filtersysteme eingebaut. Malte Siegert bestreitet das nicht. Weist aber darauf hin, dass für Kreuzfahrtschiffe nun einmal ganz andere Grenzwerte gelten als für den Straßenverkehr. Allein der Einsatz von Marine-Diesel-Öl anstelle von giftigem Schweröl würde die Luft in den Häfen nicht wesentlich verbessern.
    "Am Stuttgarter Neckartor ist der Aufreger so groß, weil man sagt, da haben wir 40.000 Partikel pro Kubikzentimeter. Und wenn man aber bei einem Kreuzfahrtschiff misst, in teilweise hundert Meter Entfernung, mitten im Hafen liegend, dann haben wir teilweise 200.000, 300.000, 400.000 Partikel pro Kubikzentimeter. Also ein Vielfaches von dem. Aber das wird gar nicht wahrgenommen. Das finden die Menschen toll und jubeln auch noch zu. Obwohl eigentlich die gesundheitliche Belastung, die von diesen Schiffen ausgeht, enorm groß ist."
    Bis 2025, erklärt Malte Siegert, sollen zwölf bis 14 Schiffe der Reedereien Costa, AIDA und MSC mit Flüssiggaskompatiblen Motoren ausgestattet sein. Aber bislang geschehe noch zu wenig. Der Nabu bleibe wachsam.