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Lithium im Erzgebirge
Goldgräberstimmung in Sachsen

Lithium wird für die Batterieproduktion für Elektroautos gebraucht - und ist somit derzeit ein gefragter Rohstoff. Für eine Region im Osterzgebirge in Sachsen ist das eine gute Nachricht, denn hier liegt eines der größten Lithiumvorkommen Europas. Das weckt Begehrlichkeiten.

Von Alexandra Gerlach und Manuel Waltz | 29.03.2020
Bergleute im Abbau der Grube "Vereinigt Zwitterfeld zu Zinnwald" beim Abbau von Erzproben zur Analyse des Lithiumgehalts. (Archivbild)
Bergleute im Abbau der Grube "Vereinigt Zwitterfeld zu Zinnwald" beim Abbau von Erzproben zur Analyse des Lithiumgehalts. (Archivbild) (dpa/ Wolfgang Thieme )
Der Bergbau hat eine lange Tradition im sächsischen Altenberg. Und jetzt könnte eine Renaissance beginnen. Denn der Ort verfügt über einen Schatz, der nun gehoben werden soll: eines der größten Lithium-Vorkommen in Europa.
"Wir haben eine tolle Zukunft vor uns, mit einer neuen Branche, die wieder zurückkommt, wo wir also anderen Leuten noch eine Möglichkeit geben, tätig zu sein, nicht in der Feinmechanik, nicht im Tourismus, sondern in dem Bergbau. Ja, und für die Zukunft hier im ländlichen Raum, da bin ich schon ganz im Glück."
Bürgermeister Thomas Kirsten jubelt in die Kameras des MDR. Schon seit 1990 steht er für die Freien Wähler an der Rathausspitze der 8.000-Seelen-Gemeinde. Altenberg im Osterzgebirge ist ein staatlich anerkannter Kur- und Wintersportort mit einer anspruchsvollen Bobbahn und war erst kürzlich Austragungsort der internationalen Bob-WM. Von hier aus sind es nur fünf Kilometer bis zur tschechischen Grenze.
Der Zinnbergbau hat die Region geprägt, schon seit dem Mittelalter. Doch 1990 war damit Schluss. Zu teuer und unwirtschaftlich, befand die Treuhandanstalt und schloss die letzte Zeche. Rückblick in einer MDR-Dokumentation: "Es ist Schluss mit der Zinnförderung im Altenberger Revier. Die Treuhand entschied das so im März. Ein letztes Mal geht es nach getaner Arbeit ans Licht."
Der frühere Bergmann Andreas Fromm kann diesen "Schwarzen Tag von Altenberg" bis heute nicht vergessen. Gemeinsam mit seinem Vater und zwei Brüdern war er selbst bis 1990 jahrelang in den Berg eingefahren, seine ganze Familie fest verwurzelt in der Bergmannstradition. "Ja, das weiß ich noch ganz genau. Und ich habe dann halt mein Arbeitsgerät abgestellt, hab hinterher geschaut und hab genau gewusst, das sehe ich nie wieder."
Deutsche Lithium GmbH will Bergbau neu beleben
Von jetzt auf gleich fehlte der größte Arbeitgeber am Ort. Viele junge Männer sahen sich gezwungen, die Heimat zu verlassen und sich im Westen neue Arbeit zu suchen. Es sollte Jahre dauern, bis der Ort sich erholte und der Tourismus neue Chancen bot. Doch jetzt, 30 Jahre danach, herrscht wieder Aufbruchsstimmung in Altenberg. Der Grund: Die Deutsche Lithium GmbH, eine Ausgründung des seit 2017 insolventen Solar World-Konzerns, will den Bergbau neu beleben. Und zwar ausgerechnet mit dem Abbau von Lithium, dem Rohstoff, der für Akkus und Batterien unerlässlich ist und auch für Windräder gebraucht wird. Ein Stoff mit Zukunft, der gefragt ist wie nie – und deshalb auch - Begehrlichkeiten weckt.
