Christoph Heinemann: Bis zum Jahr 2025 werden in Deutschland mehr als drei Millionen Fachkräfte fehlen, das ist die offizielle Zahl. Daraus will die Bundesregierung mit einer Doppelstrategie aus Anwerbung ausländischen Fachpersonals und einer verstärkten Nutzung des inländischen Potenzials reagieren. Von der zweiten Säule werden insbesondere Frauen und Jugendliche profitieren, das wurde gestern beim Fachkräftegipfel von Regierung und Sozialpartnern im brandenburgischen Meseberg klar. Und über dieses Thema hat mein Kollege Gerd Breker mit Alexander Kubis gesprochen, er ist Experte für Fachkräfte beim Institut für Arbeitsmarkt- und Sozialforschung, und er hat ihn gefragt, ob auch er von der Zahl drei Millionen fehlender Fachkräfte in rund zwölf Jahren ausgeht.
Alexander Kubis: Also die Zahlen stimmen so erst mal nicht. Es fehlen drei Millionen Personen im Erwerbspersonen-Potenzial. Das heißt, drei Millionen Personen weniger haben wir im Alter von 15 bis 65. Das sind jetzt noch nicht alles Fachkräfte, das sind also auch Leute, die im Prinzip nicht am Arbeitsmarkt tätig sind, oder eben als Freiberufler und so weiter und so fort.
Gerd Breker: Das heißt, so schlimm ist das Problem gar nicht, so drängend ist es gar nicht, wie die Wirtschaftsverbände es uns weiß machen wollen?
Kubis: Wir müssen hier unterscheiden letztendlich zwischen der Situation, die wir aktuell am Arbeitsmarkt haben und wo wir letztendlich in der Region, in den einzelnen Regionen Engpässe verspüren, vor allen Dingen nur in einzelnen Berufszweigen, und der Zukunft, und was die Zukunft bringt, das hängt jetzt von vielen Faktoren ab. Und einige Faktoren sind zum Beispiel dieser demografische Wandel. Die große Frage ist eben, wie reagiert man darauf. Ist es schlimm, dass quasi das Erwerbspersonen-Potenzial sinkt, und da würde ich sagen, dass also die Betriebe eben noch relativ viel Spielraum haben, auf diesen Rückgang zu reagieren.
Breker: Wir haben ja bei der letzten Begegnung zum gleichen Thema, zum Fachkräftemangel, festgestellt, dass sechs Millionen Frauen nicht erwerbstätig sind und dass man dieses Potenzial nutzen wollte. Was hat man denn in dieser Hinsicht seither getan? Was geschieht denn, um dieses Potenzial zu nutzen?
Kubis: Es gibt ganz viele Baustellen, die an dieser Stelle aufzugreifen sind. Die Frauen sind nur ein Punkt. Es geht auch zum Beispiel darum, dass die älteren Erwerbsfähigen letztendlich erwerbsfähig gehalten werden, dass wir letztendlich über qualifizierte Zuwanderung reden, dass wir darüber reden, dass wir nicht eine hohe Abbrecherquote haben an den Schulen. Das sind ganz viele Baustellen, die letztendlich notwendig sind, wenn man sagt, dass der Rückgang letztendlich schädlich ist für die Entwicklung am Arbeitsmarkt.
Breker: Ist denn da schon etwas geschehen, also kann man erkennen, können Sie als Experte, der die Situation beobachtet, erkennen, dass die Bundesregierung hier initiativ geworden ist?
Kubis: Es sind verschiedene Sachen, die man an der Stelle sagen muss. Zum einen sind sie aktiv geworden, zum anderen haben wir schon eine, vor allen Dingen in Ostdeutschland eine sehr hohe Erwerbsquote bei Frauen, vor allen Dingen bei jungen Frauen, und hier ändert sich letztendlich auch der Arbeitsmarkt im Westen immer mehr, dass wir also auch hier eine hohe Erwerbspartizipation haben bei Frauen schon. Der Trend ist eindeutig zu erkennen.
Breker: Wir haben auf der anderen Seite 1,5 Millionen junge Menschen ohne einen Berufsabschluss. Was geschieht denn in diesem Feld? Kann man hier erkennen, dass erkannt wurde, dass das ein Potenzial ist, was man nutzen kann?
