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Lanzarote
Protest gegen Ölbohrprojekt

Auf Lanzarote protestieren seit Tagen Menschen gegen geplante Erdölbohrungen im Atlantik. Sie befürchten massive Umweltschäden. Ein von den kanarischen Bewohnern für den 23. November geplantes Referendum wurde kurzfristig von der spanischen Regierung gestoppt.

Von Oliver Neuroth |
    Ein Schlauchboot schwimmt am 16.02.2009 entlang der Küste der spanischen Kanareninsel Lanzarote.
    Wellen an der Küste von Lanzarote (afp / Desiree Martin)
    Die Bewohner von Lanzarote feiern die Umwelt-Aktivisten wie Popstars. Rund 100 Menschen jubeln, winken und schwenken im Hafen der Inselhauptstadt Arrecife Fahnen, als Anfang der Woche das Greenpeace-Schiff "Arctic Sunrise" anlegt. Es kommt von einer Protestaktion auf dem offenen Meer zurück: Die Umwelt-Aktivisten waren bis auf wenige Meter an die mobile Bohrinsel des spanischen Öl-Konzerns Repsol herangefahren, um zu protestieren.
    "Sie sind Helden, weil sie gegen die Erdöl-Bohrungen im Atlantik kämpfen. Wir glauben, dass die Bohrungen schlecht sind für das Leben im Meer." - "Wir Einwohner von Lanzarote sind überglücklich, weil Greenpeace zu uns gekommen ist, um unseren Kampf zu unterstützen!"
    Mit dieser Meinung stehen die beiden stellvertretend für die Stimmung auf Lanzarote. Eine große Mehrheit ist gegen das Erdöl-Projekt im Atlantik – auch wenn der Bohrturm rund 60 Kilometer von der Kanaren-Insel entfernt liegt. Zu groß ist die Angst, dass ein ähnliches Szenario wie vor vier Jahren im Golf von Mexiko passiert – dass ebenfalls hunderttausende Liter Erdöl aus einer Bohrinsel ins Meer laufen. Beatriz Ayala von der Umweltschutzorganisation WWF:
    "Das wäre absolut fürchterlich. Die Kanarischen Inseln sind bekannt für ihre außerordentliche Artenvielfalt – gleichzeitig für ihre Zerbrechlichkeit und Verletzlichkeit. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Kanaren als sensible maritime Zone eingestuft sind. Deshalb wäre es schrecklich, wenn Öl auslaufen würde."
    Sorge um Trinkwasserreinheit
    Die Umweltschützer machen sich aber nicht nur Sorgen um die Tier- und Pflanzenwelt – sondern auch um das Leben der Menschen auf den Kanaren.
    "Die Menschen hier bekommen ihr Trinkwasser aus Meerwasser-Entsalzungsanlagen. Weil es auf Fuerteventura und Lanzarote so gut wie nie regnet, kommt 100 Prozent des Trinkwassers aus diesen Anlagen. Deshalb wäre ein Öl-Unfall auch eine humanitäre Katastrophe."
    Und eine Katastrophe für den Tourismus auf den Kanaren, die wichtigste Einnahmequelle der Inseln –befürchten zumindest die Gegner des Projekts. Selbst der Anblick von Bohrtürmen im Meer könnte ihrer Ansicht nach Urlauber abschrecken.
    Alternativen zum Tourismus
    Die vergleichsweise kleine Gruppe der Befürworter der Öl-Bohrungen sieht das anders – zum Beispiel dieser Gastronom aus Deutschland, der ein Restaurant in Arrecife betreibt:
    "Den Kanaren geht es wirtschaftlich richtig schlecht, trotz Tourismus. Es braucht Alternativen. Ich lebe hier schon seit Jahren und ich sehe das. Wir haben Flughäfen gebaut – die Leute sind weiter gekommen. Bettenburgen – die Leute sind weiter gekommen. Die Leute kommen weiter!"
    Klar ist, dass die Kanarischen Inseln wirtschaftlichen Aufschwung gebrauchen können. Sie wurden besonders hart von der Krise in Spanien getroffen – jeder Dritte ist heute noch arbeitslos, bei den jungen Menschen ist es jeder zweite. Traude Gfoeller zweifelt, dass das Öl-Projekt dieses Problem lösen kann. Die Österreicherin lebt seit Jahren auf Lanzarote und engagiert sich für den Umweltschutz.
    "Der Konzern Repsol hat 27.000 Arbeitsplätze auf der ganzen Welt. Und hier vor unserer kleinen Insel wurden uns 52.000 Arbeitsplätze versprochen. Ist ganz klar, dass viele Menschen daran festgehalten haben und gesagt haben: Jetzt endlich kriegt der Bub eine Arbeit! Ist ja ganz klar. Dass sich das in den letzten Jahren dann auf 5.000, jetzt sind wir sogar schon auf 3.000 Arbeitsplätze – ich weiß immer noch nicht, wo sie diese 3.000 Arbeitsplätze schaffen wollen auf diesem Bohrschiff – ist alles nicht wahr."
    Auch wenn seit Dienstag nun gebohrt wird – die Gegner wollen weiter protestieren. Sie hoffen, dass aus den begonnen Probe-Bohrungen kein Langzeitprojekt wird. Repsol vermutet eine Million Barrel Öl zwischen Lanzarote und dem marokkanischen Festland. Wenn es nach dem Konzern geht, soll in den kommenden 30 Jahren Erdöl gefördert werden.
    Auf Unterstützung von Greenpeace können die Inselbewohner allerdings nicht mehr hoffen. Nach der Protestaktion am vergangenen Wochenende hat die spanische Marine das Forschungsschiff "Arctic Sunrise" (kurzfristig) beschlagnahmt. Es sei trotz Warnungen in ein Sperrgebiet eingedrungen – nämlich in die unmittelbare Nähe der Bohrinsel. Ein Zeichen dafür, dass es die spanische Regierung ernst meint: Sie hat die Erlaubnis für die Bohrungen erteilt und lässt keinen Widerspruch mehr zu. Weder eine Volksabstimmung, noch eine Demonstration auf dem Meer.