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Landtagswahl in Sachsen
"Die CDU Sachsen grenzt AfD-Wähler nicht aus"

Der Chef der CDU im sächsischen Landtag, Steffen Flath, will sich im Landtagswahlkampf mit der AfD und ihren Wählern auseinandersetzen. Im Deutschlandfunk sagte Flath, dass er die Wähler ernstnehmen möchte. Im Gegensatz zu Volker Kauder, Fraktionschef der CDU-Fraktion im Bundestag, würde er mit AfD-Politikern in Talksendungen sprechen.

Steffen Flath im Gespräch mit Gerd Breker | 03.06.2014
    Steffen Flath, Fraktionschef der sächsischen CDU im Landtag in Dresden (Sachsen)
    Steffen Flath, Fraktionschef der sächsischen CDU im Landtag in Dresden (Sachsen) (picture-alliance/dpa/ Sebastian Kahnert)
    "Ich kenne persönlich einige, die Alternative für Deutschland (AfD) gewählt haben. Die möchte ich dazu bringen, dass sie wieder CDU wählen", unterstrich er seine Haltung.
    Im Hinblick auf Volker Kauders Aussage, es für sinnlos zu halten, mit Vertreter der AfD zusammen in einer Talkrunde zu sitzen, sagte Flath, dass so etwas in Berlin gesagt werden könne. Dort sei kein Wahlkampf. "Beim Versuch die AfD in eine rechtspopulistische Position zu bringen, fühlen sich auch die Wähler beleidigt, die bewusst der AfD die Stimme gegeben habe. Wir werden immer wieder im Wahlkampf mit den Aussagen von AfD-Parlamentariern konfrontiert, damit müssen wir uns auseinandersetzen", erklärte er den Unterschied zur Bundes-CDU.
    Keine Koalition mit der Linken und NPD
    Zu Koalitionsaussagen machte Flath keine konkreten Aussagen. "Es gibt eine Chance, dass wir allein regieren können, wir regieren jetzt erfolgreich mit der FDP." Allerdings schloss er zwei Koalitionspartner bereits aus: "In Sachsen ist ausgeschlossen mit der NPD zu koalieren und auch ausgeschlossen mit der Linkspartei eine Koalition einzugehen".

    Das gesamte Interviw können Sie hier nachlesen:
    Gerd Breker: Es war der Albtraum von Franz-Josef Strauß: Rechts von der CSU sollte keine Partei entstehen. Lange Jahrzehnte gelang dieser Spagat, doch nun mit der Euro-Krise, mit den Rettungspaketen, da entstand die AfD, die Alternative für Deutschland, und sie ist rechts von der CSU, rechts von der Union anzusiedeln. Nun hat die Union ein Problem: Wie umgehen mit diesen Schmuddelkindern von der AfD? Soll man sie ignorieren, sollte man sich mit ihnen argumentativ auseinandersetzen, sollte man sie gar als potenzielle Koalitionspartner ansehen? Viele Fragen und unterschiedliche Antworten. Die Wähler, die hätte man gern, aber die AfD? – Die Union auf Strategiesuche.
    Am Telefon sind wir nun verbunden mit Steffen Flath, er ist der Fraktionsvorsitzende der CDU im sächsischen Landtag. Guten Tag, Herr Flath.
    Steffen Flath: Schönen guten Tag aus Dresden.
    Breker: Kann man das eigentlich so machen? Kann man die in Sachsen zweistellige AfD einfach so ausgrenzen, so als ob es sie nicht gäbe?
    Flath: Sagen wir mal so: Es macht einen Unterschied, ob ich die Frage theoretisch erörtere, oder ob ich ganz konkret, wie es uns in Sachsen im Augenblick geht. Wir stehen im Wahlkampf, wir haben am 31. August Wahlen, und da steht für mich zunächst einmal nicht im Vordergrund, was wird aus der AfD, sondern ich sehe die Wähler – und das waren bei der Europawahl immerhin reichlich zehn Prozent in Sachsen – und ich möchte mit den Wählern kommunizieren. Deshalb kann ich sie nicht ausgrenzen, sondern ich muss ihre Anliegen - - Ich meine, da ist immer auch ein Teil Protestwählerpotenzial dabei, die kann man vielleicht nicht erreichen, aber ich kenne persönlich doch einige, die sich inzwischen auch bekannt haben, dass sie AfD gewählt haben, und die möchte ich gerne bei der Landtagswahl wieder dazu bringen, dass sie CDU wählen.