Gemeinsam mit der Bergakademie Freiberg hat die Deutsche Lithium an historischer Stelle eine riesige Lagerstätte entdeckt. Geschäftsführer Armin Müller zeigt den alten Zinnwalder Bünau-Stollen: "Es ist ein Schatz, der jedoch erst gehoben werden muss und der natürlich beim Heben Kosten verursacht. Damit können Sie etwa 20 Millionen Fahrzeuge ausrüsten mit Batterien, Mittelklassefahrzeuge mit etwa 30 Kg Lithiumcarbonat pro Batterie Verbrauch. Und 20 Millionen Fahrzeuge, das ist schon eine Hausnummer."
Größtes Lithium-Vorkommen Europas
In dieser Zeche, beiderseits der deutsch-tschechischen Grenze, soll eines der größten Lithium-Vorkommen Europas liegen, das haben Geologen und Chemiker der Bergakademie Freiberg gemeinsam mit dem Minenunternehmen Deutsche Lithium bei ihren Untersuchungen ermittelt. Nochmals Armin Müller: "Die Lagerstätte ist schon seit vielen Jahrhunderten bekannt als Zinn – und Wolfram-Lagerstätte, auch in den 1920er-Jahren wurde dort schon Lithium in kleinen Mengen abgebaut, d.h. die Lagerstätte war bekannt und wurde seit 1917 bereits erkundet. Wir haben eine Nacherkundung durchgeführt in den letzten 10 Jahren, und in der Lagerstätte befinden sich aus unserer Sicht 125.000 Tonnen Lithium-Metall, das ergibt etwa 660.000 Tonnen Lithiumcarbonat."
Thomas Seifert, Geologe und Professor für Lagerstättenlehre an der renommierten Bergakademie war von Anfang an eingebunden in das Lithium-Forschungsprojekt: "Ja, ich war ganz nah dabei, weil dieses Projekt stammt ja zum Beispiel aus unserem Bereich, wir haben das Projekt initiiert, bevor Solar World da eingestiegen ist, hatten wir das Forschungsprojekt bearbeitet. Das ging also los im November 2009."
Großes Interesse der Autoindustrie
Der Rohstoff Lithium wird dringend benötigt. Vor allem für die Produktion von wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien, wie sie in Elektroautos verbaut werden. Abnehmer gibt es genügend - vorausgesetzt, der Preis stimmt. In Sachsen hat der Volkswagen-Konzern gerade sein Werk in Zwickau umgerüstet und baut Elektro-Autos. Demnächst will der amerikanische Elektroautobauer Tesla in Brandenburg eine neue Fabrik errichten. Auch dort dürfte es Interesse an Lithium aus dem Erzgebirge geben.
In einem Lager in unmittelbarer Nähe eines Bohrturms, mit dem im Auftrag der SolarWorld AG im sächsischen Zinnwald nach Lithium erkundet wird, liegen Bohrproben.
Lithium-Erkundung der SolarWorld AG im Erzgebirge im Jahr 2012 (dpa/ Arno Burgi)
Im weltweiten Vergleich wäre die geplante Zinnwalder Lithium-Produktion zwar nicht besonders groß, allerdings würde Deutschland etwas unabhängiger werden von den globalen Hauptlieferanten, Australien und Chile. Zumal es von dort immer wieder Nachrichten gibt, dass Umweltstandards nicht eingehalten werden und beispielsweise in Chile indigene Völker unter dem Lithiumabbau leiden.
"Gerade in Zinnwald ist es so, der Rohstoff wird ja untertägig abgebaut werden, umweltschonend, es wird auch oberflächennah nichts zu sehen sein, es wird dann verfüllt. Und es ist halt auch ein relativ umweltfreundlicher Abbau: Wir haben also nicht große Wassermengen die einem Trockengebiet, wie in Chile, entnommen werden, sondern für die Umweltbilanz aus meiner Sicht ist dieser Typ besser.
