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Lufthansa muss auf Chefsuche gehen

Lufthansa-Chef Christoph Franz verlässt das Konzern-Cockpit: Der Manager wechselt auf halber Strecke des von ihm vorangetriebenen Sparkurses zum Schweizer Pharmariesen Roche. Für die Kranich-Linie kommt der Abgang zu einem ungünstigen Zeitpunkt.

Von Brigitte Scholtes | 16.09.2013
    Sein Wechsel zum Schweizer Pharmakonzern Roche wird die grundsätzliche Ausrichtung der Lufthansa nicht verändern. Das versicherte Lufthansa-Chef Christoph Franz heute Nachmittag auf einer Telefonkonferenz:

    "Zu glauben, dass es hier jetzt neben anderen Namen und Gesichtern eine völlig andere Richtung oder so ergeben wird, das ist eine Erwartungshaltung, die wird mit hoher Wahrscheinlichkeit jetzt hier bei Lufthansa enttäuscht. Sie wissen, wir haben eine Tradition, dass wir hier diese Übergänge 'smooth' gestalten."

    Für die Suche nach seinem Nachfolger bleibe genügend Zeit, meinte Franz. Das sei Sache des Aufsichtsrats, der einen professionellen Prozess mit internen und externen Bewerbern starten werde. Der scheidende Vorstandschef von Europas größter Fluggesellschaft will seinen Vertrag bis zu dessen Ablauf Ende Mai nächsten Jahres erfüllen. Erst heute Morgen habe er sich entschieden, das Angebot anzunehmen, im kommenden Jahr Präsident des Verwaltungsrats des Schweizer Pharmakonzerns zu werden, sagte Franz. Und diese Entscheidung überraschte fast alle, auch Kenner des Unternehmens wie Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler:

    "Das kam jetzt ein bisschen aus heiterem Himmel. Aber ich denke, es geht da schlicht für ihn persönlich um eine bessere Alternative, weil Roche-Verwaltungsratschef zu werden, ist einfach ungleich lukrativer und attraktiver."

    Dass das Angebot lukrativ sei, das deutete Franz an: Immerhin könnte er als Präsident des Roche-Verwaltungsrats deutlich mehr verdienen. Zur Zeit bezieht er ein Jahresgehalt von 2,1 Millionen Euro. Franz nannte aber vor allem die hervorragende berufliche Perspektive als auch familiäre Gründe – seine Frau und seine fünf Kinder leben in Zürich.

    Dass er nun die Lufthansa mitten im Sanierungsprogramm Score verlässt, werde dessen Erfolg nicht gefährden, glaubt Franz. Mit seinem harten Durchgreifen hat er sich bei den Mitarbeitern nicht immer beliebt gemacht. "Eine gute Nachricht" sei der Weggang von Franz, kommentierte etwa Nicoley Baublies, Vorsitzender der Flugbegleitergewerkschaft UFO, der mit der Lufthansa im vergangenen Jahr harte Tarifverhandlungen geführt hatte. In einem Veränderungsprozess gebe es nicht immer nur leichte Entscheidungen zu fällen, sagte Franz heute:

    "Dass davon die ein oder andere eben auch schmerzhaft ist, das will ich nicht verhehlen. Dass man vielleicht auch in der Frage der Kommunikation nicht immer zu jedem Zeitpunkt vielleicht auch optimal kommuniziert hat, das muss man akzeptieren. Ich glaube, ein derartiger Prozess lässt sich nicht mit gewissen Unebenheiten nach vorne steuern."

    Sein Nachfolger dürfte wahrscheinlich aus dem Unternehmen kommen. Im Gespräch ist etwa Carsten Spohr, der Vorstand des Passagier-Geschäfts.


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