    Da gibt es einen berechtigten Grund dafür, weil unsere Finanzpolitik in Sachsen ist gerade vorbildhaft im Unterschied zu anderen Bundesländern, zu anderen Mitgliedern der Europäischen Union, und wenn AfD-Wähler wollen, dass wir diese solide durchdachte Politik fortsetzen, dann ist das am besten möglich, indem sie uns die Stimme geben.
    Breker: Herr Flath, Sie sagen es: Die AfD, die fischt im konservativen Teich der Wählerstimmen, also eigentlich in Ihrem Teich. Sie nimmt Ihnen Stimmen weg. Die Wähler wollen Sie haben. Aber kann man dann die AfD ausgrenzen?
    Mit den AfD-Argumenten auseinandersetzen
    Flath: Es wird ja gar nicht möglich sein, die AfD auszugrenzen, weil wenn man mal die letzte Woche allein verfolgt, dann ist es ja für die AfD gar nicht schlecht gelaufen. Sie sind Gegenstand der öffentlichen Debatte und wir werden auch im Wahlkampf immer wieder konfrontiert werden mit Aussagen von jetzt gewählten AfD-Wählern, die im Europäischen Parlament sitzen, und wir haben uns damit auseinanderzusetzen. Freilich verstehe ich die auch in Berlin, die uns da gescheite Ratschläge geben. Es darf nicht darum gehen, dass eine AfD als solche durch die CDU aufgewertet wird, aber die Wähler sollten wir schon ernst nehmen.
    Breker: Also ganz klar gesagt: So einfach, wie Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer sich das macht, das kann sich die sächsische Union gar nicht leisten, sagen, die Debatte ist beendet. Es geht um die Wähler!
    Flath: Ja klar. Ich meine, in Berlin kann man das sagen, in Berlin stehen aller Wahrscheinlichkeit nach keine Wahlen bevor. Aber wenn man jetzt in der Wahlauseinandersetzung steht – und die AfD hat natürlich durch die Europawahl Rückenwind bekommen, ganz klar. Und wir als CDU, das ist nicht aussichtslos, wie wir da herangehen, ganz im Gegenteil. Wir sollten das sehr offensiv in der Öffentlichkeit argumentieren, sollten freilich im Einzelfall immer abwägen, führt das jetzt zu einer unnötigen Aufwertung, oder aber nehmen wir damit die Wähler der AfD ernst, und ich denke mal, diese Abwägung wird uns am besten vor Ort gelingen. Da können sie uns von Berlin aus relativ wenig helfen.
    Breker: Herr Flath, malen wir doch einfach mal den Teufel an die Wand und übertragen das Europawahl-Ergebnis auf die Ende August anstehenden Landtagswahlen. Die CDU bräuchte einen Koalitionspartner!
    Vor der Wahl grenzt sich die CDU klar ab
    Flath: Nach den jetzigen Umfragen gibt es eine kleinere Wahrscheinlichkeit, dass wir vielleicht sogar allein regieren können. Das haben wir ja schon mal über drei Legislaturen in Sachsen getan. Das waren nicht gerade die schlechtesten Jahre fürs Land. Wir haben aber in Sachsen auch schon mit der SPD fünf Jahre regiert, unterm Strich war das auch ein Erfolg, und wir regieren jetzt sehr erfolgreich mit der FDP, auch wenn das in der Öffentlichkeit nicht immer so Niederschlag findet. Aber von den Tatsachen her gesehen ist es einfach so. Wir haben im letzten Jahr mit den Grünen in Sachsen eine Verfassungsänderung mit einem Neuverschuldungsverbot hinbekommen. Das heißt, wir stehen auch den Grünen nicht feindlich gegenüber. Mir muss es doch darum gehen, vor einer Wahl mich freilich abzugrenzen zu anderen Parteien, aber auf der anderen Seite in einer Demokratie auch deutlich zu machen, mit wem ich alles zusammenarbeiten kann, wenn es darauf ankommt.
    Und da ist für uns lediglich in Sachsen – das wird jeder verstehen – ausgeschlossen, mit einer NPD zu koalieren, und wir haben auch in Sachsen immer darauf hingewiesen, dass wir mit der Linkspartei keine Koalition eingehen könnten. Das hat was mit der Geschichte zu tun. Und mich wundert schon, dass gerade darüber, dass sich gerade SPD und Grüne sehr oft offen zeigen für eine Zusammenarbeit mit den Linken, in Deutschland keine vergleichbare Diskussion stattfindet wie jetzt mit der AfD.