Rohstoff-Markt ist umkämpft
Deutschland ist ein rohstoffarmes Land – Unternehmen der produzierenden Industrie sind maßgeblich auf Importe angewiesen. Seltene Rohstoffe sind auf dem internationalen Markt hart umkämpft. Auch deshalb hat die Bundesregierung schon 2010 eine Rohstoffstrategie beschlossen, die im Januar dieses Jahres erneuert wurde. Ein wichtiger Akteur für diese Strategie ist die Deutsche Rohstoffagentur, kurz DERA. Sie soll Unternehmen helfen und unterstützen, an die benötigten Rohstoffe zu kommen. Volker Steinbach ist Abteilungsleiter Rohstoffe bei der DERA und Vizepräsident der BGR.
"Es ist für uns sehr wichtig nach vorne zu schauen, zu überlegen, welche Technologien sind für Deutschland relevant, welche Rohstoffe, und in welchen Mengen werden sie von deutschen Unternehmen jetzt und in den nächsten fünf oder zehn Jahren benötigt."
EU will unabängiger werden
Energiewende und Elektromobilität werden in Deutschland immer wichtiger – doch gerade dafür werden besondere Metalle gebraucht. Für die Solarenergie sind das Gallium, Indium und Germanium, für Generatoren von Windrädern vor allem Seltene Erden, und für die Batterien der Elektroautos neben Lithium auch Kobalt, Nickel und Graphit. Dieser Bedarf wird vermutlich viele Jahre bestehen oder sogar noch größer werden. Ein wichtiger Bestandteil der deutschen Rohstoffstrategie ist deshalb, dass die Bundesregierung für langfristige Lieferverträge Bürgschaften übernimmt – ähnlich den Hermesbürgschaften bei Exporten. Und in der EU will man künftig neue Minen fördern, um unabhängiger zu werden.
Allerdings ist die deutsche Industrie der fünftgrößte Verbraucher von metallischen Rohstoffen und damit auf Importe aus der ganzen Welt angewiesen. Diese zu sichern ist auch Aufgabe von Volker Steinbach.
"Rohstoffkompetenzzentren sind aufgebaut worden in Südafrika, in Kanada, Brasilien, Chile, in Westafrika soll ein weiteres Kompetenzzentrum aufgebaut werden und auch in Ostasien. Und diese Kompetenzzentren werden natürlich aufgebaut, um deutschen Unternehmen mit Unternehmen vor Ort die Möglichkeit zu geben, sehr frühzeitig in Kooperationen einzutreten, beziehungsweise sehr frühzeitig auch Informationen zu bekommen."
Ein steiniger Abhang, davor Wasserlachen auf einem breiten erdigen Weg. Im Hintergrund bewaldete Hügel.
Lithium-Krieg - Elektroautos und die Folgen
Für die Batterien von Elektroautos und Smartphones braucht man Lithium. Das Leichtmetall gibt es vor allem in Südamerika, aber auch in Portugal mit den europaweit größten Vorkommen. Doch dort gibt es heftigen Widerstand.
Umweltschützer fordern kosequentes Recycling
Bei den Seltenen Erden besteht eine hohe Abhängigkeit von China, Kobalt wird vor allem aus der Demokratischen Republik Kongo importiert. Ob und wie diese Abhängigkeiten verringert werden können, das sollen die Experten der DRA herausfinden. Ein neuer Aspekt der überarbeiteten Rohstoffstrategie ist zudem das Recycling. Je mehr kritische Metalle wiederverwertet werden, umso weniger muss man einführen. Für Michael Reckordt von der Umweltorganisation Power Shift in Berlin ist das aber immer noch viel zu wenig.
