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Leipzig
Einheitsdenkmal vor dem Aus

Als Platz des ungebauten Denkmals könnte er in die Geschichte eingehen: Der Wilhelm-Leuschner-Platz in Leipzig. Hier sollte Anfang Oktober das Freiheits- und Einheitsdenkmal eingeweiht werden. Doch das Vorhaben steht vor dem Aus. Am Nachmittag wird der Leipziger Stadtrat darüber abstimmen.

Von Nadine Lindner | 16.07.2014
    Leipzig am 23.10.1989: Rund 300.000 Menschen demonstrieren für die Freiheit.
    In Leipzig demonstrierten 1989 hunderttausende Menschen für die Freiheit: Der Wilhelm-Leuschner-Platz war jedoch nie Zentrum der Demonstrationen. (picture-alliance / dpa)
    Man kann den Wilhelm-Leuschner-Platz getrost als die bekannteste Brache Leipzigs bezeichnen: Eine große Fläche am Rande der Innenstadt, eigentlich in bester Lage, die zum einen Teil als Parkplatz genutzt wird und zum anderen Teil einfach nur da ist. Hier sollte am 9. Oktober 2014 eingeweiht werde, das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal - eigentlich.
    Doch anders als die Nikolaikirche, der Ring oder der Augustusplatz lag hier kein Schwerpunkt der Demonstrationen am 9. Oktober. Das muss auch Stadtsprecher Matthias Hasberg einräumen, bei einem pragmatischen Erklärungsversuch:
    "Der Leuschnerplatz liegt am Ring. Von daher ist auch eine natürliche Verbindung zum Herbst 1989 da. Aber er war nie Zentrum der Demonstrationen. Das wissen aber auch alle. Auf der anderen Seite ist halt Platz dort, das darf man nicht vergessen."
    Der Wilhelm-Leuschner-Platz hat beste Chancen, um als Platz des ungebauten Denkmals in die Geschichte einzugehen. Denn am Nachmittag wird der Leipziger Stadtrat darüber abstimmen, das laufende Vergabeverfahren einzustellen. Da dieser Antrag von einem breiten Bündnis aus SPD, CDU und den Grünen unterstützt wird, gilt es als wahrscheinlich, dass er auch angenommen wird.
    Der Fraktionsvorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion, Axel Dyck.
    "Das Verfahren ist gescheitert und wird aller Voraussicht nach eingestellt."
    Atempause für das Denkmal
    Auch die Linkspartei, die das Denkmal bereits häufiger grundsätzliche Kritik am Denkmal geübt hatte, wird einen eigenen Antrag zur Beendigung des Verfahrens einbringen. Die Gründe erläutert die kulturpolitische Sprecherin Skadi Jennnicke:
    "Viele haben Angst, dass ihr subjektives Empfinden in diesem Denkmal nicht abgebildet wird. Diese Erfahrung haben viele Leipziger in den vergangenen 25 Jahren gemacht."
    Es geht ihrer Ansicht nach um die Deutungshoheit der Ereignisse, die das Leben der Menschen in der Stadt grundlegend verändert hat.
    "Und der Übergang vom individuellen Gedächtnis ins kulturelle Gedächtnis, der hat offenkundig noch nicht stattgefunden. "
    Oberbürgermeister Burkhard Jung, SPD, bislang ein großer Befürworter des Denkmals, sprach von einer Atempause. Einen neuen Eröffnungstermin gibt es noch nicht. Die Vorgeschichte: 2007 hatte die Bundesregierung beschlossen, zwei Denkmäler zu bauen, eins in Berlin und eins in Leipzig.
    Doch der Siegerentwurf eines künstlerischen Wettbewerbs, ein geometrisches Farbenfeld blieb in der Öffentlichkeit ungeliebt, es wurde später durch den Entwurf "Herbstgarten" ersetzt, der aber auch Kritik erntete. Das Denkmal, beschäftigte deshalb auch schon die Justiz. Die Architektengruppe M+M aus München, die den ursprünglichen ersten Platz belegt hatte, war vors Oberlandesgericht gezogen, um die Idee zu retten. Die Leipziger reagieren größtenteils gelassen auf das Aus:
    "Spontan, ist gut so."
    Richtige Entscheidung, die Bevölkerung ist noch zu aufgewühlt. Auch in Berlin läuft die Errichtung des Denkmals schleppend und hinkt dem Zeitplan hinterher. Die Hoffnung in Berlin ist, das Denkmal 2015 zum Anlass 25 Jahre Deutsche Einheit einweihen zu können.