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Leck im NSA-Untersuchungsausschuss
Suche nach Wikileaks-Informant

Die Internet-Plattform Wikileaks hat Ende 2016 tausende Dokumente aus dem NSA-Untersuchungsausschuss veröffentlicht. Die Generalstaatsanwaltschaft prüft den Vorgang, rechnet aber damit, dass es keine Ermittlungen geben wird. Dennoch steht die Frage im Raum, ob der Informant im Bundestag oder möglicherweise im Kanzleramt sitzt.

Von Barbara Schmidt-Mattern |
    ILLUSTRATION - Durch eine Lupe ist am Dienstag (30.11.2010) auf der Internet-Seite von Wilileaks das Wort «Secret» zu sehen. Am ersten Tag der Wikileaks-Veröffentlichung von US-Botschaftsdepeschen hat das Enthüllungsportal mehr als 200 Dokumente veröffentlicht, am zweiten Tag waren es 60. Foto: Oliver Berg dpa/lnw | Verwendung weltweit
    Konstantin von Notz, für die Grünen im NSA-Untersuchungs-Ausschuss: "Wichtig ist zu verstehen, dass Zugang zu diesen Akten viele Leute hatten, auch viele auf exekutiver Seite." (dpa)
    Das Leck im NSA-Untersuchungs-Ausschuss ist zumindest, was die Menge an Papier betrifft, ziemlich gewaltig: Knapp 2.400 Dokumente wurden im vergangenen Dezember auf der Internet-Plattform Wikileaks veröffentlicht. Unterlagen, die vom Inhalt her allerdings ziemlich banal klingen:
    "Also es sind oft Dokumente, wo es um Zeugenladungen geht, Verfügungen des Ausschuss-Sekretärs von damals. Also im Grunde interne Vermerke, die nicht besonders geheim sind oder Geheimnisse bergen."
    Sagt Christdemokrat Patrick Sensburg, der Vorsitzende des NSA-Untersuchungs-Ausschusses, gegenüber dem Deutschlandfunk Hauptstadtstudio. Dennoch ist die Sensibilität seit der Sonden-Affäre hoch, und so bleibt die wichtige Frage, wer Wikileaks die Daten zugespielt hat. Sitzt der Informant im Bundestag oder möglicherweise im Kanzleramt? Diese Frage wirft die "Süddeutsche Zeitung" heute auf. Das Blatt berichtet über mögliche Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft in Berlin gegen die Bundesregierung.
    "Also ich glaube, es wird sehr schwer sein für die Berliner Staatsanwaltschaft, hier denjenigen rauszubekommen, der wirklich die Dokumente weitergegeben hat. Wenn der es halbwegs geschickt angestellt hat, dann sind da kaum Spuren zu finden."
    Suche nach der Nadel im Heuhaufen
    So Patrick Sensburg im Gespräch mit dem Deutschlandfunk Hauptstadtstudio. Dass tatsächlich Ermittlungen aufgenommen werden, will die Generalstaatsanwaltschaft nicht bestätigen. Die Prüfung sei zwar noch nicht abgeschlossen, erklärt ein Sprecher gegenüber unserem Programm – aber er rechnet damit, dass das Verfahren ohne Aufnahme von Ermittlungen eingestellt wird. Es ist die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, erklärt Konstantin von Notz, der für die Grünen im NSA-Untersuchungs-Ausschuss sitzt:
    "Wichtig ist zu verstehen, dass eben Zugang zu diesen Akten viele, viele Leute hatten und eben auch viele auf exekutiver Seite. Und insofern die Frage der 'Schuld' nicht so eindeutig ist, wie das gerne aus dem Bundeskanzleramt oft beschrieben wird."
    Konstantin von Notz hält es zwar für unwahrscheinlich, dass hinter der heimlichen Weitergabe der Unterlagen ein Mitglied der Bundesregierung steckt. Aber er ärgert sich, dass umgekehrt die Exekutive immer wieder versuche, den Verdacht auf ein Datenleck auf das Parlament zu lenken:
    "Das ist eigentlich ein ungeheurer Vorgang, wenn man sich mal klarmacht, was das für ein Vorwurf ist. Und deswegen begebe ich mich gar nicht auf das Niveau und drehe jetzt den Zeigefinger in die andere Richtung."
    Der Grünen-Politiker wirft der Exekutive vor, die Aufklärungsarbeit der Abgeordneten zu behindern. Seit über drei Jahren versucht der Untersuchungsausschuss Licht ins Dunkel der amerikanischen Geheimdienst-Arbeit zu bringen, das abgehörte Handy von Kanzlerin Angela Merkel steht pars pro toto für die ganze Abhör-Affäre. Konstantin von Notz fühlt sich in seiner Ausschuss-Arbeit jedoch ausgebremst von der Bundesregierung:
    "Man hat Akten, die vorher in den Behörden im Bundesnachrichtendienst überhaupt nicht eingestuft waren, die hat man als streng geheim eingestuft, sobald sie Abgeordnete sehen sollten. Man muss sich mal vorstellen: Vorher durften die in den Behörden fotokopiert, mit nach Hause genommen werden usw. Aber jetzt, wo sie eben einem parlamentarischen Kontrollgremium vorgelegt werden, werden sie als streng geheim eingestuft. Das war ganz offensichtlich, um die Öffentlichkeit eben über relevante Vorgänge uninformiert zu halten."
    Imageschaden für Wikileaks?
    Für den Ausschuss-Vorsitzenden Patrick Sensburg ist an der ganzen Datenleck-Affäre noch etwas anderes entscheidend. Da die auf Wikileaks veröffentlichten Ausschuss-Dokumente aus seiner Sicht eher trivial sind, sieht Sensburg nach dem Datenklau weniger einen Image-Schaden für den Bundestag, als für die Internet-Plattform Wikileaks.
    "Man muss eher sagen, dass es ein Imageschaden für Wikileaks ist, solche Dokumente zu veröffentlichen, das als Skandal darzustellen. Ich glaube, da hätte Wikileaks erst mal genauer prüfen müssen, was sie überhaupt für Dokumente zugespielt bekommen haben."
    So sagt die Datenklau-Affäre zum jetzigen Zeitpunkt weniger über die Arbeit der Geheimdienste aus, als über das Verhältnis von Bundesregierung und Bundestag.