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Lokführergewerkschaft
Warten auf den Streiktermin

Die Lokführergewerkschaft GDL nimmt ihr gesetzlich garantiertes Streikrecht wahr, sagt ihr Chef Claus Weselsky. Wann sie das das nächste Mal tun will, lässt sie aber noch offen. Mit ihrer harten Haltung gegenüber der Deutschen Bahn trägt sie dazu bei, dass sich das Gewerkschaftslager entzweit.

Von Dieter Nürnberger | 04.11.2014
    Ein Mann sitzt am 18.10.2014 in München (Bayern) am Hauptbahnhof an einen Bahnsteig auf seinem Koffer.
    Die Lokführer denken über einen neuen Streik nach. (picture-alliance / dpa / Tobias Hase)
    Noch immer hat die GDL keinen konkreten Streiktermin benannt, doch an der Bereitschaft den Arbeitskampf fortzuführen, lässt GDL-Bundesvorsitzender Claus Weselsky auch heute keinen Zweifel aufkommen. Am Wochenende habe die Bahn zwar ein neues Angebot vorgelegt, den diesjährigen Tarifkonflikt zu entschärfen, doch gehe sie weiterhin nicht ausreichend auf die Hauptforderung der Gewerkschaft ein, auch für andere Berufsgruppen innerhalb des Bahnkonzerns zu verhandeln. Die GDL fordert nicht nur einen tarifpolitischen Vertretungsanspruch für Lokführer, sondern auch für andere Berufsgruppen, wie beispielsweise das Zugpersonal. GDL-Chef Claus Weselsky am Morgen im Deutschlandfunk:
    "Vielleicht erinnern wir uns mal, dass es eine Rechtsprechung und auch ein Grundgesetz gibt, und die Frage nach einer Tarifeinheit, so, wie sie die Bahn aufwirft, ist unzulässig. Und zwar deshalb, weil die Bahn behauptet, dies sei ihr nicht zumutbar. In anderen Bahnverkehrsunternehmen gibt es aber schon tarifpluralistische Strukturen, und sie haben auch entsprechende Tarifverträge."
    Die harte Haltung der GDL entzweit nun allerdings immer mehr das Gewerkschaftslager. Dass sich die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, die beim Bahnkonzern in direkter Konkurrenz zur GDL steht, kritisch äußert, ist nicht überraschend - die EVG hatte bisher als mitgliederstärkere Gewerkschaft die Interessen beispielsweise des Bordpersonals vertreten. Doch auch der Deutsche Gewerkschaftsbund geht nun immer deutlicher auf Distanz. DGB-Chef Reiner Hoffmann zeigte sich im ARD-Morgenmagazin entsetzt über den Kurs der GDL:
    "Hier ist die EVG eindeutig die Mehrheitsgewerkschaft. Deshalb sagen wir, bei den Lokführern soll die GDL verhandeln, bei allem übrigen Bahnpersonal bleibt es dabei, da ist die EVG zuständig. Wir setzen uns dafür ein, gemeinsam im Rahmen einer Tarifgemeinschaft zu vernünftigen Lösungen zu kommen. Das hat Herr Weselsky leider und zu meinem Entsetzen abgelehnt."
    "Kann keine Gewerkschaft akzeptieren"
    Auf der anderen Seite kommt jedoch Unterstützung für die GDL vom Deutschen Beamtenbund, dem auch die Lokführergewerkschaft angehört. Vorsitzender Klaus Dauderstädt äußerte sich im rbb-inforadio, er sieht gute Gründe, warum das Bahnangebot vom Wochenende abgelehnt wurde:
    "In dieser präsentierten Bahnvorgabe ist eine Unterwerfungsklausel enthalten: Wenn die Bahn sich mit der Konkurrenz-Gewerkschaft einigt, dann hätte die GDL nur noch die Möglichkeit, ja oder nein zu sagen. Sagt sie nein, dann schließt die Bahn den Tarifvertrag mit der Konkurrenz ab. Und nach dieser Vereinbarung soll danach die GDL in einer Friedenspflicht sein, soll heißen, auch nicht mehr streiken dürfen. So eine Unterjochungsklausel kann keine Gewerkschaft akzeptieren."
    Dauderstädt sieht auch den geplanten Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einer Tarifeinheit kritisch. Es könne nicht sein, so der DBB-Chef, dass der Gesetzgeber künftig entscheide, ob eine Gewerkschaft für ihre Mitglieder Tarifverhandlungen verhandeln führen dürfe oder nicht.
    Die GDL-Strategie sorgt somit für einen Riss im Lager der Arbeitnehmervertretungen. Apelle für ein Mehr an gewerkschaftlichem Miteinander verhallen. Und GDL-Chef Claus Weselsky strotzt nur so voller Selbstbewusstsein:
    "Wir sind die einzige Gewerkschaft, die offensichtlich den Mumm und auch den Arsch in der Hose hat, zu sagen, was Sache ist. Und auch bereit ist, dafür zu streiken."
    Bisher also kein Licht am Ende des Tunnels. Die Tarifverhandlungen treten auf der Stelle. Und die Bahnkunden und Reisenden warten weiterhin auf eine konkrete Ankündigung, wann und wie lange der nächste Streik denn dauern könnte.