"Wenn man zum Beispiel konsequentes Recycling machen würde, eine Kreislaufnutzung von diesen Rohstoffen, wenn man versuchen würde, weniger von diesen Rohstoffen zu nutzen, eine Längerlebigkeit von Produkten, Maschinen et cetera garantieren würde, dann würde das auch den Fußabdruck und auch die Emissionen senken."
Gerade die Weiterverarbeitung der Erze verbraucht sehr viel Energie. Schätzungen zufolge entstehen dadurch etwa zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Die Regierung müsse viel mehr unternehmen, diese erheblich zu reduzieren, fordert Michael Reckordt. Auch Umweltverschmutzung und Menschrechtsverletzungen in den Minen anderer Länder werden seiner Ansicht nach zu wenig in der Strategie berücksichtigt.
"Die Bundesregierung hat vor allen Dingen da eine sehr industriepolitische Sicht, das Wirtschaftsministerium hat die Federführung. Als Zivilgesellschaft werden wir in diesem Prozess zwar immer wieder angehört, aber wir haben schon das Gefühl, dass das Schriftstück eher von der Industrie geschrieben wird. Beziehungsweise der Einfluss der Industrie wesentlich höher ist als der der Umwelt-, Menschenrechts- oder Entwicklungsorganisationen."
Um zu verdeutlichen, dass aus Sicht von Power Shift Handlungsbedarf besteht, hat Michael Reckordt seinen Laptop herausgeholt. Er zeigt einige Bilder, die in Südafrika aufgenommen wurden. "2012 haben dort Arbeiter einer Bergbaumine gestreikt für bessere Löhne und lebenswerte Bedingungen. Und unter Mithilfe der Sicherheitskräfte hat die südafrikanische Polizei an diesem Ort, den wir auf diesen Bildern sehen, 34 Arbeiter erschossen."
Unternehmen sollen mehr Verantwortung übernhemen
Das sei ein Beispiel dafür, dass Unternehmen dazu gezwungen werden müssten, ihre Verantwortung auch tatsächlich zu übernehmen. "Und ein Problem, dass die deutschen Unternehmen, die Rohstoffe beziehen, nicht verpflichtet sind, ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen, nicht zu gucken, was sind eigentlich menschrechtliche Herausforderungen. Als Power Shift fordern wir ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen auch haftbar macht bei Fehlverhalten."
Für Volker Steinbach von der Rohstoffagentur besteht dagegen kein Handlungsbedarf. Er verweist auf eine EU-Verordnung, die einige kritische Metalle betrifft. Werden diese eingeführt, dann dürfen sie nachgewiesenermaßen nicht aus Konfliktregionen stammen. Überprüft wird das vor allem bei den Hütten, in denen die Erze weiterverarbeitet werden. Ein Lieferkettengesetz dagegen würde jeden einzelnen Schritt vom Erz zum Metall und jeden weiteren Schritt der Weiterverarbeitung betreffen.
Abbau in Deutschland bringt Vorteile
"Aus unserer Sicht wäre das ein sehr großer organisatorischer und bürokratischer Aufwand. Wir halten derzeit diese EU-Verordnung für sehr wichtig, das ist ein wichtiger Meilenstein, und wenn man die Hütten sauber hat, dann ist im Prinzip die gesamte Lieferkette sauber."
Prof. Dr. Armin Müller, Direktor der SolarWorld Solicium GmbH (l.) und Dr. Rainer Sennewald, Geologe der GEOS Ingenieurgesellschaft mbH Freiberg bei der Begutachtung von Erzproben zur Analyse von Lithiumgehalt. 