Kubis: Man sieht es allein schon daran, dass letztendlich genau diese Punkte auch benannt werden in den Strategien gegen einen Fachkräftemangel, und zum anderen ist das im Prinzip ein Punkt, der nur sehr langfristig und sehr langwierig letztendlich behoben werden kann an der Stelle. Man muss hier also den jungen Leuten klar sagen, dass sich Bildung wieder lohnt und dass man vor allen Dingen im Prinzip am Arbeitsmarkt gefragt ist, und dieses Gefühl muss man im Prinzip den Leuten übermitteln.
Breker: Aber genau das ist es ja, Herr Kubis. Das war das dritte Treffen zum Fachkräftemangel und die Frage ist, was ist denn seither geschehen. Diese Probleme werden immer wieder benannt, aber wird denn auch etwas getan?
Kubis: An der Stelle ist eben die Frage, wer ist da wirklich der Verantwortliche dafür, und ein Großteil der Verantwortung des Arbeitsmarktes liegt eben letztendlich bei den Arbeitgebern und bei den Arbeitnehmern, sprich bei den Gewerkschaften und eben den industrienahen Verbänden. Wir sehen hier, dass sie zum Beispiel durch bessere Lohnangebote letztendlich dafür sorgen müssen, dass im Prinzip genügend Fachkräfte akquiriert werden können.
Breker: Die Bundeskanzlerin hat ja den europäischen Binnenmarkt, insbesondere die Freizügigkeit angesprochen. Die Jugendarbeitslosigkeit, zum Beispiel in den Krisenländern Griechenland und Spanien, ist das ein Glück für Deutschland?
Kubis: Es ist zumindest kurzfristig vermutlich so, dass es die Situation in Deutschland verbessern hilft. Es ist aber laut unserer Meinung letztendlich nicht so, dass langfristig die Zuwanderung allein aus diesen Ländern, eben Spanien, Portugal und Griechenland, letztendlich den Rückgang im Erwerbspersonen-Potenzial mindern kann.
Breker: Wenn wir mal auf die Solarbranche schauen, Herr Kubis, dann sehen wir, dass die preiswerte Konkurrenz aus China der Solarbranche hierzulande schwer zu schaffen macht. Ist das überhaupt der richtige Weg, Fachkräfte zu importieren? Wäre es nicht vielleicht klüger, die Produktion zu exportieren?
Kubis: Genau das ist ja gerade der Punkt. Wir brauchen letztendlich innovative Produkte. Es hilft uns nicht, letztendlich Sachen zu kopieren, wie es andere Länder eventuell tun, sondern wir brauchen neue Ideen, die letztendlich am Markt auch entsprechende Preise erzielen, um am Ende die Sozialsysteme auch zu sichern. Und an der Stelle helfen nur im Prinzip gut ausgebildete Fachkräfte, die letztendlich diese Ideen entwickeln können.
Heinemann: Alexander Kubis vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Die Fragen stellte mein Kollege Gerd Breker.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Alexander Kubis: Also die Zahlen stimmen so erst mal nicht. Es fehlen drei Millionen Personen im Erwerbspersonen-Potenzial. Das heißt, drei Millionen Personen weniger haben wir im Alter von 15 bis 65. Das sind jetzt noch nicht alles Fachkräfte, das sind also auch Leute, die im Prinzip nicht am Arbeitsmarkt tätig sind, oder eben als Freiberufler und so weiter und so fort.
Gerd Breker: Das heißt, so schlimm ist das Problem gar nicht, so drängend ist es gar nicht, wie die Wirtschaftsverbände es uns weiß machen wollen?
Kubis: Wir müssen hier unterscheiden letztendlich zwischen der Situation, die wir aktuell am Arbeitsmarkt haben und wo wir letztendlich in der Region, in den einzelnen Regionen Engpässe verspüren, vor allen Dingen nur in einzelnen Berufszweigen, und der Zukunft, und was die Zukunft bringt, das hängt jetzt von vielen Faktoren ab. Und einige Faktoren sind zum Beispiel dieser demografische Wandel. Die große Frage ist eben, wie reagiert man darauf. Ist es schlimm, dass quasi das Erwerbspersonen-Potenzial sinkt, und da würde ich sagen, dass also die Betriebe eben noch relativ viel Spielraum haben, auf diesen Rückgang zu reagieren.
Breker: Wir haben ja bei der letzten Begegnung zum gleichen Thema, zum Fachkräftemangel, festgestellt, dass sechs Millionen Frauen nicht erwerbstätig sind und dass man dieses Potenzial nutzen wollte. Was hat man denn in dieser Hinsicht seither getan? Was geschieht denn, um dieses Potenzial zu nutzen?
