Donnerstag, 25. April 2024

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Konzentration von Medieneigentum
Wem gehört die Presse?

Wenn die Vierte Gewalt in der Hand von wenigen liegt, stellt das ein Risiko für die Unabhängigkeit und die Meinungsvielfalt dar. Häufig sind Übernahmen und Investitionen von Milliardären für die Nachrichtenmedien jedoch die einzige Möglichkeit zu überleben.

Text: Pia Behme | Annika Joeres im Gespräch mit Michael Borgers | 30.01.2023
Rupert Murdoch steht am Mikrofon, hinter ihm eine US-amerikanische Flagge.
Der Milliardär Rupert Murdoch besitzt ein einflussreiches Medienimperium. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Mary Altaffer)
Amazon-Gründer Jeff Bezos ist Besitzer der “Washington Post”. Zum Medienimperium von Rupert Murdoch gehören Zeitungen und Sender in Großbritannien, Australien und den USA. Der drittreichste Mann der Welt, Gautam Adani, hat kürzlich den indischen Fernsehsender NDTV gekauft. Die Liste der Milliardäre, die Medienunternehmen übernehmen oder in sie investieren, ist lang. Die Twitter-Übernahme durch Elon Musk gehört ebenfalls dazu, auch wenn es sich hierbei nicht um ein klassisches Nachrichtenmedium handelt.

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Starke Marktkonzentration in Frankreich

In Frankreich besitzen neun Milliardäre 90 Prozent der überregionalen Tagespresse, so das Onlinemagazin “Basta”. Aber auch die reichweitenstärksten Fernsehsender und Radioprogramme sind in den Händen von Supervermögenden, sagt Annika Joeres. Die Journalistin hat den französischen Medienmarkt analysiert.
Derzeit gibt es verstärkt Kritik an dieser Marktkonzentration, insbesondere von der links-grünen Oppositionen und mehreren Nichtregierungsorganisationen. Auslöser ist die Berichterstattung über die umstrittene Rentenreform in Frankreich. “Da ist jetzt die Kritik, dass sie [Medien] nicht im Sinne der allgemeinen Stimmung sprechen und das divers wiedergeben, sondern ein bisschen dem Großkapital nachfolgen”, so Joeres.

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Einfluss auf die Inhalte

Inwiefern Superreiche tatsächlich Einfluss auf die Berichterstattung ausüben, ist schwer zu sagen, meint Joeres. "Bolloré ist sicherlich das grellste Beispiel von politischem Einfluss." Dem Unternehmer Vincent Bolloré gehört unter anderem der Fernsehsender CNews.
"Er hat den Rechtsextremen Éric Zemmour, also wirklich jemanden, der schon mehrfach wegen Anstiftung zum Rassenhass und Rassismus verurteilt wurde, dem hat er täglich große Reichweite verschafft, weil er ständig Auftritte hatte und mitreden durfte in Talkshowsendungen."
Neben einer womöglichen Einflussnahme, sieht Dan Kennedy von der Northeastern University in Boston noch einen weiteren Grund für das Interesse von Milliardären an Medienunternehmen: "Ich würde sagen, es ist eine Kombination aus Ego und dem echten Glauben, dass sie Gutes tun können", sagte er der BBC. "Sie neigen dazu zu glauben, dass das, was diesen Nachrichtenorganisationen gefehlt hat, ihr finanzieller Scharfsinn ist, und wenn sie nur die Eigentümer wären, würden sie wieder gut abschneiden."
Jeff Bezos äußerte sich 2018 entsprechend in einem Interview mit CNBC. "Ich weiß, wenn ich 90 bin, wird es eines der Dinge sein, auf die ich am meisten stolz bin, dass ich die Washington Post übernommen und ihr durch einen sehr harten Wandel geholfen habe.”
Auch in anderen europäischen Ländern konzentrieren sich die Medienmärkte weiter. Gleichzeitig steigt die Marktmacht einiger weniger Digitalplattformen. Das zeigt der Media Pluralism Monitor 2022
Das Forschungsteam sieht ein hohes Risiko für weniger Marktpluralität in der EU. Der Hauptfaktor dafür war der Rückgang der Werbeeinnahmen für Nachrichtenmedien, etwa durch die Coronakrise. Dazu kommt die Dominanz der digitalen Plattformen auf dem Online-Werbemarkt. Deutschland weist als einziges Land ein niedriges Risiko auf.