Archivbild: Prof. Dr. Armin Müller, damals Direktor der SolarWorld Solicium GmbH (l.) und Dr. Rainer Sennewald, Geologe der GEOS Ingenieurgesellschaft mbH Freiberg bei der Begutachtung von Erzproben zur Analyse von Lithiumgehalt. (2012) (dpa/ Wolfgang Thieme )
Lithium in Deutschland abzubauen wäre also ein Vorteil – weil die Abbaubedingungen hierzulande besser zu kontrollieren sind und die Industrie zumindest zu einem kleinen Teil unabhängiger würde von Lieferungen aus dem Ausland. Das Unternehmen Deutsche Lithium GmbH hat für die nächsten 30 Jahre eine Abbaulizenz im Erzgebirge erhalten. 2021 könnte der Bergbau theoretisch beginnen, momentan wird das neue Bergwerk geplant: "Unser großer Vorteil bei diesem Projekt ist, dass die Lithium-Lagerstätte nicht in einer sehr entfernten Region, einer Wüste oder einem Hochland sich befindet, sondern, dass unsere Lagestätte sich im Herzen einer Industrieregion befindet, dicht bei potentiellen Kunden und dicht bei potentiellen Partnern, so dass wir Schritte in der Wertschöpfungskette auslassen können und direkt aus dem Mineral Endprodukte fertigen können, so dass wir auch zu deutlich niedrigeren Kosten diese Lithiumverbindungen produzieren können."
Sagt Geschäftsführer Armin Müller. Der Lithium-Abbau hat allerdings seinen Preis, und der wird entscheidend sein für die Perspektiven des Zinnwalder Projektes. Er wird im Wettbewerb stehen mit der weltweiten Konkurrenz. In Chile etwa wird die Tonne Lithiumcarbonat für etwa 2.000 bis 2.500 US-Dollar produziert. In Australien ist der Abbau etwa doppelt so teuer, weil der Rohstoff aus Felsgestein herausgeholt werden muss. Armin Müller rechnet mit ähnlichen Kosten für die Gewinnung des Lithiumcarbonats im Erzgebirge. Allerdings sieht er bei einem Marktpreis von zeitweilig bis zu 14.000 US-Dollar pro Tonne eine ausreichende Marge.
Lithium-Gewinnung durch umweltschonendes Verfahren
Fachleute bezweifeln jedoch, dass es bei diesem hohen Preis bleiben kann. Denn zum einen entwickele sich die Einführung der Elektroautos längst nicht so dynamisch wie angenommen, zum anderen werden gerade weltweit Fördermengen erhöht, die sich dann negativ auf den Marktpreis auswirken könnten. Doch Müller und die Deutsche Lithium haben noch einen Trumpf im Ärmel: Die TU in Freiberg hat ein effizientes und umweltschonendes Verfahren zur Gewinnung des begehrten Lithiumcarbonats entwickelt: "Ja, der Vorteil bei unserem Verfahren ist, dass der Zinnwaldit, neben Lithium und Kalium auch Eisen enthält - und der Quarz, das Nebengestein, kein Eisen enthält. Das heißt, was wir machen müssen ist: Dieses Erz müssen wir brechen und mahlen auf etwa einen Millimeter Stückchengröße, Korngröße, und dann kann man dieses gemahlene Produkt über einen Magnetschalter geben. Und der Zinnwaldit, der Lithiumglimmer, der Magnetische, der wird von diesem Magnetschalter dann abgetrennt, rausgenommen, und der Quarz läuft durch, und somit haben wir dann quasi beide Fraktionen getrennt."
In einem weiteren Schritt wird das gemahlene, ausgelöste Zinnwaldit mit Gips und Kalkstein vermischt, dann auf 1000 Grad erhitzt, bis es in kleine wasserlösliche, geröstete Kügelchen zerfällt. So lässt sich das Lithiumcarbonat später mithilfe von Wasser und Kohlensäure problem- und schadlos herauslösen. Am Ende präsentiert es sich als schneeweißes puderzuckerähnliches Produkt ohne Rückstände. In dieser handelsüblichen Form wird es zur Batterieherstellung eingesetzt. Allerdings gibt es bislang in Deutschland keine solche Produktion.