Kubis: Es gibt ganz viele Baustellen, die an dieser Stelle aufzugreifen sind. Die Frauen sind nur ein Punkt. Es geht auch zum Beispiel darum, dass die älteren Erwerbsfähigen letztendlich erwerbsfähig gehalten werden, dass wir letztendlich über qualifizierte Zuwanderung reden, dass wir darüber reden, dass wir nicht eine hohe Abbrecherquote haben an den Schulen. Das sind ganz viele Baustellen, die letztendlich notwendig sind, wenn man sagt, dass der Rückgang letztendlich schädlich ist für die Entwicklung am Arbeitsmarkt.
Breker: Ist denn da schon etwas geschehen, also kann man erkennen, können Sie als Experte, der die Situation beobachtet, erkennen, dass die Bundesregierung hier initiativ geworden ist?
Kubis: Es sind verschiedene Sachen, die man an der Stelle sagen muss. Zum einen sind sie aktiv geworden, zum anderen haben wir schon eine, vor allen Dingen in Ostdeutschland eine sehr hohe Erwerbsquote bei Frauen, vor allen Dingen bei jungen Frauen, und hier ändert sich letztendlich auch der Arbeitsmarkt im Westen immer mehr, dass wir also auch hier eine hohe Erwerbspartizipation haben bei Frauen schon. Der Trend ist eindeutig zu erkennen.
Breker: Wir haben auf der anderen Seite 1,5 Millionen junge Menschen ohne einen Berufsabschluss. Was geschieht denn in diesem Feld? Kann man hier erkennen, dass erkannt wurde, dass das ein Potenzial ist, was man nutzen kann?
Kubis: Man sieht es allein schon daran, dass letztendlich genau diese Punkte auch benannt werden in den Strategien gegen einen Fachkräftemangel, und zum anderen ist das im Prinzip ein Punkt, der nur sehr langfristig und sehr langwierig letztendlich behoben werden kann an der Stelle. Man muss hier also den jungen Leuten klar sagen, dass sich Bildung wieder lohnt und dass man vor allen Dingen im Prinzip am Arbeitsmarkt gefragt ist, und dieses Gefühl muss man im Prinzip den Leuten übermitteln.
Breker: Aber genau das ist es ja, Herr Kubis. Das war das dritte Treffen zum Fachkräftemangel und die Frage ist, was ist denn seither geschehen. Diese Probleme werden immer wieder benannt, aber wird denn auch etwas getan?
Kubis: An der Stelle ist eben die Frage, wer ist da wirklich der Verantwortliche dafür, und ein Großteil der Verantwortung des Arbeitsmarktes liegt eben letztendlich bei den Arbeitgebern und bei den Arbeitnehmern, sprich bei den Gewerkschaften und eben den industrienahen Verbänden. Wir sehen hier, dass sie zum Beispiel durch bessere Lohnangebote letztendlich dafür sorgen müssen, dass im Prinzip genügend Fachkräfte akquiriert werden können.
Breker: Die Bundeskanzlerin hat ja den europäischen Binnenmarkt, insbesondere die Freizügigkeit angesprochen. Die Jugendarbeitslosigkeit, zum Beispiel in den Krisenländern Griechenland und Spanien, ist das ein Glück für Deutschland?
Kubis: Es ist zumindest kurzfristig vermutlich so, dass es die Situation in Deutschland verbessern hilft. Es ist aber laut unserer Meinung letztendlich nicht so, dass langfristig die Zuwanderung allein aus diesen Ländern, eben Spanien, Portugal und Griechenland, letztendlich den Rückgang im Erwerbspersonen-Potenzial mindern kann.
Breker: Wenn wir mal auf die Solarbranche schauen, Herr Kubis, dann sehen wir, dass die preiswerte Konkurrenz aus China der Solarbranche hierzulande schwer zu schaffen macht. Ist das überhaupt der richtige Weg, Fachkräfte zu importieren? Wäre es nicht vielleicht klüger, die Produktion zu exportieren?
Kubis: Genau das ist ja gerade der Punkt. Wir brauchen letztendlich innovative Produkte. Es hilft uns nicht, letztendlich Sachen zu kopieren, wie es andere Länder eventuell tun, sondern wir brauchen neue Ideen, die letztendlich am Markt auch entsprechende Preise erzielen, um am Ende die Sozialsysteme auch zu sichern. Und an der Stelle helfen nur im Prinzip gut ausgebildete Fachkräfte, die letztendlich diese Ideen entwickeln können.
Heinemann: Alexander Kubis vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Die Fragen stellte mein Kollege Gerd Breker.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.