Samstag, 18. Mai 2024

WM-Aus der DFB-Frauen
Wie der DFB wieder aus der Krise kommen kann

Der Auftritt der deutschen Frauen bei der WM war fast deckungsgleich mit den Leistungen ihrer männlichen Kollegen beim Endturnier in Katar. Der Niedergang im deutschen Fußball läuft jetzt schon ein paar Jahre. Wie ist der freie Fall zu stoppen?

Roland Eitel im Gespräch mit Astrid Rawohl | 13.08.2023
Svenja Huth (9) und andere DFB-Nationalspielerinnen schauen konsterniert nach dem Ausscheiden bei der WM-Vorrunde nach der Niederlage gegen Südkorea
WM-Vorrunden-Aus der Herren bei der WM 2018 und 2022, EM-Vorrunden-Aus der U21 in diesem Sommer und jetzt das Aus in der WM-Gruppenphase der DFB-Frauen. Was läuft falsch im deutschen Fußball? (dpa / picture alliance / Nigel Keene)
Nach dem völlig überraschenden Vorrunden-Aus der deutschen Frauen-Fußballnationalmannschaft bei der WM in Australien und Neuseeland, steht der Deutsche Fußball-Bund (DFB) vor einem Scherbenhaufen. Zuvor hatte bereits die A-Nationalmannschaft der Männer bei der WM 2022 in Katar und die U21 bei der EM 2023 in Rumänien und Georgien nach der Gruppenphase die Segel streichen müssen.
"Ich muss sagen, dass ich schon nach den Vorbereitungsspielen gegen Vietnam und Sambia kein allzu gutes Gefühl hatte", sagte Roland Eitel, PR-Experte und aktueller Medienberater von Ex-DFB-Bundestrainer Jürgen Klinsmann im Dlf.
Der Medienberater Roland Eitel
Der Medienberater Roland Eitel (dpa / picture alliance / Hans-Jürgen Schmidt)

"Niedergang kann kein Zufall sein"

"Bei der Gesamtentwicklung im Fußball ist man ganz sicher nicht vorne mit dabei", unterstrich Eitel die problematische Lage. Auch die Aufarbeitung beim DFB im Umgang nach den sportlichen Auftritten der Vergangenheit kritisierte er. Der Niedergang der deutschen A-Nationalmannschaft sei spätestens seit der WM 2018 in Russland im Gange, nun gehe es auch mit den Nachwuchsteams und der Frauen-Nationalelf bergab. "Das kann ja alles kein Zufall mehr sein", sagte Eitel.

Eitel wünscht sich Gremium um Jürgen Klopp

Der PR-Experte fuhr fort: "Wir reden immer, dass die Jugendarbeit schlecht ist, aber die einzige Folge ist, dass man in den unteren Ligen ganz ohne Ergebnisse spielt und in der U19 ganz ohne Abstieg spielt", sagte Eitel.
Er forderte ein Gremium, in dem gute Persönlichkeiten des deutschen Fußballs sitzen, mit brillianten Ideen, die sich zusammensetzen und Sachen angehen, sagte der ehemalige Berater von Joachim Löw. Der Name der zuerst bei Eitel fiel: Jürgen Klopp.
Bei den Eigenschaften, die der A-Mannschaft am meisten fehlten, nannte Eitel: Spaß, Freude, Ehrgeiz, Siegeswille, Motivation und Begeisterung. Auch die Namen von Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann fielen, Trainer die nah dran an den Entwicklungen im internationalen Fußball gewesen seien.

"Viel zu viel Bürokratie" bei Nachwuchsleistungszentren

Eitel kritisierte auch, wie hoch die Anforderungen an die kleineren Vereine sei, um den Status als Nachwuchsleistungszentrum zu bekommen. "Da ist viel zu viel Bürokratie. Der Willen ein Spiel zu gewinnen, das ist komplett vernachlässigt worden", sagte Eitel.
Auch an den Nachwuchstrainern der U-Nationalmannschaften beim DFB übte er Kritik. Dort brauche man die Besten der Besten, oft fehle es da aber an der Qualität. "Überall muss ein Umdenken stattfinden", sagte er. "Wir lassen viel zu viel zu, links und rechts." Er forderte mehr Rückgrat und Disziplin im Jugendbereich.

Letzter großer Umbruch unter Jürgen Klinsmann

"In den letzten Jahren ist ja nichts vorwärts gegangen, es geht ja immer weiter abwärts", sagte Eitel. Der letzte große Umbruch mit Jürgen Klinsmann liege schon viele Jahre zurück, nach dem Scheitern bei der EM 2004 und im Vorfeld der Heim-WM 2006, hatte der neu installierte Bundestrainer zahlreiche Veränderungen im Umfeld der Nationalmannschaft und im Verband angestoßen. Dies wäre vor der anstehenden Heim-EM 2024 vielleicht auch noch möglich gewesen, mittlerweile bezweifle er aber, ob heutzutage noch ein solcher Umbruch möglich wäre.
Vor allem in der Jugend und der Grundausbildung der Junioren und Juniorinnen müssten gute und ausreichend Trainer vorhanden sein. Denn dort werden die Grundlagen geschaffen.

Eitel beklagt fehlende "sportfachliche" Diskussionen

Viele lebten in einer Blase, so Eitel, und würden nicht wissen, wo der Schuh drückt. Alle müssten an einem Strang ziehen und zusammen arbeiten. Niemand schaue genauer auf die Vereine, wie Heidenheim, Freiburg, Darmstadt oder Union Berlin, wo richtig gute Arbeit geleistet werde.
"Es fehlt an sportfachlicher Diskussion in Deutschland", sagte Eitel. Es gebe zu viel Theorie, aber es gelinge nicht, den Siegeswillen zu entwickeln.