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Medien in Frankreich
Traditionell parteiisch

Frankreich schickt mit großer Selbstverständlichkeit Soldaten zu Einsätzen ins Ausland, besonders nach Afrika. In der Berichterstattung sind die Medien parteiischer als etwa im angelsächsischen Raum. Das Radio genießt besonderes Vertrauen.

Von Ursula Welter | 12.02.2014
    Ein Konvoi der französischen Armee steht auf einer Straße in der Zentralafrikanischen Republik. Die Soldaten tragen Waffen.
    Französische Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik: Die Medien berichten intensiv. (picture alliance / dpa / Philippe De Poulpiquet)
    "Warum immer Frankreich?" Eine rhetorische Frage des Staatspräsidenten vor dem diplomatischen Korps. "Mali, Zentralafrika, andere Schauplätze." Warum Frankreich an vorderster Front? "Weil keine andere Armee die Kapazität hätte, in diesem Teil der Welt, in Afrika, für Frieden zu sorgen, Menschenleben zu retten", gibt Francois Hollande die Antwort, die auch vom Selbstverständnis einer Nation handelt. "Frankreich ist Frankreich", unterstreicht der Präsident.
    Operation "Serval" in Mali, Operation "Sangaris" in Zentralafrika, der sozialistische Präsident musste in seiner Amtszeit bereits zweimal Befehl zu Militäreinsätzen in Afrika geben. Er kann dies tun, ohne das Parlament zu fragen - die französischen Medien wiesen in den vergangenen Tagen mehrfach auf diesen Unterschied zur deutschen Außenpolitik hin. Bundestag und Assemblée Nationale sind in verschiedenen Rollen. Das Parlament wird in Frankreich erst im Nachhinein und auch nur dann mit einem Militär-Einsatz befasst, wenn dieser länger als drei Monate dauert. Am 26. Februar steht deshalb "Zentralafrika" auf der Agenda.
    Dass die französischen Soldaten dort länger als geplant bleiben müssen, sagte der Verteidigungsminister vor wenigen Tagen nicht etwa den Abgeordneten im Halbrund des Parlaments. Jean-Yves Le Drian gab vielmehr im Radio bekannt, es sei "wahrscheinlich", dass das UNO-Mandat von sechs Monaten verlängert werde.
    Der Minister wählte für seine Botschaft, nicht zufällig das Radio aus. Jean-Marie Charon ist Medienwissenschaftler: "Wenn es eine französische Besonderheit in Europa gibt, dann ist es die Rolle des Radios als Informationsmedium, zumal die Morgensendungen. Es gibt verschiedene Untersuchungen, die sich mit dem Vertrauen in die Medien befassen und da liegt das Radio stets an der Spitze."
    Als der Kriegseinsatz in Mali befohlen war, die Parteien nahezu aller Couleur - wie meist in Sicherheitsfragen - hinter dem Einsatzbefehl standen, fanden Frankreichs Medien rasch in ihre Rolle: Die Fernsehsender, Zeitungen wie "Libération" und "Le Monde", aber auch das konservative Blatt "Le Figaro" entsandten ihre Reporter, die Berichterstattung über die Lage im Einsatzgebiet nahm sogleich breiten Raum ein: Mehrseitige Titelgeschichten, Hintergrundberichte, Analysen, Reportagen über Land und Leute.
    Die Zeitungen mischen sich ein
    Radio France, das traditionell ebenfalls zahlreiche Berichterstatter in die Krisenregionen schickt, griff die Frage auf: "Wie arbeiten Journalisten in Kriegszeiten?". Die Organisation Reporter ohne Grenzen hatte gerade "Zugang zu Informationen" gefordert und erklärt, die französischen und malischen Behörden behinderten die Berichterstattung.
    Traditionell ist die französische Presse parteiischer als die angelsächsisch geprägten Medien. Die Zeitungen mischen sich ein, sie berichten und kommentieren nicht nur, sie setzen Themen, befördern politische Prozesse.
    Kein Zufall war, dass die Reporter von "Le Monde" im Syrien-Konflikt Proben als Hinweis auf den Einsatz chemischer Waffen lieferten - Rückendeckung für Frankreichs Außenminister, der im Sicherheitsrat gerade um ein Mandat für eine Intervention rang.
    Einmal wöchentlich werden die Journalisten im Pressezentrum des Verteidigungsministeriums in Paris mit gefilterten Informationen versorgt, aber naturgemäß verbreitet das Ministerium auch heute nur die Botschaften, die genehm sind.
    Die eigentliche Recherche findet andernorts statt. Dafür sorgen die zahlreichen Reporter, die ausgesandt und von denen manche Opfer der Konflikte werden. So musste der französische Rundfunk zuletzt den Tod zweier Kollegen in Mali verkraften. Und immer wieder geraten französische Journalisten in den Krisenregionen in Geiselhaft.
    Zum Selbstverständnis einer Nation, deren Soldaten in zahlreichen Regionen im Kampfeinsatz sind, gehört auch, dass die traditionellen Trauerfeiern für gefallene Soldaten live aus dem Ehrenhof des Invalidendoms in Paris im Fernsehen übertragen werden. Das Bild vom einsamen Präsidenten vor den Särgen kennt in Frankreich jedermann.
    Aber nicht jedermann sieht Frankreich gerne in der permanenten Feuerwehrrolle. Der Mali-Einsatz fand noch eine deutliche Mehrheit in der Bevölkerung, in Zentralafrika war das schon weniger eindeutig und die Pläne für eine Militär-Intervention in Syrien wirkten gar nicht überzeugend auf die Mehrheit der Franzosen.