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Kritik an Katars Arbeitsrechtsreform
"Eine große Propagandashow"

Seit Jahren wurde die Abschaffung des "Kafala"-Systems in Katar gefordert. Mit dem heutigen Tag tritt nun eine Arbeitsmarktreform in Kraft, die das umstrittene System beendet. Doch Menschenrechtsorganisationen üben heftige Kritik.

Von Andrea Schültke | 13.12.2016
    Ein Fußball über der Skyline von Doha, Emirat Katar
    2022 soll im Emirat Katar die Fußball-WM ausgetragen werden. (picture alliance/ dpa/ Frank Rumpenhorst)
    Für Wenzel Michalski ist die Sache klar: "Es ist eine ganz große Show, die da abgezogen wird und führt zu überhaupt keinen Verbesserungen für die Arbeitnehmer", meint der Direktor des deutschen Büros der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
    Katars Arbeitsminister Nuaimi sagte, das neue Gesetz werde die Rechte eines jeden ausländischen Arbeitnehmers in Katar verbessern. "Es ersetzt das 'Kafala'-System durch ein modernisiertes, vertragsbasiertes System, das die Rechte von Arbeitern schützt und die Job-Flexibilität erhöht." Wer misshandelt werde, dürfe seinen Arbeitsplatz wechseln.
    Amnesty sieht wenige Verbesserungen
    Amnesty International sieht dagegen durch das neue Gesetz wenig Verbesserung für die geschätzt zwei Millionen Gastarbeiter in Katar. Im März hatte die Organisation in einem Bericht die Ausbeutung der Migrantenarbeiter auf den WM-Baustellen dokumentiert und als Ursache multiples Versagen von Unternehmen und Organisatoren ausgemacht. Auch die FIFA werde ihrer Verantwortung für die Menschenrechte der Arbeiter auf den WM-Baustellen nicht gerecht, urteilt der Amnesty Bericht.
    Auf internationalen Druck hatte Katar eine Reform des Kafala-Systems angekündigt. Heute ist das neue Gesetz in Kraft getreten. Im Gegensatz zu Katars Arbeitsminister sieht Wenzel Michalski von Human Rights Watch nach wie vor große Mängel:
    "Denn die Frage der Ausreiseerlaubnis ist überhaupt nicht gelöst. Weiterhin gilt, dass ein Arbeiter während der Laufzeit seines Vertrages, und das kann bis zu fünf Jahre dauern, das Land nicht verlassen darf. In dieser Zeit kann der Arbeitgeber den Migrantenarbeiter ausbeuten, schikanieren, wie er möchte, ohne dass der Arbeiter die Möglichkeit hat zu sagen: Okay, dann geh ich eben."
    "Es hat sich nichts geändert"
    Zumal die Arbeiter auf den WM-Baustellen sehr arm und auf das Geld angewiesen seien. Sie werden mit Geldversprechen gelockt, aber häufig werden diese Zusagen nicht eingehalten. Für die Menschen bringe das neue Gesetz nur eine kleine Verbesserung:
    "Ein Arbeitnehmer kann, wenn er möchte, nach Ablauf seiner Vertragszeit sich wieder bewerben für einen anderen Job in Katar, aber ansonsten hat sich durch die Abschaffung des Kafala-Systems für den Arbeitnehmer überhaupt nichts geändert."
    Wegen der schlechten Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen hat der niederländische Gewerkschaftsbund FNV den Fußball-Weltverband FIFA verklagt. Am Freitag hatte der FNV mitgeteilt, die Klage sei im Namen eines Gastarbeiters aus Bangladesch beim Amtsgericht in Zürich eingereicht worden.