    Breker: Wenn man sich um der Wähler Willen argumentativ mit der AfD auseinandersetzen will, dann bedeutet das natürlich, Herr Flath, dass man ihnen auch gleichzeitig ein Forum bietet, sich populär und bekannt zu machen.
    Flath: Das ist wohl so. Solche Vorwürfe wird es immer im Einzelfall geben. Nur müssten sich dann den Vorwurf auch die Medien gefallen lassen, weil die Medien berichten natürlich darüber und tragen dazu auch dann mit bei. Also wäre das eine geteilte Last, die man zu tragen hat. Es ist nun mal in einer Wahlauseinandersetzung in einer Demokratie vielleicht auch ganz normal und wir sollten das Ganze vielleicht etwas unaufgeregter angehen, als es gegenwärtig dargestellt wird.
    Breker: Nach den Erfahrungen der Europawahl, Herr Flath, haben Sie sich sicherlich auch schon Gedanken gemacht, wie man denn die aus Ihrer Sicht Abtrünnigen, die, die die AfD gewählt haben, wie man die erreichen kann.
    Flath: Ja klar! Ich meine, ich gelte ja selbst als ein konservativer Politiker, und unter den Gründern der AfD sind ja nicht wenige, die lange Jahre in der CDU Mitglied waren. Deshalb kennt man die Argumente ganz gut, aber es führt mich immer wieder dazu: es gibt eigentlich keinen Grund, in Sachsen bei einer Landtagswahl die AfD zu wählen. Bei der Europawahl hatte ich ein gewisses Verständnis für Wähler, die dort mehr finanzielle Solidität wünschen. Aber in Sachsen ist das alles gegeben. Deshalb werbe ich dafür und ich denke, auch mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg, dass die CDU wirklich als stärkste Partei aus den Wahlen hervorgeht.
    Keine Angst vor Talkshow mit AfD-Politikern
    Breker: Um das noch mal ganz klarzustellen, Herr Flath: Anders als die Bundes-Union wird die sächsische Union im Werben um die Wähler der AfD diese nicht ausgrenzen, sondern durchaus mit ihr argumentativ sich auseinandersetzen.
    Flath: Ja natürlich! Wissen Sie, es ist einfach so: Wenn ich den Versuch unternehme, bei allem Verständnis, die AfD jetzt irgendwo in eine rechtsradikale oder, sagen wir ein bisschen gemildert, in eine rechtspopulistische Position zu bringen, fühlen sich ja immer auch die Wähler durchaus dann beleidigt, die ganz bewusst der AfD ihre Stimme gegeben haben. Das habe ich zu beachten, alleine auch schon in der Kommunikation. Das habe ich freilich nicht zu beachten, wenn keine Wahlen unmittelbar bevorstehen. Im Bund stellt sich ja die Frage nicht. In Sachsen kann sich die Frage stellen, ich weiß es nicht. Das überlassen wir mal schön den Wählern und am 31. August möchte ich gerne, dass unser Ministerpräsident die Freiheit hat zu entscheiden, mit wem Gespräche aufgenommen werden. Das sollte man am 31. August Abends entscheiden.
    Breker: Herr Flath, um es ganz konkret zu machen: Wenn der Mitteldeutsche Rundfunk Sie zu einer Fernseh-Talkshow einlädt, mit einem Vertreter der AfD, Sie gehen hin?
    Flath: Das ist übrigens schon mal passiert, weil wenn der Mitteldeutsche Rundfunk einlädt, dann ist es doch Sache des Einladers, wen er einlädt. Ich weiß das gelegentlich gar nicht. Ich muss dann mit der Situation umgehen und ich habe überhaupt keine Angst davor, dass ich nicht genügend Argumente hätte, mich dann auch in einer solchen Situation mit der AfD auseinanderzusetzen. Ganz klar!
    Breker: Da unterscheidet sich der Fraktionsvorsitzende im sächsischen Landtag der CDU vom Bundesvorsitzenden der Fraktion im Bundestag, Volker Kauder. – Steffen Flath war das im Deutschlandfunk. Herr Flath, ich danke Ihnen sehr für dieses Gespräch.
    Flath: Bitte schön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.