
Susanne Kuhlmann: Biodiversität, Tierwohl, Gewässerschutz und die teils widersprüchlichen Anforderungen der Verbraucherinnen und Verbraucher – worauf stellen sich junge Landwirte ein, wenn sie ihre Betriebsentwicklung planen. Wollen oder müssen sie entscheidende Dinge anders machen als die Generation vor ihnen und löst das womöglich Konflikte aus? – Danach fragte ich vor dieser Sendung Christoph Daun. Mit seinem Bruder und seinem Vater bewirtschaftet er einen Milchvieh-Betrieb in Hörscheid in der Vulkaneifel. Christoph Daun ist außerdem Vizepräsident der Europäischen Landjugend.
Christoph Daun: Verschiedene Ansichten, denke ich, sind ganz normal zwischen Generationen. Allerdings die von Ihnen angesprochenen Werte, denke ich, galten auch schon für vorangegangene Generationen. Jedoch hat sich die Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg und vor allem für die öffentliche Wahrnehmung massiv geändert. Diese Rahmenbedingungen, denke ich, können von Junglandwirten etwas leichter begegnet werden, da sie in einer medialeren Zeit aufgewachsen sind und damit früher konfrontiert werden, und auch das öffentliche Interesse eine, ich will mal nicht sagen, ganz neue Erscheinung, aber doch eine ist, die in den letzten Jahren stark zugenommen hat, so dass Junglandwirte eher gewohnt sind, dass ihre Arbeit von der Öffentlichkeit in Frage gestellt wird oder, ich sage mal, kritisch beäugt.
Dass diese veränderten Rahmenbedingungen zur Diskussion zwischen jüngeren und älteren Landwirten oder auch Vertretern führen kann, denke ich, ist auch ganz normal. Wenn der Abstand von einer ganzen Generation dazwischen liegt, hat natürlich die jüngere Generation eine andere Herangehensweise als die ältere. Der jüngere Landwirt will vielleicht noch 30 Jahre weiter Landwirt sein und der ältere sieht vielleicht schon der Rente entgegen, so dass natürlich da die Motivation, inwiefern man vielleicht Öffentlichkeitsarbeit betreibt oder Investitionen tätigt, verschieden ist.
"Man kann nicht gegen den Markt produzieren"
Kuhlmann: Wer wie Sie, nehme ich mal an, die nächsten 30 Jahre auf seinem Hof, in seinem Betrieb verbringen möchte, muss den Hof auf irgendeine Weise zukunftsfähig machen. Worauf kommt es dabei an aus Ihrer Sicht?
Daun: Das, denke ich, kann man nicht zwangsmäßig verallgemeinern. Was man natürlich für jede Branche, nicht nur für die Landwirtschaft sagen kann, dass es wichtig ist, dass man wettbewerbsfähig und leistungsfähig ist, dass man am Puls der Zeit arbeitet, dass man sich weiterbildet, und vor allem, dass man sich am Markt orientiert. Man kann nicht gegen den Markt oder gegen die Anforderungen des Marktes produzieren.
Wenn man jetzt, wie Sie eingangs gefragt haben, von Tierwohl oder Gewässerschutz, Luftschutz, Klimaschutz spricht, dann muss man sich auch Gedanken machen, wie kann ich das in meine Produktion einbauen, wie kann ich zeigen, dass mir diese Punkte wichtig sind, und wie kann ich daraus einen Mehrwert für den Verbraucher als auch für meinen Betrieb generieren.
Kuhlmann: Wie kann man das?
Daun: Nehmen wir zum Beispiel mal den Punkt Tierwohl. Da kann man einfach über den gesetzlichen Standard produzieren. Man kann sich vielleicht aber auch was Neues ausdenken, ob man jetzt das Schwein auf Stroh hält. Da ist einem ja selbst benommen, wieviel Platz man da mehr geben will und wie man das auch entsprechend vermarkten kann. Man muss nur auf diesen Spagat aufpassen, dass nicht jedes Maß an Tierwohl, was ich als Landwirt dem Tier zur Verfügung stelle, auch vom Verbraucher so honoriert wird.
Mit dem Verbraucher in Kontakt treten
Kuhlmann: Wie versuchen Sie denn, mit den Endkunden, mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Kontakt zu kommen, um denen auch Ihre Sicht der Dinge, Ihren Blick auf Ihre Arbeit zu vermitteln?
Daun: Ich selber engagiere mich ehrenamtlich und versuche, auf verschiedenen Ebenen und Veranstaltungen mit dem Verbraucher in Kontakt zu treten, aber auch mit der Politik, um zu verstehen, welche Anforderungen an uns Landwirte gestellt werden, und auch zu erklären, was die Landwirtschaft leisten kann und was eben nicht.
Auf privater Ebene bin ich jederzeit bereit, den Betrieb zu öffnen, die Türen zu öffnen - die meiste Zeit stehen sie sogar auf -, dass Vorbeikommende einfach einen direkten Blick reinwerfen können in den Stall, sich angucken können, wie die Tiere dort liegen, fressen, laufen, dass man kleine Gruppen gerne aufnimmt auf dem Betrieb und ihnen den Betrieb gerne zeigt. Da kann jeder Landwirt versuchen, der Öffentlichkeit etwas zu zeigen, zu erklären. Wenn jemand fragend am Feldrand steht oder man sieht, dass er vielleicht sich Fragen stellt, dass man einfach mit demjenigen spricht und versucht zu erklären, warum man das macht und was das bringt, was man da gerade tut.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.