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Lux-Leaks
Juncker verteidigt Steuerpraxis von Luxemburg

Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich erstmals zu den Vorwürfen der Steuervermeidung in Luxemburg geäußert. Alles, was in Sachen Unternehmensbesteuerung in Luxemburg zu seinen Regierungszeiten geschah, sei in völligem Einklang gewesen mit nationalem, europäischem und internationalem Recht.

Von Annette Riedel | 13.11.2014
    Jean-Claude Juncker
    Dass es eine Woche lang scheinen konnte, als würde er sich wegducken, das räumt Juncker als Fehler ein. (dpa/EPA/Olivier Hoslet)
    Der Auftritt von Jean-Claude Juncker vor der Brüsseler Presse am Mittag kam überraschend. Dass er sich eher zu spät als zu früh den Fragen der Öffentlichkeit zu den Erkenntnissen aus Luxemburg-Leaks stellte, dass es eine Woche lang scheinen konnte, als würde er sich wegducken, das räumt Juncker als Fehler ein.
    "Das war ohne jeden Zweifel ein Fehler. Aber die schlimmsten Fehler passieren nie in böser Absicht."
    Zu verbergen habe er nichts, so Juncker. Alles, was in Sachen Unternehmensbesteuerung in Luxemburg zu seinen Regierungszeiten geschah, sei in völligem Einklang gewesen mit nationalem, europäischem und internationalem Recht. Allerdings:
    "Richtig ist, dass die Kombination verschiedener, teilweise uneinheitlicher Regeln dazu geführt haben kann, dass es in der Konsequenz zu einer Besteuerung kommen konnte, die nicht den Regeln von Steuergerechtigkeit und Ethik entsprechen."
    Er bedauere, so Juncker, falls das in vereinzelten Fällen zur Nichtbesteuerung von Unternehmen geführt haben sollte. Die Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerflucht war, ist und bleibt ganz oben auf seiner Agenda - auch und gerade als EU-Kommissionspräsident.
    "Ergebnis von uneinheitlichen Steuergesetzen"
    "Es weist nichts in meiner Vergangenheit darauf hin, dass ich in der EU Steuervermeidung organisieren will. Sie ist vielmehr das Ergebnis von uneinheitlichen Steuergesetzen. Wenn die EU-Kommission sich für den automatischen Informationsaustausch-Austausch engagiert, werden hoffentlich alle 28 EU-Länder das genauso ambitioniert unterstützen."
    Dieser automatische Informationsaustausch zwischen den EU-Ländern über die jeweilige Unternehmensbesteuerung ist eine der Maßnahmen, die voranzutreiben die EU-Kommission heute einstimmig beschlossen hat. Genauso wie eine Richtlinie über eine EU-weite gemeinsame Basis zur Berechnung von Unternehmenssteuern. Sollten diese Vorhaben in der EU Gesetz werden können, müssen allerdings auch alle EU-Länder dem ausnahmslos zustimmen.
    Den Verdacht, dass er, Juncker, als Kommissionspräsident Einfluss nehmen könnte, auf laufende Befragungen Luxemburgs und drei anderer EU-Länder wegen möglicher unerlaubter Staatshilfen für Unternehmen durch regelwidrig geringe Besteuerung - diesen Verdacht wies Juncker als unbegründet zurück. Einen Interessenkonflikt könne es nicht geben, weil es keinen Interessenkonflikt geben könne. Denn:
    "Das ist eine Regel in der Kommission - immer schon, dass die Kommissare, die aus einem bestimmten Land kommen, sich nicht zu Wort melden, wenn es um Angelegenheiten geht, die das Land, aus dem sie kommen, betreffen."
    Juncker im Europäischen Parlament
    Am Nachmittag stellte sich der EU-Kommissionspräsident auch den Abgeordneten im Europäischen Parlament, wie diese es gefordert hatten. Er erntete dabei Kritik, Buhrufe und Unterstützung, wie vom Vorsitzenden der Volksparteien, Manfred Weber:
    "Ich möchte es für meine gesamte Fraktion sagen: Wir trauen Jean-Claude Juncker zu, dass er die Themen, die auf dem Tisch liegen, für die Bürger in Europa lösen und anpacken wird."
    Jean-Claude Juncker dürfte mit seinem heutigen offensiven Auftritt vor der Presse und vor dem EU-Parlament mancher Kritik in Brüssel den Wind aus den Segeln genommen haben. Bei Weitem aber nicht vollständig. Die Linke will weiter daran arbeiten, die nötigen zehn Prozent aller Abgeordneten im EU-Parlament für einen Antrag zu gewinnen, um ein Misstrauensvotum gegen die Juncker-Kommission abzuhalten. Die Grünen halten die von Juncker angerissenen Kommissions-Pläne für größere Transparenz und eine gemeinsame Bemessungsgrundlage bei der Unternehmensbesteuerung in der EU für nicht ambitioniert genug, fordern Mindeststeuersätze. Die Liberalen drängen vor allem auf einen schnellen Abschluss der Untersuchungen in Luxemburg - und am besten in allen EU-Ländern. Guy Verhofstadt:
    "Es hängt ein Schatten über der EU-Kommission. Und deshalb müssen die Untersuchungen beschleunigt werden."