Naturschützer befürchten Wasserbelastung
Kritisch beobachtet wird das Lithium-Projekt im Erzgebirge von Naturschützern. Der Verein "Grüne Liga" sorgt sich nach den Worten seines Vorsitzenden Jens Weber etwa um das Grundwasser: "Wir haben uns diese Planungsunterlagen angesehen, und da geht zum Beispiel nicht draus hervor, wie sichergestellt werden soll, dass die Gewässer unterhalb des Bergwerks nicht belastet werden sollen. Zum Beispiel soll Braunkohleasche zum Einsatz kommen, Filterasche, ohne dass dann noch irgendeine Gewässerreinigungsstufe angesetzt wird."
Andere Kritiker befürchten, dass der neue Bergbau viel LKW-Verkehr anziehen und die engen Straßen der Region belasten wird. Altenbergs Bürgermeister, Thomas Kirsten von den Freien Wählern, versucht in einem MDR-Interview, diese Sorgen zu entkräften: "So wie es jetzt aussieht, kommt die Rampe unmittelbar an der Aufbereitung raus - d.h. dort, wo das Lithium dann erst noch mal zerkleinert wird, so dass also auch kurze Wege sind, das heißt, Emissionen treten nicht auf, von dort kann man das wunderbar abfahren in Richtung Dresden, also alles in allem, ich bin wirklich ganz im Glück!"
Bis zu 250 neue Arbeitsplätze sollen entstehen
Diese Aussage stammt aus dem vergangenen Jahr. Ob die Euphorie des Altenberger Stadtoberhauptes anhält, lässt sich nicht verifizieren. Ein eigens verabredetes Interview für diese Deutschlandfunk-Recherche wurde kurzfristig ohne Angabe von Gründen abgesagt. Um den Lithium-Schatz im Erzgebirge zu heben, aufzubereiten und mit Hilfe eines neuen Chemiewerkes verarbeiten zu können, benötige man ein Investitionskapital von rund 160 Millionen Euro, rechnet Armin Müller vom Minenunternehmen Deutsche Lithium vor.
"Und dann natürlich für den Betrieb der Firmen und des Bergwerks laufende entsprechende finanzielle Mittel. Wir gehen davon aus, dass im Gesamtprojekt ca. 200 bis 250 Arbeitsplätze entstehen, das heißt etwa 80 Arbeitsplätze im Bergbau und die übrigen Arbeitsplätze in der Aufbereitung und der Chemiefabrik."
Investment ist nicht gesichert
Doch das Investment ist noch nicht gesichert. Es wird aktuell gefährdet durch schwierige Eigentumsverhältnisse in der Firma. 50 Prozent des Unternehmens gehören dem international operierenden britischen Bergbauunternehmen Bacanora Minerals. Der andere Gesellschafter zu gleichen Teilen ist die seit 2017 insolvente Solar World AG. Der Versuch des Insolvenzverwalters, diese Anteile gleichfalls an Bacanora zu veräußern, ist jüngst gescheitert, nun wird nach einem neuen Investor gesucht.
Müller bleibt trotzdem zuversichtlich, dass das Projekt ungeachtet der schwierigen Gesellschafterverhältnisse vorangetrieben werden kann: "Wir werden einen großen Bedarf an Lithium sehen, in den nächsten 5, 10, 15 Jahren. Und der zweite Aspekt warum wir davon ausgehen, dass wir ein erfolgreiches Projekt am Ende sehen werden, ist, dass unsere Lagerstätte in einer entwickelten Industrieregion ist, die wiederum auf das Pferd "Elektromobilität" setzt: VW Zwickau, oder Tesla Grünheide. Lithium-Lagerstätten in Europa sind limitiert, und deshalb wird man früher oder später aus meiner Sicht eher früher, unsere Lagerstätte nutzen wollen."
Passend zu diesem Optimismus meldete die Sächsische Zeitung vor wenigen Tagen, die beiden Eigentümer der Deutsche Lithium hätten sich verständigt, parallel zur fortgesetzten Investorensuche das Lithium-Projekt in Zinnwald voranzutreiben.