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Warten auf den Befreiungsschlag

Auch im erfahrungsgemäß besseren zweiten Quartal läuft des bei der Fluggesellschaft Air Berlin nicht rund. Die Verluste sind zwar kleiner als erwartet, aber Gewinn ist noch immer nicht in Sicht. Das Unternehmen ist überschuldet, neues Eigenkapital ist schwierig zu bekommen.

Von Brigitte Scholtes | 15.08.2013
    Die Verluste fielen geringer aus als erwartet, aber ein Gewinn ist immer noch nicht in Sicht. Air Berlin hat seine Anleger wieder einmal enttäuscht mit einem Nettoverlust von 38 Millionen Euro. Der lag zwar um zwei Drittel unter dem des Vorjahres. Aber ob im Gesamtjahr wie erwartet zumindest operativ eine schwarze Null erzielt wird, das ist noch fraglich, meint Jürgen Pieper, Analyst des Bankhauses Metzler:

    "Es ist ein bisschen besser im zweiten Quartal. Es reicht eben nicht aus, um die Situation in der sich Air Berlin jetzt befindet, als Befreiungsschlag zu sehen, zumal die Anzeichen jetzt für die Sommermonate nicht so besonders toll sind."

    Brisant wird die Lage der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft nun, weil Eigenkapital fehlt. Vorstandschef Wolfgang Prock-Schauer setzt zwar noch darauf, dass das "Turbine" genannte Sanierungsprogramm greift und hofft auf eine Besserung im zweiten Halbjahr. Dem Unternehmen fehlen 116 Millionen Euro, es ist also überschuldet. Und der Großaktionär, die arabische Etihad Airways, kann auch nicht schnell helfen, erklärt Analyst Pieper:

    "Eigenkapital zuzuführen würde bedeuten, dass sie ein Übernahmeangebot machen müssen, weil sie schon bei knapp 30 Prozent liegen. Wenn sie da jetzt ein Prozent höher gingen, würden sie automatisch ein Übernahmeangebot machen müssen. Jetzt führt für mich eigentlich der Weg ganz klar in Richtung einer Kapitalerhöhung – insgesamt, d.h. daran würde Etihad partizipieren, genauso wie andere Aktionäre auch. Das ist aber nicht ideal bei einem Kurs von knapp über zwei Euro. Das heißt, man müsste sehr viele neue Aktien ausgeben, um überhaupt einen Betrag ins Haus zu bekommen, der signifikant wäre."

    Air Berlin leidet noch unter der zu schnellen Expansion des vergangenen Jahrzehnts. Deshalb ist es dem steigenden Druck der asiatischen Fluggesellschaften am Markt, die nach Europa drängen, noch stärker ausgesetzt als seine Wettbewerber. Kosten sparen ist deshalb oberstes Gebot auch bei Lufthansa & Co. Aber dennoch spart man nicht unbedingt am Fluggerät: So hat die IAG-Gruppe, zu der British Airways, Iberia und Vueling gehören, bei Airbus bis zu 220 Flugzeuge des Typs A320 bestellt, davon 62 schon fest – Listenpreis: 5,4 Milliarden Euro. Denn die Gesellschaften wissen, dass sie mit neuen Flugzeugen Treibstoff sparen - und gleichzeitig den Kunden die neueste Technik und Komfort bieten müssen, wollen sie im Wettbewerb nicht noch weiter zurückfallen. Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler:

    "Die Europäer tun glaube ich gut daran, dass sie selbst versuchen, sich ein bisschen aus dem Wege zu gehen. Man sieht das in Deutschland, dass Lufthansa und Air Berlin eben definitv heute versuchen, nicht mehr direkt sich Kunden abzunehmen. Der eine baut Berlin und Düsseldorf aus, der andere baut Frankfurt, München und andere Städte aus. Im Moment hilft natürlich überhaupt nicht die europäische Konjunktur, nur sind die jüngsten Anzeichen hier auch ja ein bisschen hoffnungsvoller. Und das könnte 2014 sogar die positive Überraschung sein, dass sich in Europa das Marktumfeld verbessert."

    Noch aber ist das Marktumfeld eben schwierig. Und ob alle das nötige Durchhaltevermögen mitbringen, wird sich zeigen.