Donnerstag, 18. April 2024

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Kunstausstellung "Illusion Natur. Digitale Welten"
Virtuelle Sehnsuchtsorte

Dem KI-Hype, VR-Brilleneinsatz und PC-Bezug zum Trotz: "Die Natur als Sehnsuchtsort ist ein starkes Thema in der digitalen Kunst", sagte Kuratorin Ina Fuchs im Dlf. Das zeigt die Ausstellung "Illusion Natur. Digitale Welten" im Museum Sinclair-Haus.

Kuratorin Ina Fuchs im Corsogespräch mit Ina Plodroch | 11.11.2019
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Ausschnitt aus der Arbeit "Trans-Nature" von Miguel Chevalier (Miguel Chevalier und VG Bild-Kunst, Bonn 2019 )
Natur ist immer Trend: Bast und Rattan in der Wohnung sind gerade mal wieder das Ding, genau wie der Wunsch nach natürlichen Inhaltstoffen in der Naturkosmetik aus dem Bioladen. Trotz des digitalen Lebens, scheint sich der Mensch weiterhin nach der Natur zu sehnen. Auch wenn das Digitale und die Natur gegensätzlich erscheinen, beschäftigen sich Künstler und Künstlerinnen auch im digitalen Raum mit dem Thema. Das zeigt die gerade eröffnete Ausstellung im Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg - einem Museum für zeitgenössische Kunst.
Immersion ist wichtig
"Wir mussten uns technisch wirklich sehr darauf einrichten", erzählte Kuratorin Ina Fuchs im Deutschlandfunk. "Man sieht sehr viele Installationen, sehr viele Screens. Aber wir haben viele Arbeiten, die sehr haptisch funktionieren." Viele Künstler, die sich mit digitaler Kunst beschäftigen, lehnen sich an die alte Kunst wieder an, sagte Fuchs. So verwendeten sie auch Screens in Bilderrahmen. Man habe das Gefühl, man stehe vor einem ganz normalen Tafelbild, das sich plötzlich bewege.
Immersion sei ein ganz wichtiger Teil der digitalen Kunst. "Wir haben einen Raum von Miguel Chevalier, dieser Raum ist komplett schwarz, und sie haben auch von zwei Projektoren eine Leinwand bestrahlt", erzählte Ina Fuchs. Der Boden bestehe aus einer schwarzen Folie, die das wiederum spiegele. Man stehe also auf diese Weise förmlich in dem Werk drin, das sei ein schönes Erlebnis für die Besucher. Der Raum habe eine sehr künstliche Naturanmutung, er verstecke nicht, dass es digital gemacht sei. Es sei sehr abstrakt, es gehe um Formen und Strukturen.
Künstliche Naturempfindung
"Das ist natürlich immer etwas Bildhaftes, aber für eine wirkliche Naturwahrnehmung braucht man viel mehr, da braucht man, dass man etwas anfassen kann, etwas riecht", so Fuchs. Aber manchmal wolle sich die Kunst ja auch nicht annähern, sondern es gehe bewusst darum, sich zu entfernen. Außerdem sei es spannend zu sehen, was sich in den letzten Jahrzehnten getan habe. Wenn man die Anfänge aus den 1980er-Jahren heute sehe, komme es einem sehr alt vor, obwohl es noch gar nicht so lange her sei.
Das älteste Objekt in der Ausstellung sei von Vera Molnár, eine Pionierin der digitalen Kunst. Sie habe sich mit ihrer Arbeit auf ein Motiv bezogen, was in der Kunstgeschichte sehr beliebt sei: den Berg Montagne Sainte-Victoire, den habe Cézanne sehr oft gemalt, der habe eine markante Silhouette. "Sie hat den Berg in einen Algorithmus gefasst, so dass der Computer die Konturen nachzeichnet."
Natur als Sehnsuchtsort
Diese Sehnsucht nach der Natur sei heute genau so stark wie früher. "Das Schöne an der digitalen Kunst ist, dass das, was die Menschen mit der Natur gemacht haben, sie zerstört haben, das kann man in der digitalen Kunst wieder ausblenden, den Müll entfernen". Die Kritik daran, wie der Mensch mit der Natur umgehe, schwinge auch immer mit, so Kuratorin Ina Fuchs. Außerdem erweitere die digitale Kunst unsere Wahrnehmung.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.